Film ab im Internat
letzten Arbeiten an einem großen Filmprojekt im Auftrag eines privaten Fernsehsenders beendet. Es geht darin um den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Menschen, die Tiere und die Natur.
Um genügend Material zu sammeln, ist er einmal rund um den Globus gereist – etwas, worum Carlotta ihn heute noch glühend beneidet. Während er sich die Welt angesehen hat, hat sie ihr erstes Jahr in Prinzensee verbracht. Keine Frage, was interessanter gewesen ist.
Irgendwann während der Fahrt nickt Carlotta ein. Sie hat sich ihr kleines Kuschelkissen in den Nacken geschoben und den Kopf an die Kopfstütze gelegt. Aus dem Radio kommt leise Musik. Papa summt ziemlich verkehrt mit.
Carlotta träumt von einem sprechenden Hund, dem sie Kunststücke beibringen soll. Aber je mehr sie sich anstrengt, ihm etwas beizubringen, desto schärfer protestiert der Hund. „Ich bin kein Zirkusaffe“, blafft er böse und zieht die Lefzen hoch.
Im Traum macht Carlotta ihm vor, wie man Männchen macht und einen Ball auf der Nase balanciert. Der Hund lacht sie aus. Es klingt wie ein Knurren.
Carlotta schreckt hoch und sieht sich verwirrt um. Sie sind schon auf der Autobahn.
Papa lächelt. „Du hast im Schlaf geknurrt.“
Carlotta gähnt. „Echt wahr?“
Ihr Vater nickt. „Es hörte sich ziemlich bedrohlich an. Wollen wir durchfahren, oder möchtest du eine kleine Pause machen?“
„Von mir aus können wir durchfahren, wenn’s dir nicht zu anstrengend wird“, antwortet Carlotta und gähnt noch einmal. „Umso eher sind wir zu Hause.“
Wieder nickt ihr Vater. „Einverstanden.“
Nach einiger Zeit verlassen sie die Autobahn und rollen durch Gewerbegebiete und Randgemeinden. Carlotta ist froh, dass sie nicht so weit vom Internat entfernt wohnt wie Sofie. Auch Manu hat einen ziemlich langen Heimweg, wenn sie zwischendurch mal nach Hause möchte. Bei Carlotta sind es nur zwei knappe Autostunden, die das Internat von ihrem Elternhaus trennen.
Vaterhaus, korrigiert sie sich in Gedanken. Elternhaus war früher mal. Bevor Mama ausgezogen ist.
Sie wühlt in ihrer Jackentasche und befördert eine zerknitterte Tüte Lakritzschnecken ans Tageslicht. Eine schiebt sie ihrem Vater zwischen die Zähne, eine zweite rollt sie langsam ab und lutscht an der langen Schnur.
„Geht die Waschmaschine eigentlich wieder?“
„Öhmm …“, macht Papa gedehnt. „Jaahaa.“
Carlotta runzelt die Stirn. „Jaahaa-ja oder Jaahaa-vielleicht?“
„Jaahaa-gestern-ging-sie-noch“, grinst Papa. „Ich fürchte aber, früher oder später geht sie ganz in die Knie.“
„Na, hoffentlich nicht heute“, mümmelt Carlotta und wickelt noch eine Lakritzschnecke ab, die sie sich in den Mund schiebt. „Ich hab nämlich nichts Sauberes mehr anzuziehen.“
Papa setzt den Blinker.
Gleich sind sie da! Carlottas Herz macht einen Sprung.
Als das Auto in die Einfahrt vor dem kleinen Einfamilienhaus rollt und schließlich anhält, hat sie allerdings das komische Gefühl, als würde ihr das Herz geradewegs in die Hose rutschen.
In dem kleinen Garten vor dem Haus türmen sich alle möglichen merkwürdigen Sachen. Das heißt, merkwürdig sind sie eigentlich nicht, stellt sie bei genauerem Hinsehen fest. Sie kommen ihr sogar sehr bekannt vor. Kein Wunder, bei ihrem letzten Besuch gehörten diese Dinge noch zur Einrichtung. Ein Küchenschrank, eine Matratze, zwei Stühle, eine windschiefe Lampe, ein Sofa, ein Teppich und noch einiges anderes mehr türmen sich zu einer hohen Pyramide auf, und zwar zu einer einsturzgefährdeten Pyramide. Oder soll das Ganze vielleicht doch eher moderne Kunst sein?
In Zeitlupentempo wandert Carlottas Blick von dem Gebilde im Vorgarten bis zu ihrem Vater, der unbekümmert vor sich hin pfeift und so tut, als wäre das alles total normal.
„Was ist das?“, fragt Carlotta ihn mit gerunzelter Stirn.
„Was? Das? Ach so … das ist nur ein bisschen Sperrmüll“, meint Papa und steigt aus. „Der wird irgendwann demnächst abgeholt.“
Carlotta klettert ebenfalls aus dem Auto. „Irgendwann demnächst?“
„Jaja“, nickt Papa. „Nächste Woche oder so.“
„Und wo kommt das alles her?“ Carlotta kichert. „Willst du unser Haus renovieren?“
„Hab ich dir das gar nicht erzählt?“ Papa guckt unschuldig und kratzt sich verlegen am Kopf.
„Was denn?“ Irgendwo in Carlottas Gehirn schrillt eine kleine Alarmglocke.
„Wir hatten letzte Woche einen, äh, Wasserrohrbruch. Ich war gerade nicht da. Als ich nach Hause kam,
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