Filmwissen
zunichte.
Michael Ritchie erzählte in The Island ( Freibeuter des Todes; 1979) eine eher abstruse Geschichte um einen Reporter (Michael Caine), der mit seinem 12-jährigen Sohn im Bermuda-Dreieck auf eine Insel verschleppt wird, auf der die Zeit vor 300 Jahren stehengeblieben scheint und eine Gruppe marodierender Piraten ihr Unwesen treibt. Dann geht es darum, dass der Sohn durch Gehirnwäsche so weit gebracht wird, dass er den Vater umzubringen bereit ist. Savage Islands/Nate and Hayes ( Insel der Piraten ; 1982, Regie: Ferdinand Fairfax) ist ein moderner Piratenfilm (er spielt, genauer gesagt, in den zehner Jahren unseres Jahrhunderts) und erzählt von dem Sklavenhändler «Bully» Hayes (Tommy Lee Jones), der sich von seinem brutalen Partner Ben Pease (Max Philipps) getrennt und ihn nun zum erbitterten Gegner hat, und der nun ein junges Paar zu seiner Trauung in die Missionsstation bringt. Doch während der Trauung überfällt Pease die Insel und entführt Sophie (Jenny Seagrove), während ihr Verlobter Nate (Miles O’Keefe) verwundet wird. Pease arbeitet mit dem deutschen Graf von Rittenberg (Grant Tilly) zusammen, der einen Stützpunkt für das Deutsche Reich in der Südsee errichten will. Nate und Bully Hayes tun sich schließlich zusammen und legen dem Verbrecher das Handwerk.
Roman Polanski versuchte sich an einer ironisch-prächtigen Hommage an das Genre mit Pirates ( Piraten ; 1986). Walter Matthau spielt den bärtigen Seeräuber-Captain Thomas Bartholomew Red, der trotz seines Holzbeines überall ist, wo Beute zu wittern ist. Am Anfang treibt er mit seinem jungen, naiven Gehilfen, genannt Frosch (Chris Campion), auf einem Floß im Ozean. Die Schiffbrüchigen werden von einer spanischen Galeone aufgenommen, an Bord aber wie Gefangene behandelt. Mit Hilfe einer toten Ratte, die er in die Suppe der Mannschaft legt, zettelt Red eine Meuterei an. Die aber misslingt kläglich, weil nichts da ist, womit sich die Meuterer bewaffnen könnten. Und so landen die Anführer unterm Galgen, dem sie in letzter Sekunde entkommen können. Im Kampf um einen wertvollen Aztekenthron aus purem Gold geht es zwischen den Seeräubern hin und her; mal ist das Schiff mit dem Schatz in Händen der Spanier, dann wieder haben es die Seeräuber an sich gebracht. Und neben dem cholerischen Käpt’n gibt es alles, was in einem Piratenfilm gut (und teuer) ist: Seegefechte, Liebesgeschichten, Naturgewalten, Action, Komik und – Farben. Noch kaum ein Abenteuerfilm hat wie Polanskis Piraten mit Farben gespielt und Stimmungen allein durch die Farbgebung erzeugt. Polanski hat indes wahrscheinlich recht, wenn er sagt:
«[…] Piraten ist eigentlich pure Unterhaltung. Jemand, der mehr will, wird enttäuscht sein. Es gibt in Piraten keine besondere Botschaft und nicht die geringste Absicht zu belehren. Es ist nichts als ein Spaß für junge Leute und nicht mehr. Und ich fürchte fast, dass das nicht das ist, was die Leute heute mögen .»
Dass Red und Frosch am Ende, wenn auch mit der Schatztruhe, wieder dort sind, wo sie begonnen haben: schiffbrüchig auf einem Floß treibend, das freilich gehört zu den Volten des Films, die hinter dem polternden Komödienspaß eine Melancholie sichtbar machen, die gerade in diesem Genre ungewohnt ist. Eine merkwürdige Mischung aus Slapstick, Genreparodie und existenzialistischer Verlorenheit hat Polanski da inszeniert, die indes nie wirklich in Fahrt kommt. Der große Kindertraum funktioniert nicht einmal mehr als Zitat, und Laurel & Hardy haben sich auf den Meeren endgültig in Ham und Clov verwandelt.
Was aber, wenn nicht der Spaß, von dem Polanski spricht, hätte es sein mögen, was die Leute an den alten Geschichten mochten? Ein Seeräuber-Revival nach dem anderen erwies sich jedenfalls als Flop. 1989 entstand George’s Island ( Fantasy Island, die Geisterinsel ; Regie: Paul Donovan), die Geschichte eines Waisenjungen, der sich auf der Flucht vor herrschsüchtigen Pädagogen in ein Piraten-Traumreich versetzt. Fraser C. Heston schuf eine neue Version von Robert Louis Stevensons Treasure Island unter dem Titel Devil’s Treasure ( Der Schatz des Teufels ; 1990), in dem sein Vater Charlton Heston die Rolle des Long John Silver spielte. In seiner atemlosen Erzählung bekam der Film aber den Zauber der Vorlage nicht in den Griff; vielleicht gehört eine gewisse «Langsamkeit» zum Piraten-Epos so wie das «wellenförmige» Erzählen zum Western. Oliver Reed ist Captain Billy Bones, Christopher Lee
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