Filmwissen
den gefürchteten Seeräuber Brasiliano (Anthony Quinn) kämpft. Auch Flynns Weg indes führt hier über den Verrat; er gibt sich als Deserteur aus, um sich das Vertrauen der Piraten zu erringen, und wie in Anne of the Indies scheint die Piratin nur allzu bereit, auf diese List hereinzufallen, bevor sie sich ganz offen auf seine Seite stellt, während die Männer nie ganz ihr Misstrauen verlieren. Damit deutet sich auch an, dass die Piratin nicht vollständig Teil der Piratenwelt ist; ihrem swashbuckling bleibt der Ruch der Pose, mit der sie vielleicht die heimliche Sehnsucht, (bürgerliche) Frau zu werden, überspielt. Keiner Piratin gelingt es, so wie es Tyrone Power gelungen war, seine Prinzessin in die Piratenwelt zu führen, ihren Helden für das Piratenleben zu gewinnen.
Im Jahr 1952 wurden allein mehr als ein halbes Dutzend freilich von Aufwand und Staraufgebot her sehr unterschiedlicher Piratenfilme gedreht, wobei des öfteren noch die Frau im Mittelpunkt stand: In The Golden Hawk ( Lady Rotkopf ; Regie: Sidney Salkow) ist es Rhonda Fleming und in Caribbean ( Die Geliebte des Korsaren ; Regie: Edward Ludwig) Arlene Dahl. Je näher man allerdings einer Formel für den B-Piratenfilm kam, desto mehr sah sich auch die Frau in die traditionelle Rolle im Abenteuerfilm zurückgedrängt.
Es entwickelte sich gar so etwas wie ein «schmutziger», schwarzer und zynischer Piratenfilm. Raoul Walshs Blackbeard the Pirate ( Kampf um den Piratenschatz ) schließt gewissermaßen die «bürgerliche» Welt aus, und ganz konsequent droht so der Traum zum Albtraum zu werden. Es ist die Geschichte «eines gefürchteten englischen Piraten, voll von finster blickenden Seeleuten, blutigen Schlachten, geborstenen Schädeldecken, Kreuzigungs-, Trink- und Folterszenen». Im film-dienst hieß es seinerzeit:
«Am Ende plumpst der Schatz ins Meer, nachdem sie lange genug darum einander begaunert und bekriegt haben. Piraten unter sich – da hören die Spielregeln auf, alle kämpfen gegen alle, und jeder benimmt sich so wüst wie möglich. Die Hinterlisten verschlingen sich ineinander, bis schließlich dem Drehbuchautor nichts anderes übrig bleibt, als die Geschichte mit einem grausamen Effekt im Sande verlaufen zu lassen: der finstere ‹Schwarzbart› wird bis zum Hals in Sand eingegraben, und über seine rollenden Augen rollen die Wasser hinweg, während ein nicht übermäßig beneidenswertes Liebespaar in einem Kahn davonschwimmt.»
Wenn auch in diesen B-Filmen oft action und Intrige über die Elemente von Märchen und Traum siegten, so waren diese dennoch nicht gänzlich eliminiert in den low budget -Produktionen. Yankee Buccaneer ( Unter falscher Flagge ; 1952, Regie: Frederick de Cordova) ist sozusagen ein «Abfallprodukt» von Against All Flags : Als sich Errol Flynn während der Dreharbeiten verletzt hatte, nutzte man die Kulissen, den Stab und die Nebendarsteller, um in der Zwangspause einen weiteren Piratenfilm zu drehen. Es geht, in einer wieder etwas überkonstruierten Geschichte, um einen Kapitän (Jeff Chandler), der sein Schiff unter Piratenflagge segeln lässt, um so hinter die Pläne der Spanier zu kommen. Thematisch und von der Konstruktion seiner Helden her war der B-Piratenfilm also wieder dort angelangt, wo das Genre mit seinen frühen Tonfilm-Adaptionen der Sabatini-Stoffe begonnen hatte: bei dem Piraten, der eigentlich keiner ist. Filme wie Captain Pirate und zwei Filme, die Sidney Salkow 1953 drehte, Prince of Pirates ( Piraten an Bord ) und Raiders of the Seven Seas ( König der Piraten ) markieren den Höhepunkt des amerikanischen B-Piratenfilms, der seine Fortsetzung in England und vor allem in Italien finden sollte.
Aber noch im Jahr 1952 hatte Robert Siodmak mit seinem The Crimson Pirate ( Der rote Korsar ) den letzten wirklichen Klassiker innerhalb des Genres geschaffen, einen Film, der obendrein in der Feier des Piratenlebens den Black Swan noch übertrifft.
Vallo (Burt Lancaster) ist ein mit allen Wassern gewaschener Piratenkapitän. Er erklärt sich dazu bereit, im Dienste eines Barons den gefürchteten Rebellenführer El Libre (Frederick Leister) zu fangen. Zuvor will er ihm freilich die 3.000 Musketen verkaufen, die er auf dem Schiff des Barons erbeutet hat. Als er jedoch auf der Insel Cobra gelandet ist, erfährt er, dass El Libre bereits gefangengenommen wurde. Er lernt dessen hübsche Tochter Consuela (Eva Bartok) kennen, verliebt sich in sie, und dies gibt Ärger mit seiner Mannschaft, die
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