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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Angst. Er runzelte die Stirn. »Nun, ich denke, es spielt keine Rolle. Dabei habe ich gedacht, darum würde sich alles drehen. Jetzt bin ich aber schon ein bisschen beleidigt.«
    Er schmollte übertrieben, ein trauriger Clown. Es war beunruhigend, einen älteren Mann mit den Marotten eines kleinen englischen Schuljungen zu sehen. Ja, er war es wirklich, und er war keineswegs erwachsen geworden. Er besaß sogar einen wunderlichen, asexuellen Miniaturcharakter, als habe er in dem Moment aufgehört, sich zu entwickeln, als er in den Wald hineingelaufen war.
    »Was ist mit Ihnen geschehen?«, fragte Quentin.
    »Was geschehen ist?«, fragte das Ungeheuer und breitete triumphierend die Arme aus. »Nun, ich habe bekommen, was ich wollte. Ich bin nach Fillory gegangen und niemals zurückgekehrt!«
    Nun klärte sich alles auf. Martin Chatwin war nicht von Ungeheuern entführt worden, sondern er war selbst zu einem geworden. Er hatte entdeckt, was Quentin sich seit jeher zu wünschen glaubte, nämlich eine Möglichkeit, in Fillory zu bleiben und die wirkliche Welt für immer hinter sich zu lassen. Doch er hatte einen hohen Preis bezahlt.
    »Ich wollte nicht zurück zur Erde, nachdem ich Fillory gesehen hatte. Man kann doch einem Menschen nicht das Paradies zeigen und es ihm dann wieder vor der Nase wegschnappen! Aber genau das tun die Götter. Daher fordere ich: Nieder mit ihnen!
    Es ist erstaunlich, was man vollbringen kann, wenn man fest dazu entschlossen ist. Ich habe einige sehr interessante Freunde in den Finsterwäldern gefunden. Äußerst hilfsbereite Leute.« Er sprach anregend, überschwänglich wie ein Redner auf einer Dinnerparty. »Aber ihr könnt euch ja nicht vorstellen, was man alles leisten muss, um diese Art von Magie zu meistern! Als Erstes muss man natürlich seine Menschlichkeit opfern. Man kann nicht Mensch bleiben, wenn man solche Dinge tut, wie ich sie getan habe. Wenn man weiß, was ich weiß. Aber inzwischen trauere ich meinem frühren Zustand kaum noch nach.«
    »Freunde«, sagte Quentin dumpf. »Meinst du die Wächterin?«
    »Die Wächterin!« Martin schien das urkomisch zu finden. »Nein! Wie witzig! Manchmal vergesse ich ganz, was in den Büchern steht. Ich bin inzwischen schon sehr lange hier, wisst ihr. Ich habe sie seit Jahrhunderten nicht mehr gelesen.
    Nein, nicht die Wächterin. Du meine Güte, neben meinen Kumpanen würde sie aussehen wie – nun sie würde aussehen wie ihr, wie eine Stümperin nämlich.
    Doch nun genug geplaudert. Wer hat den Knopf?«
    Der Knopf befand sich natürlich in Pennys Rucksack, der genau vor Quentins Füßen lag. Ich habe das getan, dachte Quentin, und ein Stich durchfuhr seinen ganzen Körper. Schon zum zweiten Mal. Zwei Mal habe ich das Ungeheuer heraufbeschworen. Ich bin ein Fluch für alle in meiner Umgebung.
    »Knopf, Knopf, wer hat den Knopf? Wer hat ihn?«
    Penny wich langsam vor dem Biest im grauen Anzug zurück und begann zugleich mit einem Zauber – vielleicht einer weiteren Geheimwaffe, Quentin kannte ihn nicht. Doch Martin reagierte fast unmerklich schnell, wie ein giftiger Fisch, der zuschlägt. Im Zeitraffertempo hatte er beide Handgelenke Pennys mit einer Hand gepackt. Penny wehrte sich verzweifelt. Er knickte in der Taille ab und trat Martin in den Bauch, dann stemmte er ihm beide Füße gegen die Brust und versuchte, sich freizupressen, ächzend vor Anstrengung. Das Ungeheuer schien es kaum zu bemerken.
    »Ich befürchte, das wird dir nichts nützen, mein lieber Junge«, sagte es.
    Martin Chatwin riss den Mund weit auf, unwahrscheinlich weit, als renke er den Kiefer aus wie eine Schlange, und steckte beide Hände Pennys in seinen Schlund. Dann biss er sie an den Handgelenken ab.
    Es war kein sauberer Biss. Martin besaß ein stumpfes Menschengebiss, keine Reißzähne, und er musste seinen Versicherungsvertreterkopf hin- und herschütteln, um die Knochen im Gelenk endgültig zu knacken und Pennys Hände abzutrennen. Dann ließ das Ungeheuer seine Beute los, eifrig kauend, und Penny fiel rücklings in den Sand. Arterielles Blut spritzte in Fontänen aus den Stümpfen. Dann rollte sich Penny herum und begrub seine Arme unter sich. Seine Beine zappelten, als würden ihn Stromstöße durchzucken. Er schrie nicht, aber verzweifeltes Schnaufen klang von der Stelle, an der sein Gesicht in den Sandboden gedrückt war. Seine Sneaker scharrten im Schmutz.
    Das Ungeheuer schluckte einmal, zweimal, mit hüpfendem Adamsapfel. Es grinste, fast verlegen, und

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