Fillory - Die Zauberer
im Kopf wiederholt, und jetzt, nachdem er die letzte Silbe ausgesprochen hatte, kämpfte und zappelte etwas Großes, Hartes unter seinem Hemd und scharrte von innen an der Haut seines Rückens.
Als Quentin zu ihm aufblickte, stellte er fest, dass sein Kakodämon eine kleine runde Brille über den spitzen Ohren trug. Verdammte Scheiße, sein Kakodämon war kurzsichtig! Er stand unsicher neben ihm und sah gebildet und nachdenklich aus. Er wusste nicht, gegen wen er kämpfen sollte.
»Der nackte Typ«, sagte Quentin mit einem heiseren Flüstern. »Los! Rette das Mädchen!«
Der Dämon rannte los und kam drei Meter vor seinem Gegner schliddernd zum Stehen. Er begann mit einem Scheinangriff nach links, dann wieder links, als täusche er einen Torwart. Er versuchte, ihm die Knöchel zu brechen, ehe er sich anspannte und ihm direkt ins Gesicht sprang. Blasiert, als wolle er ausdrücken, wie unfair es sei, dass man ihm all diese Unannehmlichkeiten bereitete, hob Martin die Hand und fing den Dämon mitten im Sprung auf. Fauchend zerrte dieser an seinen Fingern. Martin begann, ihn sich langsam in den Mund zu stopfen, wie ein Gecko, der eine Spinne frisst, während der Dämon an seinen Haaren zerrte und versuchte, ihm die Augen auszukratzen.
Verzweifelt winkend bedeutete Quentin Alice, sie solle weglaufen – vielleicht, wenn jeder in eine andere Richtung liefe? –, aber sie sah ihn nicht an. Sie leckte sich die Lippen und strich mit beiden Händen ihr Haar hinter die Ohren. Sie stand auf. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie begann, mit den Händen zu arbeiten, die Einleitung zu etwas sehr Anspruchsvollem. Bei dem Geräusch sahen sowohl Martin als auch der Kakodämon sie an. Martin nutzte die Gelegenheit, um dem Kakodämon das Genick zu brechen und ihn sich vollständig in den Schlund zu schieben.
»So«, sagte Alice, »du glaubst also, du bist das größte Ungeheuer in diesem Raum?«
»Tu’s nicht!«, sagte Janet, aber Alice hörte nicht auf. Sie wagte einen Versuch. Alle schienen zu verstehen, worum es ging, außer Quentin.
»Nein, nein, nein!«, sagte Eliot wütend. »Warte!«
»Du bist nicht mal ein Zauberer, Martin, stimmt’s?«, sagte Alice ruhig. »Du bist nur ein kleiner Junge. Sonst nichts. Das ist alles, was du jemals gewesen bist.« Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Nun, es tut mir leid.«
Sie schloss die Augen und begann, eine Beschwörung zu rezitieren. Quentin sah, wie sich alles in Alice’ Gesicht widerspiegelte, alles, was sie durchgemacht hatten, alles, was sie einander angetan hatten, alles, was sie überwunden hatten. Sie ließ alles raus. Es war ein mächtiger Zauber, Renaissance, höhere Magie. Gewaltige Energien. Quentin konnte sich nicht vorstellen, was sie damit bezweckte, aber einen Augenblick später begriff er, dass nicht der Zauber das Wichtigste war. Das Entscheidende waren die Nebenwirkungen.
Langsam kroch er auf sie zu, irgendwie, Hauptsache, er kam ihr näher. Egal, und wenn es ihn umbrachte.
»Nein!«, rief er. »Nein!«
Das blaue Feuer flackerte an ihren Fingerspitzen auf und breitete sich unerbittlich über ihre Hände und Handgelenke aus. Es erleuchtete ihr Gesicht. Alice öffnete die Augen. Fasziniert betrachtete sie die Flammen.
»Ich brenne«, sagte sie mit fast normaler Stimme. »Ich dachte nicht – ich brenne.« Doch dann begann sie immer lauter zu schreien, ein schrilles Kreischen, das entweder Agonie oder Ekstase bedeuten konnte: »Ich verbrenne! Oh, Gott! Oh, Quentin, ich verbrenne! Es verbrennt mich!«
Martin, der langsam auf sie zugegangen war, hielt inne, um zu beobachten, wie Alice zu einem Niffin wurde. Quentin konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. Alice ging einen Schritt zurück und setzte sich hin, wobei sie noch immer ihre Arme anstarrte. Sie bestanden nun bis zu den Schultern aus blauem Feuer. Sie sahen aus wie Warnfackeln. Ihr Fleisch wurde jedoch nicht verzehrt, sondern von dem Feuer ersetzt, das sich hindurch fraß. Sie hörte auf zu reden und stöhnte nur noch, in einem immer höheren, immer lauteren Ton. Endlich, als das Feuer bis hinauf zu ihrem Hals reichte, warf sie ihren Kopf in den Nacken und öffnete weit den Mund, aber kein Laut drang mehr heraus.
Das Feuer hinterließ eine neue Alice, eine, die kleiner war und aus etwas wie blauem, leuchtendem Glas bestand, frisch und heiß aus dem Ofen. Der Prozess hatte die Höhle mit blauem Licht erfüllt. Schon bevor die Transformation
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