Fillory - Die Zauberer
einfach, aber gar nicht schlecht. Quentin hatte seinen nagenden Hunger schon fast vergessen. Mit einem Trick – oder mit Hilfe eines verborgenen Mechanismus – hatte Janet den langen Seminartisch zu einem Esstisch verkürzt.
Janet, Josh und Eliot plauderten über den Unterricht und die Lehrer, darüber, wer mit wem schlief und wer gerne mit wem schlafen würfe. Sie spekulierten endlos über die relativen Fähigkeiten der anderen als Zauberer. Sie begegneten einander mit der großen Selbstverständlichkeit von Menschen, die sehr viel Zeit miteinander verbracht hatten, die einander vertrauten und sich liebten und die wussten, wie man die besten Eigenschaften des anderen zum Vorschein brachte, seine langweiligen und nervtötenden Angewohnheiten dagegen ignorierte. Quentin ließ das Geschwätz an sich vorbeirauschen. Eine gediegene Mahlzeit zu essen, allein in einem privaten Esszimmer, fühlte sich sehr erwachsen an. Das ist es, dachte er. Vorher war er ein Außenseiter gewesen, aber jetzt war er bis ins Innere der Schule vorgedrungen. Das hier war das echte Brakebills. Er befand sich im warmen, geheimen Herzen der geheimen Welt.
Sie diskutierten darüber, was sie nach dem Studium machen wollten.
»Ich stelle mir vor, mich auf einen einsamen Berggipfel zurückzuziehen«, sagte Eliot leichthin, »… und für eine Weile Eremit zu werden. Ich würde mir einen langen Bart wachsen lassen und die Leute würden mich besuchen, um sich von mir beraten zu lassen.«
»Beraten bei was?«, schnaubte Josh. »Ob ein dunkler Anzug als eleganter Gesellschaftsanzug gilt?«
»Und ich möchte gerne sehen, wie du versuchst , dir einen Bart wachsen zu lassen«, frotzelte Janet. »Mein Gott, bist du selbstsüchtig. Reizt es dich denn gar nicht, anderen Menschen zu helfen?«
Eliot sah verwirrt aus. »Anderen Menschen? Welchen anderen Menschen?«
»Armen Menschen! Hungrigen Menschen! Menschen, die nicht zaubern können.«
»Aber was haben diese Menschen je für mich getan? Die Menschen wollen meine Hilfe nicht. Meine Mitschüler haben mich einen Lackaffen genannt und mich in der Pause in einen Müllcontainer geworfen, als ich in der fünften Klasse war, nur weil meine Hosen gebügelt waren.«
»Na ja, ich hoffe nur für dich, dass es auf deinem Berggipfel einen Weinkeller gibt«, sagte Janet verärgert. »Oder eine gefüllte Bar. Ohne Alkohol hältst du es doch keine acht Stunden aus.«
»Ich werde mir einen einfachen, aber wirksamen Trunk aus den einheimischen Kräutern und Beeren brauen.«
»Und ohne Reinigung.«
»Ja, das ist wirklich ein Problem. Man kann Magie einsetzen, aber das Ergebnis ist nicht das gleiche. Vielleicht lebe ich auch einfach im Plaza, wie Eloise im Film!«
»Mir ist langweilig!«, verkündete Josh. »Kommt, lasst uns Harpers Feuerformen spielen!«
Er ging zu einem kleinen Schrank mit Dutzenden winziger Schubladen, schmal, aber tief, der sich als eine Art Miniaturherbarium mit kleinen Zweigen erwies. Jede Schublade trug ein winziges handgeschriebenes Schild, beginnend mit »Ailanthus« in der linken oberen Ecke und endend mit »Zelkova, japanische«, in der unteren rechten. Harpers Feuerformen erwies sich als nutzloser, aber äußerst unterhaltsamer Zauber, mit dem man eine Flamme in die Länge ziehen und zu kunstvollen kalligraphischen Formen biegen konnte, die für einen Augenblick in der Luft glühten, um kurz darauf zu verschwinden. Man brauchte dazu einen Espenzweig. Den weiteren Abend verbrachten sie damit, die Kerzenflammen zu immer komplizierteren oder obszönen Wörtern und Gestalten zu formen. Dies wiederum führte dazu, dass die Gardinen in Flammen aufgingen (offenbar nicht zum ersten Mal) und gelöscht werden mussten.
Als sie eine Pause einlegten, holte Eliot eine schlanke, gefährlich aussehende Flasche Grappa hervor. Nur zwei Kerzen hatten das Flammenformen überlebt, aber niemand machte sich die Mühe, die fehlenden Lichter zu ersetzen. Es war schon spät, nach ein Uhr morgens. Zufrieden schweigend saßen sie im Halbdunkel. Janet lag rücklings auf dem Teppich, die Füße auf Eliots Schoß gelegt. Zwischen den beiden herrschte eine körperliche Intimität, die Quentin verwunderte, vor allem im Hinblick auf Eliots sexuelle Neigungen.
»So, und jetzt sind wir also vollwertige Physiker?«, fragte Quentin. Der Grappa war wie ein feuriger Same, der in Quentins Brust hineingedriftet war und dort Wurzeln schlug. Aus dem Samen entspross einen heißer, glühender Schössling, der wuchs und sich
Weitere Kostenlose Bücher