Filmwissen

Kontextes, ist nur schwer vorstellbar, dass dieser Film an einem Anfang gestanden haben soll: von seiner Idealität für das Genre her (übertroffen bedingt nur durch den Crimson Pirate von Siodmak) wie durch seine Subversivität dem Genre gegenüber kann man sich den Black Swan kaum anders als auf dem Climax der Bewegung denken – und der lag genau ein Jahrzehnt später.
    Erstaunlicherweise basiert die Story zu diesem Film auf einem Roman eben jenes Rafael Sabatini, der mit seinen Vorlagen zu den ‹Captain Bloods› und den ‹Sea Hawks› dem Piraten-Großfilm mit zu seiner Entstehung verhalf. Der Held (dargestellt durch Tyrone Power) ist nie etwas anderes gewesen als Pirat, ein ziemlich unbedarfter Mensch, versoffen, beinahe imbecil; die beiden wüsten, aber nichtsdestoweniger sympathischen Männer des Films sind ein ehemaliger Piratenführer, den die Staatsraison unter dem Galgen zum Gouverneur von Jamaica gemacht hat und der dieses Amt bald zu hassen beginnt und sich auf See zurückwünscht (Laird Gregar als Sir Henry Morgan) sowie ein Vollblutpirat, der lieber sterben als sein ungezwungenes Leben auf See aufgeben will und die eigentlich tragische Figur des Films ist (George Sanders als Captain Billy Leech); Intrigant und Verräter (und natürlich Nebenbuhler des Helden um die Gunst der schönen Frau) ist ein adeliger, Wohlanständigkeit nicht nur heuchelnder Perückenmensch der offiziellen Politik; Freund des Helden und sein Schatten ist Tommy Blue (‹blue› für die See, die Treue und den Suff), eine bereits rein karnevaleske Figur (Thomas Mitchell); die schöne Dame ist zwar wie gehabt die Tochter des (ehemaligen) Gouverneurs (Maureen O’Hara), doch lässt sie sich eher von Tyrone Power in das Piratenmilieu ‹heben › , als dass sie den Piraten zu einer bürgerlichen Existenz ‹erniedrigen› würde. Er und sie stehen zum Schluss vereint an Deck des Piratenschiffes, hinter ihnen steht eine große rote Sonne. Henry Morgan kratzt sich seine kurzen, von der Perücke endlich befreiten Haare und sagt: ‹Auf See ist es viel schöner … Die Welt liegt offen vor dir und wartet, dass du sie dir nimmst …› Tommy Blue vor dem blauen Himmel: ‹Du könntest die ganze Karibische See beherrschen, wenn du es sagst …› Morgan sieht ihn und sie vor der roten Sonne sich küssen und gibt sich einen Ruck: ‹Das ist das Ende der spanischen Seemacht!› verfügt er vergnügt. Piraterie! – trotz des ‹offiziellen› Verbots, trotz des ‹offiziellen› Friedens mit Spanien, und wenn es sein muss, gegen alle Flaggen! …
    Welch ein Unterschied gegenüber dem Schluss des Warner/Curtiz- Sea Hawk , wo wir einem feierlichen Staatsakt, bei dem Errol Flynn von der Königin geadelt wird, beiwohnen.
    Erst der Black Swan (und damit in der Nachfolge des Fairbanksschen Black Pirate , doch eben von anderen, nichtautorenhaften, Voraussetzungen aus) akzeptiert den Piraten als das, was er ist und sein will: als Piraten – und damit sich selber als ersten Piratenfilm ! Er markiert so die Geburt des Genres, setzt alle Filme der Folgezeit instand, sich seiner zu bedienen, ihn nach Herzenslust wie eine reiche spanische Galeone zu plündern. Entfallen kann nun die bislang ebenso unumgängliche wie umständliche Exposition des Helden: dass er ein Pirat ist, muss nicht mehr weitschweifig und thematisch begründet und entschuldigt werden, seine Vorgeschichte kann sich auf wenige Pflichtdialoge reduzieren; ein unverbesserlicher Pirat, böse, aber doch imponierend, kann zum zweiten Star des Films aufsteigen, braucht nicht mehr nur schematischer Antagonist des Helden zu sein; die Frau kann aus ihrer rein funktionalen Rolle als Katalysator des Helden heraustreten, im Endeffekt sogar selber eine Piratin werden; es wird möglich, den Helden und/oder die Heldin als nicht mehr unbedingt und einseitig gebunden an die Kodexe ihres Gesellschaftssystems (das es damals eh nur als adeliges, höfisches gegeben hat) darzustellen; das Hauptmotiv, der Hauptwiderstand können innerhalb des Piratenhaften selber zu liegen kommen, müssen nicht mehr von politischen Rankünen welcher Art auch immer definiert werden: mit dem Auslöschen, zumindest aber dem Abnehmen der Staatsraison als einem Dominierenden – für die Protagonisten wie für die Dramaturgie des gesamten Films – kann die Logik (das Dramatische …) als das ordnende Prinzip in Frage gestellt, überführt, zeitweise extinguiert, kurz zum Spielball werden.
    Die Himmel im Black Swan sind in