Fillory - Die Zauberer
sicherzugehen, dass die ganze Tischgesellschaft zuhörte. Was für ein blöder Arsch! »Man kann es nicht anders betrachten. Wir müssen uns das so vorstellen: Er ist wie jemand, der ein Haus gebaut hat und dann weggegangen ist.« Er schlug mit einer Hand auf die Tischkante, um den Triumph der Vernunft zu feiern. »Und als er ging, hat er seine Werkzeuge in der Garage liegen gelassen. Wir haben sie gefunden und probieren jetzt aus, wie sie funktionierten. Wir lernen, sie zu benutzen. Und das ist Magie.«
»Daran ist so vieles verkehrt, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll«, hörte sich Quentin sagen.
»Ach? Schieß los.«
Quentin stellte die Speisen ab, die er trug. Noch hatte er keine Ahnung, was er sagen würde, aber es machte ihm Spaß, Richard vor allen anderen zu widersprechen.
»Hm, also, erstens stimmen die Maßstäbe hinten und vorne nicht. Keiner hier baut Universen. Wir bauen nicht mal Galaxien, Sonnensysteme oder Planeten. Man braucht Kräne und Bulldozer, um ein Haus zu bauen. Wenn es aber einen ›Schöpfer‹ gibt, wofür ich allerdings keinerlei Beweis sehe, hat er all das gehabt. Was wir haben, ist irdisches Handwerkszeug. Black & Decker. Ich verstehe nicht, wie du daraus auf das schließen kannst, was du eben gesagt hast.«
»Wenn es wirklich eine Frage des Maßstabs ist«, antwortete Richard, »gibt es auch dafür sicher eine Antwort. Vielleicht ist es bei uns so,« – er suchte in seinem Weinglas nach der passenden Metapher – »dass wir unsere Werkzeuge nicht in den richtigen Stecker stecken. Vielleicht gibt es einen viel größeren Stecker …«
»Wenn du über Elektrizität redest«, warf Alice ein, »musst du uns erklären, wo die Energie herkommt.«
Das hätte mir einfallen sollen, dachte Quentin. Alice liebte rhetorische Diskussionen ebenso wie Richard, nur war sie viel besser darin.
»Bei jedem Hitzezauber zieht man unübersehbar Energie von einer Stelle ab und transferiert sie zu einer anderen. Wenn das Universum von jemandem erschaffen wurde, muss derjenige irgendwie Energie erschaffen haben, denn er wird sie wohl nicht irgendwo hergeholt haben.«
»Na schön, aber wenn …«
»Außerdem fühlt sich Magie einfach nicht wie ein Werkzeug an«, fuhr Alice fort. »Könnt ihr euch vorstellen, wie langweilig es wäre, wenn zaubern so ähnlich wäre, als würde man einen elektrischen Bohrer anwerfen? Aber das ist es nicht. Es ist ungeordnet und wunderschön. Es ist kein Artefakt, es ist etwas anderes, etwas Organisches. Es fühlt sich wie etwas Gewachsenes an, nicht wie etwas Erschaffenes.«
Sie sah phantastisch aus in ihrem seidigen schwarzen Futteralkleid, von dem sie wusste, dass er es mochte. Wo war sie den ganzen Abend gewesen? Er vergaß viel zu oft, was für ein Schatz sie war.
»Ich wette, es ist Alien-Technik«, sagte Josh. »Oder vierdimensional, wie Wetter oder so. Aus einer Richtung, die wir nicht mal sehen können. Oder wir befinden uns in einem wahnsinnigen High-Tech-Videospiel.« Er schnippte mit den Fingern. »Also deswegen trampelt Eliot immer auf mir rum!«
»Nicht unbedingt«, fiel Richard schließlich wieder ein. Er verdaute immer noch Alice’ Argument. »Magie ist nicht unbedingt ungeordnet. Ich würde vielmehr behaupten, dass sie einer höheren Ordnung unterworfen ist, einer höheren Macht, die wir noch nicht sehen durften.«
»Ja, genau, das ist die Antwort!« Eliot war sichtlich betrunken. »Das ist die Antwort auf alles. Gott bewahre uns vor den christlichen Magiern! Du hörst dich genauso an wie meine Eltern. Ja, das ist genau das, was meine ignoranten christlichen Eltern sagen würden. Wenn etwas nicht in die Theorie hineinpasst, dann, na ja, dann passt es immer doch irgendwie, denn Gott ist so geheimnisvoll, dass wir die Lösung einfach nicht erkennen können. Weil wir solche Sünder sind. Das ist ja so verdammt einfach !«
Er fischte mit einer langen Serviergabel in Janets Tafelaufsatz herum. Leda und der Schwan waren jetzt nicht mehr voneinander zu unterscheiden, zwei rundliche Brancusi-Figuren, die immer noch munter weiterbumsten, während eine Flut von Schmelzwasser hochschwappte und sie zu ertränken drohte.
»Wisst ihr was? Wir sollten uns die Meta -Physiker nennen«, schlug Josh vor.
»Wer soll denn überhaupt dieser verdammte ›Schöpfer‹ sein, von dem du dauernd redest?«, höhnte Eliot. Er geriet sichtlich außer sich und hörte gar nicht mehr zu. »Meinst du Gott? Denn wenn du Gott meinst, dann sag doch einfach
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