Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
Vom Netzwerk:
(Gabrielle Wilde) verliebt hat, verwickelt der draufgängerische junge Fechter seine neuen Freunde sogleich in die nächste Mission: Sie reisen nach England, um das bekannte Komplott gegen die Königin zu verhindern. Dabei kommen alle möglichen Gadgets, darunter auch ein Luftschiff zum Einsatz, und das ganze Unternehmen entwickelt sich zum gewaltigen Comic Strip-Spaß, der mit den ernsteren Aspekten der Vorlage nicht mehr das Geringste zu tun hat.
    Zu Beginn des Jahrzehnts hatte man in Europa noch nicht daran gedacht, nur Produktionsstätten und Kulissen für den historischen Abenteuerfilm im absoluten Irrealis beizusteuern. In Deutschland entsann man sich zu dieser Zeit einer historischen (Bühnen-) Figur, die schon mehrfach ihre Kino-Tauglichkeit unter Beweis gestellt hatte, am nachhaltigsten (und zweifelhaftesten) wohl in der Fassung des Jahres 1940, in der Hans Albers den ungarischen Abenteurer und Offizier spielt, der eine eigene Truppe zusammenstellt, um Kaiserin Maria Theresia im Erbfolgekrieg zu unterstützen. Der Zweiteiler Trenck – Zwei Herzen gegen die Krone (2003, Regie: Gernot Roll) erzählt noch einmal die Geschichte des Freiherrn von der Trenck (Ben Becker), der im Dienst von König Friedrich II. (August Zirner) steht und sich als Soldat so auszeichnet, dass er nach Potsdam in die königliche Kavallerie übernommen wird. Doch als er sich in die Schwester des Königs, Amelie (Alexandra Maria Lara), verliebt, kommt es zum Konflikt zwischen den beiden. Wesentlich frecher zeigte sich da eine feministisch-trashige Umkehr von Friedrich Schillers berühmtem Stück in Räuberinnen (2009, Regie: Carla Lia Monti).
    So schwer man sich möglicherweise mit der Rekonstruktion des «unschuldigen» Abenteuers in einer Epoche tat, die der unseren nun doch entschieden näher ist als Antike und Mittelalter, und die zugleich in ihrer Spaltung zwischen den Elementen der Modernisierung und der Beharrung, besonders komplizierte Beziehungen und Allianzen aufweist, so beliebt wurde zu dieser Zeit das Genre der historischen Romanzen, die sich auf die lebhafte und massenweise Produktion einer Romangattung beziehen konnte und von der ungebrochenen Popularität der «Adelsromanzen» profitierte. Während eine TV- Serie wie Tudors (2007–2010) einen neuen Ton in die Welt der filmischen Historienmalerei brachte, behalf man sich andernorts mit der Variation althergebrachter Modelle des historischen Melodrams. Elemente des Abenteuers flossen dabei in die hauptsächlich erotisch und familiär konstruierten Geschichten gleichsam am Rande ein. Gunpowder, Treason & Plot ( Maria Stuart – Blut, Terror und Verrat ; 2004, Regie: Gillies MacKinnon) erzählt noch einmal die Geschichte der Königin von Schottland, die von 1542 bis 1567 herrschte, bis sie ihre Rivalin, Elizabeth, wegen Hochverrats hinrichten ließ. Historische Melodramen wie The Other Boleyn Girl ( Die Schwestern der Königin ; 2008, Regie: Justin Chadwick) gaben sich dabei noch Mühe einen glaubwürdigen geschichtlichen Hintergrund für ihre Geschichten von Eifersucht, Aufstieg, Sex und Intrigen zu weben. Aber eben das war einst ein vordringliches Motiv des Abenteurers gewesen: Die Intrigen des Hofes, die Langeweile von Klatsch und Bettgeschichten, die familiären und beruflichen Zwänge hinter sich zu lassen. Von Soap-Operas, auch solchen im historischen Kostüm indes mag man halten was man will, für das Abenteuer sind sie nicht geschaffen.

Abenteuer im Retrolook
    Unter den vielen Crossover-Entwicklungen in der postmodernen Popkultur mag die Mischung von Science-Fiction, Fantasy und Abenteuer, die unter dem Namen «Steampunk» eine kurze Blüte zu Beginn des neuen Jahrhunderts erlebte, eine besonders symptomatische sein: Es ist eine Reise zu den Ursprüngen der populären Mythologie, wo Maschinen noch sichtbar und schön waren, Helden und Heldinnen durch ihre Kleidung erkennbar und der Geist von Abenteuer und Entdeckung sich in aller Unschuld entwickeln durfte. Aber es ist nicht nur eine Art des Recyclens der klassischen Stoffe von Jules Verne, Robert Louis Stevenson oder Edgar Allan Poe, es ist auch oft genug eine Revision, das Durchkämmen der Genre-Ur-Geschichten mit der Absicht, sie von Rassismus und Sexismus zu reinigen (oder umgekehrt, diese in ihnen angelegten, unsympathischen Impulse in einen dramatischen oder ironischen Selbstausdruck zu zwingen), und es ist eine Sehnsucht danach, ganz buchstäblich das Rad der Geschichte, wenn nicht anzuhalten, so doch auf

Weitere Kostenlose Bücher