Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
Vom Netzwerk:
l’invulnerabile als Vorläufer der späteren Fantasy-Filme gelten, die eine Verbindung von abenteuerlicher Aktion und Elementen von Märchen, Magie und Mythos schufen. Zunächst jedoch entwickelte sich das Genre in eine andere Richtung.
    Da waren zunächst die ironisch-archaischen Filme von Mario Monicelli um die Figur des Ritters Brancaleone. 1965 entstand L’Armata Brancaleone ( Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone ). Dieser sehr italienische Ritter trägt Züge eines Don Quichotte; er ist ein etwas heruntergekommener Vertreter seines Standes, mit klappernder Rüstung, ohne Lehen und Auftrag, mit einem Ross, das sich zumeist unwillig zeigt, seinem Herrn zu Willen zu sein. So zieht er von Abenteuer zu Abenteuer, immer bereit, das einzige, was ihm geblieben ist, seine Ehre (oder die Illusion, die er davon hat), zu verteidigen. Die meisten Kämpfe von Brancaleone, dargestellt von Vittorio Gassmann, nicht eigentlich komisch, sondern eher grotesk-tragisch, enden freilich als Farce oder in der Niederlage, und seine «Armee» besteht aus nichts weiter als einer Gruppe von Landstreichern. Hinter all diesen Missverhältnissen von Ursachen und Wirkungen, mit denen es der Held zu tun hat, wird aber auch sichtbar, wie absurd eigentlich alle diese kriegerischen und religiösen Auseinandersetzungen sind, zu deren Protagonisten sich Brancaleone gerne zählen würde. So wie Dummheit hier oft zum Heldentum führt, so entlarvt sich Heldentum selbst als Dummheit.
    Der zweite Film, den Monicelli mit Vittorio Gassmann in der Rolle dieses «Ritters von der traurigen Gestalt» drehte, Brancaleone alle crociate ( Brancaleone II – Auf Kreuzzug ins Heilige Land ), kam 1970 heraus.
    «Wie im ersten Teil hat auch hier der brave Ritter Brancaleone da Norcia im Sinn, das Heilige Land mit seiner ‹Armee› (ein paar Halunken, ein Prediger, einige Pilger, ein Aussätziger) zu befreien. Diesmal gelingt es ihm, nach einigen Abenteuern, vor die Mauern Jerusalems zu gelangen. Hier, bei einem großen Turnier zwischen arabischen und christlichen Rittern, welches über den Besitz der Heiligen Stadt entscheiden soll, ist er dabei, die Christenheit zum Sieg zu führen. Aber eine kleine eifersüchtige Hexe, die in ihn verliebt ist, lässt ihn von einer Kokosnuss zu Boden schlagen.
    Wie beim ersten Teil besteht die Geschichte aus einigen fast unabhängigen Stücken, deren Struktur ungefähr dieselbe bleibt. Es werden Erwartung und Hoffnung auf Brancaleone, auf seinen Mut und seine Kraft gesetzt: alles Mühen wird jedoch durch eine Kleinigkeit zunichte gemacht, oder die heldische Atmosphäre wird durch einen lächerlichen Schluss umgedreht. Wie man also sieht, gibt es sicher bei Brancaleone Ähnlichkeiten mit Don Quichotte; die Distanz jedoch ist nicht gering: Beim spanischen Helden ist die Auseinandersetzung mit dem Untergang des Rittertums, den Don Quichotte nicht begreift, die Quelle der Komik; bei Brancaleone ist es das Leben unter echten edlen Rittern – weil ohne Mittel, ohne Erfolg, ohne Prunk –, was ihn lächerlich macht. Die künstlerische Qualität zeigt sich besonders in der Gestaltung komischer Situationen; ein wichtiger Aspekt, der aus dem Zusammenkommen verschiedenster Sprachschichten und italienischer Dialekte erwächst, geht in der deutschen Fassung notwendigerweise verloren.» (Corrado Marucci).
    Dennoch sind diese Filme nicht unbedingt in der Reihe der Ritterfilm-Parodien, von The Court Jester ( Der Hofnarr ; 1955, Regie: Norman Panama und Melvin Frank) mit Danny Kaye in der Hauptrolle bis zu Monthy Python and the Holy Grail ( Die Ritter der Kokosnuss ; 1975, Regie: Terry Gilliam und Terry Jones), zu sehen; die Rekonstruktion der mittelalterlichen Welt, hier nicht allein mit ihrem Prunk und ihrer heroischen Atmosphäre, sondern auch von der anderen Seite, der Erbärmlichkeit und des schnellen Todes dargestellt, bemüht sich durchaus um Authentizität. (Die Entmodernisierung von Denken und Handeln der Helden im Genre ist sicher auch ein Schritt zu den heroisch-barbarischen Entwürfen der Fantasy-Filme.) Eine Ritterfilm-Parodie im eigentlichen Sinne ist im Übrigen auch Il Soldato di venture ( Hector, der Ritter ohne Furcht und Tadel ; 1975, Regie: Pasquale Festa Campanile) nicht. Es geht dabei vielmehr um eine jener Abenteuer-Komödien mit ausgedehnten, aber meist unblutigen Kämpfen mit dem bärbeißigen Bud Spencer in der Hauptrolle, die in den siebziger Jahren nachgerade zu einem eigenen Genre

Weitere Kostenlose Bücher