Filmriss
klar, dass wir es waren. Wer soll’s schließlich sonst gewesen sein?«
»Die müssen uns das erst mal nachweisen«, sagt Marlon. »Schließlich gibt’s in der Gegend noch andere Leute, die ab und zu mal ein bisschen Action machen. Außerdem hab ich da noch was mit Karsten zu klären.« Beim letzten Satz grinst er, aber ich denk nicht weiter drüber nach, weil mich seine Geheimnistuereien mit Karsten nicht interessieren.
Benny ist Feuer und Flamme.
»Ich kann ja schon mal Frieda anrufen«, meint er und zückt blitzschnell sein Handy.
27
Friedas Tagebuch
Ich hätte nicht damit gerechnet, aber ich war froh, endlich wieder was von den anderen zu hören. Auch wenn es nur Benny war, der mich anrief, und nicht Marlon, wie ich insgeheim gehofft hatte. Benny hat mich einfach gefragt, ob ich an den Strand komme, und ich hab sofort Ja gesagt. Viel Schönes hab ich in letzter Zeit nicht grad erlebt und war ziemlich allein.
Immerhin ist es denen in der Schule mit dem Mobben langsam langweilig geworden. Bis auf Carina natürlich, das versteht sich von selbst. Wenn die sich mal irgendwo festgebissen hat, lässt sie nicht so schnell locker.
Manchmal krieg ich nachts eine SMS , in der ich gefragt werde, ob ich auch nicht vergessen hätte, meine Windel anzuziehen und so’n Quatsch, aber bei so was brauch ich ja nur mein Handy auszustellen. Viel schlimmer war es heute, als sich Carina im Unterricht gemeldet und die Lehrerin gefragt hat, ob ich mal austreten dürfe.
»Sie leidet nämlich unter Blasenschwäche. Aber weil sie Alkoholikerin ist, traut sie sich nicht, selbst zu fragen. Meistens lallt sie noch vom Restalkohol der letzten Nacht.«
Frau Claasen ist noch ganz jung und neu an der Schule. Außerdem ist sie total unsicher. Deshalb hat sie nur dumm aus der Wäsche geglotzt, ist knallrot angelaufen und hat hilflos die Achseln gezuckt. Also musste ich selbst was tun. Und das hab ich dann.
Ich bin aufgestanden und betont langsam zu dieser blöden Tusse rübergeschlendert. Als ich vor ihr stand, grinste ich breit, holte kurz aus und schmierte ihr blitzschnell links und rechts eine. Danach wurde Carina so rot, dass sie die Claasen locker getoppt hat. Bei ihr war’s eine gelungene Mischung aus Wut und purer Backpfeifenröte. Stand ihr nicht schlecht.
Und mir ging es danach gut, richtig gut sogar. Als mir allerdings der Direktor nach Unterrichtsende mitteilte, dass ich nun endgültig von der Schule fliegen würde, ging es mir nicht mehr ganz so spitzenmäßig.
Dad musste heute Nachmittag antanzen.
»Friedas Attacke gegen eine Mitschülerin hat das Fass zum Überlaufen gebracht«, meinte der Schulleiter, Dr. Wagner, zu ihm. »Dies ist nur der letzte einer ganzen Reihe von Vorfällen, die Friedas Verbleib auf unserer Schule unmöglich machen.«
»Von welchen anderen Vorfällen reden Sie?«, fragte mein Dad.
»Da kommt einiges zusammen: sehr häufiges unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht, darüber haben wir Sie ja auch informier t …«
Schuldbewusst sah Dad nach unten.
»… der ganze Skandal um das Trinkgelage am Strand. Und auch danach wurde des Öfteren von verschiedenen Lehrkräften bei Ihrer Tochter eine Alkoholfahne im Unterricht festgestellt. Wiederholtes unerlaubtes Entfernen vom Schulhof. Fortwährende Pampigkeiten gegen das Lehrpersonal.«
Fragend und vorwurfsvoll gingen Dads Blicke zu mir. Jetzt war ich es, die nach unten schaute.
»Ich kann Ihnen das natürlich auch alles noch schriftlich zukommen lassen.«
»Wovon ich selbstverständlich ausgehe.«
Dad wollte wütend klingen, aber es hörte sich eher kleinlaut an.
»Soll ich weitermachen?« Wagner wischte gleich haufenweise unsichtbare Staubkörnchen von seiner Schreibauflage.
»Fürs Erste reicht es, danke!«
Dass Carina, diese Zickenbarbie, zufälligerweise seine Nichte ist, hat Wagner nicht erwähnt. Ist mir aber egal, deshalb hab ich auch nichts gesagt. Ich weiß genau, dass mein Dad bei diesem Punkt sofort eingehakt hätte. Wahrscheinlich hätte er ein Riesentheater veranstaltet. Er wär über den Tisch gesprungen, hätte den Direktor gewürgt und geschüttelt und alle Hebel in Bewegung gesetzt. Und ich hätte raushängen lassen, dass Carina mich von Anfang an gemobbt hat. Aber so hatte er natürlich keine Gegenargumente und musste mehr oder weniger alles hinnehmen, was der Direktor gesagt hat.
Ich hätte mir schon gewünscht, dass er mich ein bisschen mehr verteidigen würde. Aber ich kann es ihm auch nicht wirklich übel nehmen.
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