Fillory - Die Zauberer
Gott!«
»Schon gut«, antwortete Richard gelassen. »Sagen wir eben Gott.«
»Ist er ein moralischer Gott? Wird er uns dafür bestrafen, dass wir seine heilige Magie benutzt haben? Dafür, dass wir böse kleine Zauberer sind? Wird er [»Sie!«, rief Jane dazwischen.] zurückkehren und uns den Popo versohlen, weil wir in die Garage gegangen und mit Papas Elektrowerkzeugen gespielt haben?
Was für ein Quatsch! Es ist völliger Quatsch und einfach ignorant. Niemand wird für irgendetwas bestraft. Wir tun, was immer wir wollen, und das ist alles, was wir tun. Niemand hält uns auf, niemand macht sich etwas daraus.«
»Wenn er uns seine Werkzeuge hinterlassen hat, dann aus einem bestimmten Grund«, erwiderte Richard.
»Aha, und ich nehme an, den kennst du.«
»Welcher Wein kommt als Nächstes, Eliot?«, fragte Janet fröhlich. In schwierigen Situationen behielt sie immer einen kühlen Kopf, vielleicht, weil sie ansonsten meistens völlig außer Rand und Band war. Sie sah an diesem Abend ebenfalls ungewöhnlich hinreißend aus in ihrer hautengen roten Tunika, die ihr kaum bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. So etwas würde Alice niemals tragen. Konnte sie auch nicht, mit ihrer Figur.
Richard und Eliot schienen den Kampf beide noch eine Runde weiterführen zu wollen, doch dann riss sich Eliot mit einiger Willenskraft zusammen und ließ sich ablenken.
»Eine sehr gute Frage«, sagte er zu Janet gewandt und presste die Hände auf die Schläfen. »Ich empfange gerade eine göttliche Vision vom allmächtigen Schöpfer von … einem exquisit teuren kleinen Kontingent Bourbon … das Gott – nein, Entschuldigung, die Schöpferin – mir befohlen hat, euch zuteil werden zu lassen.«
Er stand unsicher auf und torkelte in Richtung Küche.
Quentin fand ihn, mit hochrotem Gesicht, nassgeschwitzt auf einem Hocker am offenen Fenster sitzend. Eiskalte Luft strömte herein, aber Eliot schien es nicht zu bemerken. Er starrte, ohne zu blinzeln, hinaus auf die Stadt, die in perspektivischen, in der Dunkelheit verschwindenden Lichtlinien vor ihm zurückwich. Er sagte nichts. Er rührte sich nicht, als Quentin Richard bei den einzeln gebackenen, eisgefüllten Baisers half. Der Trick, so erklärte Richard in seinem salbungsvollen Lehrerton, bestehe darin, dass die Meringue, ein ausgezeichneter Hitze-Isolator, die Eiscremefüllung vollständig bedecke. Quentin fragte sich währenddessen, ob sie Eliot für den Abend verloren hatten. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er sich aus einer Diskussion hinausgetrunken hätte. Doch einige Minuten später erholte er sich wieder und schleifte sie mit zurück ins Esszimmer. Dabei nahm er eine schlanke, seltsam geformte Flasche mit, in der bernsteinfarbener Whiskey schwappte.
Die Stimmung war jedoch dahin. Alle drückten sich vorsichtig aus, um bloß keinen neuen Ausbruch bei Eliot oder einen weiteren Sermon von Richard auszulösen. Bald darauf brachte Josh Anaïs nach Hause und Richard zog sich freiwillig zurück. Übrig blieben Quentin, Janet und Eliot, die benebelt vor den leeren Flaschen und den zerknüllten Servietten saßen. Eine Kerze hatte ein Loch in die Tischdecke gebrannt. Wo war Alice? War sie nach Hause gegangen? Oder hatte sie sich in einem der leeren Räume schlafen gelegt? Quentin rief sie auf dem Handy an, erreichte sie aber nicht.
Eliot zerrte zwei Ottomanen an den Tisch. Dann ließ er sich in römischer Manier auf einer nieder und lag damit so tief, dass er hinauflangen musste, um an einen Drink zu kommen. Quentin sah nur noch seine tastende Hand. Janet legte sich hinter ihn und schmiegte sich zufrieden in Löffelstellung an seinen Rücken.
»Kaffee?«, fragte sie.
»Käse«, sagte Eliot. »Haben wir Käse? Ich brauche Käse.«
Als wäre das ihr Stichwort gewesen, stimmte Peggy Lee die Anfangsstrophe von Is That All There Is? an. Was wäre wohl schlimmer?, fragte sich Quentin. Wenn Richard recht hätte und es gäbe einen rächenden Gott, oder wenn Eliot recht hätte und alles war völlig unwichtig? Wenn die Magie zu einem bestimmten Zweck erschaffen worden wäre oder wenn man mit ihr machen könnte, was man wollte? Er wurde von einer Art Panikattacke ergriffen. Hier draußen drohte ihnen echte Gefahr. Sie hatten nichts, woran sie sich festhalten konnten. Sie konnten ewig so weitermachen wie bisher.
»In der Küche ist ein Morbier«, sagte er. »Passend zum Thema, du weißt schon, die zwei Lagen, das Morgenmelken, das Abendmelken ….«
»Schon gut, wir
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