Filmriss
verdammt!« Plötzlich kommt sie hoch und stiert uns alle an. Ihre Augen sind rot, Wimperntusche und Kajal sind verlaufen. Sie wischt mit dem Handrücken über ihr Gesicht.
»Ich geh jetzt erst mal zum Trichter«, sagt Marlon. »Wer kommt mit?«
Benny und Karsten zögern keine Sekunde. Auch Frieda will mit raus. Ich lege meine Hand auf ihre Schulter. Sie versucht sie abzuschütteln, aber ich lasse nicht locker.
»Was meintest du vorhin?«
»Was meinte ich womit?«, fragt sie gereizt zurück.
»Damit, dass du deinen Eltern im Weg bist.«
»Ich glaub nicht, dass dich das was angeht!«
Ich zieh meine Hand zurück, Frieda geht. Im letzten Moment dreht sie sich noch einmal um.
»Wie es aussieht«, sagt sie leise, »werden sie sich trennen. Das ist alles. Tausende von Eltern trennen sich, also, was soll’s?«
29
Benny holt sogar noch mal seinen Laptop mit den Lautsprechern von zu Hause. Ich bin ganz froh, dass wir es uns jetzt gemütlich machen. Der Kioskeinbruch hat mir schon gereicht, so ein Schwachsinn.
Wenn ich schon nicht mit Marlon allein sein kann, will ich wenigstens in seiner Nähe sein. Und mit jedem Schluck, den ich mir aus lauter Frust reinziehe, wird dieser Wunsch stärker. Ich sehne mich so nach dem Sommer, wir beide endlich allein auf der Star Search , dass es wehtut. Das alles scheint irrsinnig weit weg. Manchmal habe ich Angst, dass es vielleicht nie dazu kommt. In letzter Zeit ist so vieles passier t …
»Was wollen wir gleich noch machen?«, flüstere ich Marlon ins Ohr.
Wir sitzen vor dem großen Strandkorb in der Hütte auf dem Boden. Ich zieh an seiner Zigarette. Ich nehme nur hin und wieder einen Zug von ihm. Schmeckt eklig, wie alte Pappe, aber ich hab das Gefühl, ihm dadurch etwas näher zu sein.
Ich sehe in seinem Gesicht, dass er irgendwas vorhat. Er hat alle Fäden in der Hand. Am anderen Ende der Fäden sind fast nur Marionetten. Die Marionetten sind wir, jeder Einzelne von uns. Das wird mir in letzter Zeit immer deutlicher, und ich kann nicht gerade sagen, dass es mir gefällt.
»Wart’s ab«, sagt er geheimnisvoll. »Wird ein würdiger Abgang aus diesen noblen Hallen mit jeder Menge Spaß, vor allem für Karsten. Das verspreche ich dir.«
»Was hast du eigentlich plötzlich gegen ihn?«
»Sagen wir mal, jemand hat mir die Augen für seine wahren Qualitäten geöffnet, das ist alles.«
Ich betrachte Marlons Lippen, sie sind geschwungen und haben jetzt einen spöttischen Zug. Im Moment interessieren sie mich viel mehr als seine Worte. Ich hör ihm gar nicht mehr richtig zu, nähere mich seinem Gesicht, bis ich seinen Atem spüre. Schließlich küssen wir uns so lange, dass ich am Ende nicht mehr weiß, ob ich mehr vom Wodka beduselt bin oder von ihm.
»Lass uns abhauen, nur wir beide.« Ich knabbere an seinem Ohrläppchen. »In den Schuppen zur Star Search .«
»Jetzt nicht.« Er schaut mir tief in die Augen. Sie sind ganz dunkel, weil die Pupillen so groß sind. Am liebsten würde ich hineinkriechen. »Später vielleicht.« Er grinst und trinkt einen Schluck. »Aber zuerst gibt es hier noch die versprochene Show. Mit Karsten als Superstar. Wird sein großer Auftritt, davor können wir doch nicht einfach verschwinden. Glaub mir, du würdest es hinterher bereuen.« Er küsst mich noch mal, sein Grinsen verwandelt sich in ein Lächeln. »Und das wirklich Geniale daran ist, dass nicht ich mir das ausgedacht hab, sondern er selbst, gerade da draußen. Auch wenn er es sich alles ein bisschen anders vorstellt. Jedenfalls in einem entscheidenden Detail.«
Inzwischen sind noch ein paar Leute aus den umliegenden Dörfern aufgetaucht. Irgendwie hat sich mal wieder rumgesprochen, dass bei uns was läuft. Ist mittlerweile schon Tradition. Die Leute kommen gerne, manche bringen auch was zu schlucken mit. Aber die meisten wissen, dass es bei uns immer was gibt.
Es wird unser letzter Abend in der Hütte sein. Ab morgen müssen wir uns einen anderen Treffpunkt suchen. Aber jetzt soll es hier noch mal richtig abgehen. Und später, am Ende des Abends, dann Marlon und ich allein auf der Star Searc h …
Ein paar Leute kickern. Steve versucht ihnen das Spiel vom letzten Mal zu erklären, und irgendwie kriegt er das auch hin, obwohl er sich viel komplizierter ausdrückt, als die Sache ist. Er selbst spielt aber nicht mit. Obwohl sie längst nicht mehr nüchtern ist, hat Frieda die ganze Zeit ein Auge auf ihn.
»Wann geht’s denn endlich los?« Karsten klingt ungeduldig. Er scheint sich
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