Filmriss
sieht ganz danach aus, als wollte er ihn verprügeln, aber das klappt nicht. Karsten schüttelt ihn ab wie einen lästigen Köter. Dann sehe ich Benny nicht mehr. Er ist einfach weg. So plötzlich verschwunden, wie er gekommen ist.
Von einer Sekunde zur anderen wird mir schlecht. Am liebsten würde ich auf der Stelle kotzen, aber mein Kopf liegt auf Marlons Schoß und ich reiße mich zusammen. Marlon hat schon wieder eine Flasche in der Hand und grinst. Keine Ahnung, ob wegen Frieda oder Karsten oder ob er gar nicht mehr schnallt, was hier läuft.
Irgendwie rappele ich mich auf. Im selben Moment kommt Karsten hoch, also muss der inzwischen auch gelegen haben. Zuerst sehe ich nur seinen Kopf, dann nach und nach den Rest. Er kann sich kaum auf den Beinen halten. Ich selbst stehe auch schwankend da und schaff es gerade noch vor die Tür.
Die Kotze klatscht auf den gepflasterten Weg wie aus einer Wasserbombe. Die Luft hier draußen ist das einzig Gute, was es auf der Welt noch gibt. Ich lasse mich mit dem Rücken gegen die Holzwand fallen, damit ich nicht umkipp, bleibe dann so stehen und atme. Ein, aus. Ein, aus. Ich habe solche Sehnsucht nach kalter, klarer Luft.
Leute kommen und gehen. Vielleicht sind es immer dieselben zwei, drei Leute, die rein- und rauslaufen, keine Ahnung. Ich erkenne niemanden, sehe nur schattenhafte Konturen. Alles dreht sich, manchmal langsamer, dann wieder schneller. Mir ist total egal, was da drinnen läuft. Im Grunde ist mir sogar egal, dass es überhaupt noch ein Drinnen und ein Draußen gibt.
Ich habe eigentlich nur einen einzigen Wunsch: Ich will einfach nur irgendwo liegen, am besten in Marlons Armen, und dann einpennen und tagelang schlafen. Ich werde nie wieder einen Tropfen anrühren, nie mehr in meinem ganzen Leben, das schwöre ich. Und diesmal endgültig.
Mir wird schon wieder schlecht, ich schaffe es grad noch um die Ecke. Neben mir steht jemand und kotzt sich die Seele aus dem Leib, keine Ahnung, wer. Ich sacke runter in die Knie, würge immer weiter. Wo kommt das nur alles her? Irgendjemand klopft mir auf die Schulter.
»Mein Alter verliert seinen Job«, sag ich zu ihm, wer auch immer es ist.
Der Unbekannte winkt ab und verschwindet. Jetzt hock ich da, ganz alleine. Glaub ich jedenfalls.
Nach einem gefühlten Jahrtausend schaffe ich es, wieder aufzustehen. Danach finde ich mich immer irgendwo wieder, ohne zu wissen, wie ich da hingekommen bin. Alles ist wie in einem zerschnippelten Film, von dem man nur Bruchstücke sieht. Erst bin ich in der Hütte, dann wieder draußen. Einzelne Personen kann ich nicht erkennen oder voneinander unterscheiden. Die da mitten im Raum muss Frieda sein, glaub ich jedenfalls, die Nackte mit den dunklen Socke n … Aber sonst? Ist der Typ neben ihr vielleicht Karsten? Ich bin mir nicht sicher, alles verschwimmt vor meinen Augen. Knutschen die beiden? Obwohl ich es eigentlich gar nicht wissen will, bin ich plötzlich neugierig und geh näher ran. Unterwegs stoße ich mit einem Typ zusammen, der auch wie Karsten aussieht.
»Wer bist du denn?!«, schrei ich ihn an, die Musik ist so laut, dass ich mich selbst kaum versteh. »Gibt’s dich neuerdings zweimal oder was?«
Er stiert mich hohl an, weiß nicht, was ich von ihm will. Das muss der echte Karsten sein.
Plötzlich finde ich diese wundersame Verdopplung total witzig, fang an zu lachen. Dann liege ich hilflos auf dem Rücken wie ein Käfer. Ich lache immer noch, ich kann nicht aufhören. Eigentlich gar nicht so übel hier unten. Chaos da oben, alles dreht und bewegt sich, waberndes Weltall, zersprengtes Universum.
Jemand sagt immer wieder: »Die Welt von unten.« Bestimmt hundertmal nacheinander. Warum hält er nicht endlich die Klappe? Ist ja gut, Mann! Ist aber eine Mädchenstimme. Bin ich das selbst? Das Lachen hört auch nicht auf. Komisc h …
Irgendwo wollte ich doch hin, oder? Auf einmal hab ich es. Ich krabbele weiter, auf allen viere n … Aber wohin wollte ich noch mal? Woher soll ich das denn wissen, verdammt? Wird mir unterwegs bestimmt wieder einfalle n …
Genau: zu Frieda. Die hat mit Karsten geknutscht und hatte schwarze Socken an, sonst nix, nicht mal mehr den Arsch- BH . Und Karsten gab’s auf einmal doppelt. Zu den dreien wollte ich. Da sind plötzlich die Socken, direkt vor meiner Nase. Die eine Socke oben, die andere unten. Keine Schuhe. Meine Blicke wandern an den Beinen hoch, ein nackter Hintern, ein Tanga. Weiter oben eine Hand, viele Hände, Frauenbrüste,
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