Filmwissen
Neo-Sandalenfilme durchaus Publikumszuspruch, aber Troja zeigte auch schon die Schwäche des neuen, alten Genres. Wenn man über die politische Allegorie und das bedingt naive Männerkörper-Kino des Genres hinaus wollte, verlor man sich schnell in mystischem Nebel oder blieb in seiner Erzählweise eben dies: Action plus antike Kostüme.
Mehr oder weniger hält sich der Film an die bekannte Geschichte: Der trojanische Prinz Paris (Orlando Bloom) entführt im Jahr 1193 v. Chr. die schöne Helena (Diane Kruger), die Frau des Königs von Sparta. Um die Ehre wiederherzustellen zieht das Heer von Sparta und seiner Verbündeten gegen Troja. Das alles wird mit großem Aufwand und ein paar mehr oder weniger deutlichen Anspielungen auf aktuelle Ereignisse (aber auch mit einem Übermaß an filmischen und historischen Inkorrektheiten) wie ein großes Panorama entfaltet, dem aber die archaische Wucht der homerischen Phantasie ebenso fehlt wie eine Inspiration zur Neuinterpretation.
Zum größten Fiasko des Neo-Sandalenfilms wurde ausgerechnet Oliver Stones ambitionierter Film Alexander (2004), von dem der Regisseur nicht müde wurde, es als sein «Herzensprojekt» zu beschreiben. Es ist der greise Ptolemaios, der hier als Off-Erzähler für die Geschichte des großen Feldherren und Herrscher dient, die erst einmal leicht freudianisch gedeutet wird: Die problematische Jugend eines Jungen, der von seiner Mutter Olympias für einen göttergleichen Helden und historischen Führer, vom Vater, dem makedonischen König Philipp II., aber für einen Schwächling gehalten wird. Philipp wird ermordet und Olympias ist eine treibende Kraft hinter dem Komplott. Mit gerade 20 Jahren besteigt Alexander (Colin Farrell) den Thron von Makedonien und beginnt sogleich sein großes Werk mit ersten Eroberungsfeldzügen: Er unterwirft Völker in Persien, Ägypten und Indien, und träumt von einem Weltreich unter seiner Führung. Aber seine Soldaten wollen lieber nach Hause anstatt sich mit der Neuordnung der Welt bei den «Barbarenvölkern» zu plagen und das Volk murrt gegen seine Ehe mit der «Fremden», der Asiatin Roxane (Rosario Dawson). In dieser Situation sucht Alexander viel zu ausgiebig Trost im Wein und verfällt mehr und mehr dem Wahn. In einem seiner Anfälle tötet er seinen treuesten Freund Kleitos (Gary Stretch). Bald darauf wird er im Feldzug gegen Indien selbst schwer verwundet, das Heer zieht sich nach Babylon zurück. Auch sein Freund und Geliebter Hephaistion (Jared Leto) fällt einem Anschlag zum Opfer, und Alexander hält seine Frau Roxane für die Täterin. Doch als er sie töten will, erfährt er, dass sie schwanger ist. Noch bevor sein Sohn geboren wird, stirbt Alexander der Große.
Der Versuch, Geschichte, Politik und Privatleben miteinander zu verbinden, damit mehr als eine unverbindliche Beziehung dabei herauskommt, scheiterte in Alexander nach Meinung der meisten zeitgenössischen Kritiker und kommt einer Realisierung auch in der über drei Stunden langen Final Cut-Version nicht nennenswert näher. Die Psychologisierung, die sich zugleich so stark auf Alexanders Homosexualität stützt und sie nie explizit werden lässt (dem Vernehmen nach auf Druck der verschiedensten Seiten, darunter der griechischen Regierung, die verhindern wollte, dass der «Nationalheld» auf diese Weise «verunglimpft» würde), scheint so wenig zum Zeitbild beizutragen wie umgekehrt die Weltkulturen den Eroberungs- und Weltenbildner-Wahn des griechischen Feldherren zu erklären vermögen. Man könnte wohl sagen, Oliver Stone sei das Wagnis eines «hysterischen Sandalenfilms» eingegangen, habe aber dafür weder die richtigen Schauspieler noch das richtige Setting gewählt.
Das Gegenbild bot so etwas wie der «diskursive Sandalenfilm»: Spartacus ( Spartacus ; 2004, Regie: Robert Dornhelm) erzählt noch einmal die Geschichte des Sklaven (Goran Visnijic), der vom Leiter einer Gladiatorenschule, Lentulus (Ian McNeice) gekauft und zum berühmten Kämpfer in der Arena ausgebildet wird. Als Belohnung für seine Siege erhält er die Sklavin Varinia (Rhona Mitra) als Gefährtin. Doch Spartacus ist voller Zorn gegen die römischen Herren und als der Gladiator Draba (Henry Simmons) in einem Schaukampf für Crassus sterben muss, beginnt er den Aufstand. Spartacus ist ein «vernünftiger» Sandalenfilm, in dem offensichtlich alle Beteiligten sehr genau reflektieren, was sie tun.
Zumindest was Technik und Filmsprache anbelangt, setzte Zack Snyder mit 300
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