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Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Titel: Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kolja Alexander Bonke
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oder fallen mir erst nach und nach ein. Ohne
Aspirin
wäre ich an Tagen wie diesen gar nicht lebensfähig. An Arbeiten ist heute nicht zu denken.
     
    Kippe folgerichtig nach einer halben Stunde am Rechner ein volles Glas Wein über die Tastatur. Ich wusste doch, die ganzen Krümel in der Tastatur würden sich irgendwann auszahlen: Das bisschen Feuchtigkeit saugen die locker weg!
    Lenke mich mit sinnlosen Nachrichten von meinem Kater ab. „Junge (16) onaniert sich zu Tode“, schreibt
bild.de
. Und ich dachte, man kann davon höchstens blind werden!
     
    Ardi (4) aus Indonesien scheint endlich Nichtraucher zu sein. Na, wenn er jetzt noch Koks & Nutten aufhört, hat er seine wilden Zeiten ja bald hinter sich.
     
    Bald stürzt ein alter Satellit auf die Erde und keiner weiß wo er aufschlägt? Ich werde am nächsten Tag alle Zeitungsartikel ausschneiden, wenn er mir in die Butze gekracht ist.
     
    Nutze angeblich nur 5 % meines Hirns. Versuche dies mit der Auslastung meiner Leber wettzumachen, leider ist der Weißwein fast leer. Die Tastatur muss mehr mitgeholfen haben, als ich dachte. Wein her, Wein her, oder ich fall um — ich brauche wirklich Nachschub. Schließlich ist das Geräusch von gluckerndem Weißwein beim Einschenken am schönsten, wenn die Flasche voll ist.
     
    Ich sehe aus wie ein Cracksüchtiger, als ich mich auf den Weg zum Kiosk mache. Ernte bewundernde Blicke von zwei Gothic-Girls im Treppenhaus. Sie stehen auf die dämonische Ausstrahlung durch meine Mundwinkelrhagaden.
     
    Es regnet Drahtseile. Am meinem Lieblingskiosk prostet sich ein nasses Penner-Pärchen im Dunkeln zu. Sie mit Kniestrümpfen, Minirock, breitem Kreuz in löchriger Lederjacke und Augen wie Heidi, das schielende Opossum. Er mit Riesenplauze, Gehstock und Zehennägeln, die sich über die Jahre ihren Weg durch die Billigturnschuhe ans Tageslicht gebahnt haben. Irgendwie wie ein fettsüchtiger Alice Cooper auf
Crystal Meth
.
     
    Kaufe zwei Flaschen Pinot Grigio und biege mit ihnen um die Ecke, als es klirrt. Sekunden später finde ich mich auf dem Boden wieder, um mich herum nur Scherben, Weißwein — und Schuhe. Diese Schuhe bewegen sich unheimlich schnell, meist in Richtung meines Körpers. Um Schmerzen zu spüren, bin ich glücklicherweise nicht nüchtern genug. Minutenlang prasseln Tritte auf mich ein. Auch der Regen scheint stärker geworden zu sein, ich schütze mein Gesicht. Auf dem Boden mischt sich Weißwein-Schorle mit Blut. Kann eigentlich nur meins sein.
     
    Irgendwann hören die Tritte auf.
     
    „Du weißt wofür, du Hund?“
     
    Der Sprecher trägt einen Pulli der Marke
Fila
. Lese bei diesem Schriftzug im ersten Moment grundsätzlich immer „Fils". Abgesehen davon: sehr geschmackvoll.
     
    Den Typen habe ich schon mal gesehen. Halil oder so ähnlich, gehört zu einer Art kurdischer Terror-Sippe. Nicht unbedingt einer, den man als Babysitter engagieren würde.
     
    „Ganz ehrlich? Keine Ahnung.“
     
    „Für Elvira.“
     
    Diese Information könnte wichtig sein, glaube ich und versuche deshalb krampfhaft, sie abzuspeichern.
     
    „Elvira? Elvira?! Sagt mir gar nichts.“
     
    Im selben Moment fällt mir ein, dass das nicht ganz der Wahrheit entspricht. Ich habe in der letzten Zeit tatsächlich ein Mädchen mit diesem Namen kennen gelernt. Wo und wann fällt mir im Moment nicht ein — könnte an der Gehirnerschütterung liegen, die ich mir wahrscheinlich gerade eben durch einen der Tritte zugezogen habe.
     
    Auch Halil scheint mir nicht zu glauben und unterstreicht dies mit einem kleinen Kick in die Magengegend.
     
    Er geht neben mir in die Hocke und sieht mir in die Augen, während ich noch huste.
     
    „Du Hund hast sie vergewaltigt und du wirst dafür bezahlen.“
     
    Der Husten ist schlagartig vorbei. Es fühlt sich an, als seien alle komischen Blicke der letzten Wochen gleichzeitig auf mich gerichtet. Dieses ganze seltsame Verhalten, dem ich in letzter Zeit ausgesetzt war, ergibt plötzlich einen Sinn — ich weiß nur noch nicht, welchen.
     
    Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.
     
    „Ich habe niemanden vergewaltigt und dafür schon genug bezahlt, oder nicht?“
     
    Ich deute mit dem Finger auf das ganze Blut und die Scherben um mich herum. Eine Blutlache sieht im Regen gleich doppelt so groß aus.
     
    Die Schuhe um mich herum weichen fast lautlos zurück und verschwinden innerhalb von Sekunden aus meinem Sichtfeld. Einfach so.
     
    War ich so überzeugend?
     
    Ich atme tief ein,

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