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Filmriss

Filmriss

Titel: Filmriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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meinem Leben. Immer wieder dieses Gesicht, nah und dabei ganz verschwommen.
    In diesem Moment reißt mir jemand die Hose runter, total brutal, es tut wahnsinnig weh.
    »Hey! Was soll die Scheiße. Ic h …«
    Weiter komm ich nicht. Alles an mir tut plötzlich weh. Ich selbst tu weh. Ich versuch mich zu wehren, aber das geht irgendwie nicht. Ich bin viel zu schwach, ich kann mich nicht bewegen. In Gedanken schlag ich wild um mich und zappele wie verrückt, aber in der Wirklichkeit funktioniert das nicht. Ich selbst funktionier nicht, mein ganzer Körper ist lahmgelegt.
    Ich hör ein Lachen, total laut, total fies. Da lachen sogar mehrere, glaub ich. Dieses Gesicht ist immer noch da, ich kenne es nich t … oder doch? Der fremde Körper liegt auf meinem wie ein Felsklotz. Der ganze Körper stinkt. Das Gesicht ist so nah, es riecht nach saurer Milch, aber auch nach widerlichem, billigem Parfüm oder Deo oder so was, uralter Schweiß. Dieses Gesicht ist das Letzte, was ich noch seh. Diese ekelhafte Fratze, völlig verzerrt.
    Dann kein Himmel mehr, keine Sterne. Nichts mehr.
    Plötzlich ein neuer, irrsinniger Schmerz in meinem Unterleib. Noch mal schlimmer als all der andere Schmerz, der aber auch nicht aufhört. Es ist, als würde mich jemand in der Mitte auseinanderreißen, in zwei Stücke, links und rechts. Ich will schreien. Ich will wie verrückt schreien. Ich spür noch immer die Hand an meinem Hals, die zudrückt, plötzlich erkenne ich das Gesicht, ganz deutlic h … und dann ist auf einmal alles weg, schlagartig, sogar der Schmerz ist weg. Alles wird schwarz. Mein Leben ist vorbei. Und das ist das Beste, was mir passieren kann. Ich will, dass es vorbei ist. Ich will nichts anderes mehr. Lieber Gott, lass es vorbei sein.
    Ich wollte echt nicht mehr leben, das weiß ich noch ganz genau. Alles andere, wie gesagt, ohne Gewähr.
    Das ist auch der Grund, warum ich all das aufschreibe. Um die Löcher in meinem Kopf zu stopfen, so gut es geht.
    Die anderen haben natürlich alle bei der Polizei ausgesagt. Ein bisschen was davon weiß ich auch schon, jedenfalls sinngemäß. Die Frau vom Jugendamt kannte ich schon vom letzten Mal: Klara Lange. Die hat es mir bei einem Besuch erzählt.
    »Aber die einzelnen Teile des Tathergangs müssen erst noch zusammengesetzt werden«, meinte sie. »Mal sehen, was am Ende dabei rauskommt.«
    Auszug polizeiliche Vernehmung Benny
    Der sollte seine Pfoten von Frieda lassen. Ich war besoffen und hab gedacht, ich könnte mit Karsten reden. Ich hab Marlon überredet, mit rauszugehen und nach ihm zu suchen. Ich hab nicht vorgehabt, mich mit ihm zu prügeln oder so was. Ich wollte nur mit ihm reden. Und das ging besser, wenn Marlon dabei war. Ich hab aber auch befürchtet, dass ich die beiden irgendwo übereinanderliegend finde.
    Draußen hab ich nach ihr gerufen, immer wieder. Denn eigentlich hab ich sie gesucht und nicht ihn, das wurde mir in dem Moment klar. Jedenfalls hab ich mehr gehofft, sie zu finden als ihn, und zwar alleine. Es war sehr windig und keiner hat mir geantwortet.
    Es war auch niemand zu sehen. Wir sind hin und her gerannt wie blöd, wir waren beide total besoffen. Plötzlich war da dieser Zwerg, Friedas Cousin. Ja, Steve. Er stand auf einmal da und glotzte mich erschrocken an. Mit beiden Händen hat er sich das Bein gehalten. Irgendwas steckte in seinem Oberschenkel. Da war alles voll Blut. Dann sah ich, dass ein Messer in seinem Bein steckte.

32
    Benny und Marlon sind schon eine ganze Weile verschwunden. Ich könnte aber nicht sagen, wie lange, denn ich bin immer wieder eingeschlafen. Der Schlaf war so tief, als wäre ich bewusstlos. Als ich aufwache, bin ich immer noch völlig dicht. Außer einem riesigen Klumpen Blei habe ich nur Leere im Kopf.
    Ich hab nicht die leiseste Ahnung, wo ich bin, geschweige denn, was ich hier mache. Wie ein altersschwaches Nilpferd rappele ich mich hoch, torkle durch den Raum. An tausend Sachen stoße ich an, mit der Schulter, mit dem Kopf, mit den Beinen. Ich leg mich lang, schaff es mühsam wieder hoch. Das Brummen in meinem Schädel übertönt jedes äußere Geräusch.
    Mit einem Mal habe ich irgendwas im Mund. Als ich erkenne, dass es eine Kickerfigur ist und ich über dem Kicker hänge, wird mir wenigstens klar, dass ich in der Strandhütte bin.
    Ich höre meine eigene Stimme. Es hört sich an, als ob sie andauernd Marlons Namen nuschelt. Dann wieder bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich mir das vielleicht alles nur

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