Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
Vom Netzwerk:
Farm, eine Reihe farbiger Diener und über ein geregeltes Familienleben verfügt), ist der Tarzan der sechs MGM-Filme ein «athletischer, doch feinfühliger Naturbursche» (Heidi Pataki), ein eher amerikanisches als europäisches Ideal, ein Mann, der erst durch seine Frau sprechen und sich nicht anders als mit (meist berechtigtem) Misstrauen einem Menschen nähern lernt. Ein erotischer Kaspar Hauser, wird Tarzan von Jane bewusst und nicht ohne Schwierigkeiten zum Menschen erzogen; sie ist es, die die intellektuelle Führerschaft über die Familie übernimmt, der, zur Vollendung der Utopie, noch das Kind fehlt: In Tarzan Finds a Son ( Tarzan und sein Sohn ; 1939) führt Richard Thorpe, der insgesamt vier Tarzan-Filme inszenierte, Johnnie Sheffield als «Boy» ein, der, anders als der «Korak» in den Romanen von Burroughs, nicht leiblicher Sohn des Helden, sondern ein Findelkind ist: Ein Flugzeug ist über dem Urwald abgestürzt, und der Affe Cheetah bringt das Baby, das als einziges überlebt hat, zu Tarzan und Jane. Es komplettiert das Ideal einer Familie, die zugleich den puritanischen Zwängen in ein natürliches Paradies entkommen schien und ihren Idealen vollständig gehorchte.
    «Die Tarzanfilme haben den Gegensatz zwischen ‹Natur› und ‹Zivilisation› zum Thema – als utopisches Moment enthalten sie die Versöhnung mit der Natur. In den Weissmuller-Filmen ist das Leben der Menschen und Tiere auf gegenseitiger Hilfe aufgebaut; die Tiere helfen einander und dem Menschen, der wiederum ihnen hilft. Die Aufhebung des Kampfes ums Dasein ist damit intendiert – Tarzans Dschungel ist nicht darwinistisch! Ganz allgemein drückt sich darin eine zwar naive, doch ausdrückliche Opposition gegen die Welt des Geldes aus.» (Pataki)
    Und tatsächlich ereignet sich in den frühen Weissmuller-Filmen, mehr als in allen anderen Tarzan-Adaptionen, ein Glück, das zum einen durch den Frieden zwischen Mensch und Natur begründet ist und das zum anderen mit der Möglichkeit einer freien, nicht «genital fixierten» Erotik verknüpft ist, die es den Menschen erlaubt, alle sinnlichen Erlebnisse als erotische zu verstehen. Immerhin verkündete das italienische Centro Cattolico Cinematografico von den Tarzan-Filmen mit Weissmuller und O’Sullivan:
    «Von den Filmen geht eine schädliche Wirkung aus, eine gewisse Immoralität, und der junge Zuschauer kann von den zu knappen Bekleidungen der Helden verwirrt werden.»
    Dass diese Filme im Übrigen mehr als Illustrationen der eher regressiven und gelegentlich auch offen reaktionären Phantasien des Autors Burroughs sind, ist neben den Darstellern vor allem dem Produzenten Irving Thalberg und den Regisseuren W. S. van Dyke und Richard Thorpe zu verdanken, die mit einer für Filme dieses Genres außergewöhnlichen Sorgfalt inszenierten.
    Der spätere Held zahlreicher deutscher Karl May-Filme, Lex Barker, verkörperte Tarzan in einer Serie von Filmen, die mehr auf direkte Action und die Ästhetik des B-Picture setzten. Tarzan’s Magic Fountain ( Tarzan und das blaue Tal ; 1948, Regie: Lee Sholem) wurde ein großer Erfolg, vor allem bei den jungen Zuschauern. Barker spielte die Rolle ganz in der Tradition von Weissmuller, allerdings mit einem Schwerpunkt auf der weniger barbarischen Seite der Figur. Der Affe Cheetah wurde fast zu einem Nebenhelden in den Filmen, in denen der Dschungelheld über keine «Familie» verfügte. Tarzan and the Slave Girl ( Tarzan und das Sklavenmädchen / Tarzan greift ein ; 1949, Regie: Lee Sholem) und Tarzan’s Peril ( Tarzan rettet die Dschungelkönigin / Tarzan und die Dschungelgöttin ; 1950, Regie: Byron Haskin) verzeichneten noch passable Einspielergebnisse, aber mit Tarzan’s Savage Fury ( Tarzan, der Verteidiger des Dschungels ; 1951, Regie: Cyril Endfield) begann die Serie erheblich an Attraktion zu verlieren. Tarzan and the She-Devil ( Tarzan bricht die Ketten ; 1953, Regie: Kurt Neumann) kam schon als zweiter Teil eines Double Feature-Programms heraus. Trotz eines schon leicht exploitativen Charmes wurde die Geschichte um die böse Elefantenjägerin Lyra (Joyce MacKenzie), die Jane (Monique van Vooren) entführt, Lex Barkers letzter Tarzan-Film.
    Der vormalige Rettungsschwimmer Gordon Werschkull alias Gordon Scott übernahm die Rolle mit Tarzan’s Hidden Jungle ( Tarzan und der schwarze Dämon ; 1955, Regie: Harold Schuster). Er war ein irdischerer Tarzan, eine Art Handwerker der Action, dessen Filme in ihrer B-Klasse durchweg passabel

Weitere Kostenlose Bücher