Fillory - Die Zauberer
ernsthaft beschädigter Sofas und Sessel und peinlich langweiligen , »pädagogischen« Brettspielen, hauptsächlich magischen Varianten von Trivial Pursuit. Sie waren schon ganz abgenutzt und verfleckt und es fehlten wichtige Teile wie Karten, Spielsteine und Drehkreisel. Es gab sogar eine eingeschmuggelte, in einen Schrank eingebaute Videospielkonsole, ein drei Jahre altes Schrottding verbunden mit einem noch älteren Fernseher. Das Bild flimmerte und die Konsole startete neu, wann immer jemand im Umkreis von zweihundert Yards zauberte, also im Grunde ständig.
Aber das war vorher. Jetzt gab es keinen Moment mehr, in dem Quentin nicht lernte. Trotz Eliots Warnungen vor der Schule und trotz des bisherigen Lernpensums hatte Quentin noch immer irgendwie geglaubt, dass das Zaubernlernen einer angenehmen Reise durch einen geheimen Garten gleiche, wo er fröhlich und bequem die reife Früchte des Wissens von tief hängenden Ästen pflücken würde. Stattdessen eilte Quentin jetzt jeden Nachmittag nach P.Ü. in die Bibliothek, um schnell seine regulären Hausaufgaben zu erledigen. Sofort nach dem Essen kehrte er wieder dorthin zurück, weil ihn dann seine zugeteilte Tutorin erwartete.
Bei seiner Tutorin handelte es sich um Professor Sunderland, die hübsche junge Frau, die ihm während der Prüfung aufgetragen hatte, einen Plan von dem Anwesen zu zeichnen. Einer Hexe ähnelte sie nicht im Geringsten: Sie war blond, hatte Grübchen und ungemein irritierende Kurven. Professor Sunderland unterrichtete hauptsächlich die höheren Semester, das Vierte und Fünfte Studienjahr, und hatte nicht besonders viel Geduld mit Amateuren. Ohne Unterlass drillte sie Quentin in Gesten, Beschwörungen, Karten und Tafeln, und wenn er alles hundertprozentig richtig gemacht hatte, spendete sie allenfalls ein kleines geiziges Lob und ließ sich zur Sicherheit auch noch einmal die Popper-Etüden Nummer 7 und Nummer 13 zeigen. Langsam, erst vorwärts, dann rückwärts. Ihre Hände vollführten Bewegungen, von denen Quentin glaubte, sie niemals beherrschen zu können. Das Ganze wäre unerträglich gewesen, wenn er nicht unsterblich in Professor Sunderland verliebt gewesen wäre.
Beinahe hatte er das Gefühl, Julia zu betrügen. Aber dann fragte er sich, was er ihr schuldig war. Es wäre ihr doch sowieso egal gewesen. Und Professor Sunderland war hier. Er suchte jemanden in seinem neuen Leben. Julia hatte ihre Chance gehabt.
Quentin verbrachte jetzt viel mehr Zeit mit Alice und Penny. Die Brakebills-Vorschriften befahlen, dass Erstsemester um elf Uhr das Licht zu löschen hatten, aber durch das zusätzliche Arbeitspensum konnten sich die drei natürlich nicht an die Sperrstunde halten. Zum Glück gab es ein kleines, etwas abseits von einem der Studentenflügel gelegenes Arbeitszimmer, das der Überlieferung nach von den Sperrstunden-Überwachungszaubern ausgenommen war. Vielleicht war es absichtlich als Ausweichmöglichkeit für Situationen wie diese gedacht. Es war eine Art Abstellraum – muffig, fensterlos, trapezförmig –, aber ausgestattet mit einem Sofa, einem Tisch und Sesseln, und die Lehrer pflegten es nach der Zubettgehzeit nicht zu kontrollieren. Dorthin begaben sich Quentin, Alice und Penny, wenn die übrigen Erstsemester sich schlafen legten.
Sie bildeten ein seltsames Grüppchen: Alice saß gebeugt am Tisch, Quentin fläzte sich auf der Couch und Penny tigerte entweder in kleinen Kreisen herum oder saß im Schneidersitz auf dem Fußboden. Die verhassten Popper-Bücher waren so verhext, dass man vor ihnen üben konnte und sie einem sofort sagten, ob man es richtig gemacht hatte oder nicht, indem sie sich grün (richtig) oder rot (falsch) verfärbten. Dummerweise erklärten sie nicht, was man falsch gemacht hatte.
Doch Alice wusste es immer zu sagen. Sie war die Hochbegabte unter ihnen mit unnatürlich beweglichen Händen und Handgelenken und einem geradezu monströsen Gedächtnis. Was Sprachen anging, war sie schier unersättlich. Eine Allesesserin. Während ihre Kommilitonen noch in den Untiefen des Mittelenglischen herumwateten, tauchte sie bereits kopfüber ins Arabische und Aramäische, ins Mittelniederländische und Altkirchenslawisch ein. Noch immer war sie schmerzlich schüchtern, aber die langen Abende, die sie nach der Sperrstunde mit Quentin und Penny in dem kleinen Zimmer verbrachte, weichten ihre Reserviertheit ein wenig auf, so dass sie manchmal Notizen und Tipps mit den anderen austauschte. Ab und zu bewies
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