Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
eines Gartenstuhl halten, obwohl Maman protestiert hatte. »Ich will nicht, dass er mir alles vollhaart!«
Aber niemand hörte auf sie. Jetzt, langsam, glaubte Filou wieder ans Paradies. Deshalb ließ er es sich sogar gefallen, dass man ihm ein Band um den Hals legte, das aufdringlich roch. Es war nicht mit einer Leine verbunden, konnte also nicht wirklich gefährlich werden. Und wie hatte Fidel noch gesagt: »Freiheit von Mangel ist die wahre Freiheit.«
Als Marla ins Bett ging, trottete er satt und faul hinter ihr her.
»Maria Lara! Ich dulde kein Haustier in deinem Bett!« Die Maman. Das konnte ja heiter werden.
»Er hat sein eigenes Bett, Maman! Im Puppenwagen! Und er fürchtet sich, wenn er allein bleiben muss!«
Wer fürchtet sich? Ich? Filou streckte die Beine durch und ließ den leicht gesträubten Schweif provokant auf Halbmast wippen. Das war eigentlich unmissverständlich und hieß: Wer mich unterschätzt, ist selbst dran schuld.
Marlas Papa schien das begriffen zu haben. »Der und sich fürchten?« Der Mann lachte, fast so laut und lange wie damals, bei ihrer ersten Begegnung. »Was meinst du wohl, was so ein herrenloses Tier schon alles erlebt hat! Komm, Ivonne. Lass die beiden doch. Ein köstliches Paar!«
Filou schlief tief und ruhig und wachte erst auf, als Marla ihn an der Nase kitzelte. »Wach auf, Hübscher. Es gibt Frühstück.«
Frühstück fand draußen auf der Terrasse statt. Leider saß diesmal nicht nur Papa am gedeckten Tisch. Maman stand dabei und gab Kommandos.
»Das Tier darf nicht auf den Tisch, Maria Lara.«
»Nein, Maman«, sagte Marla brav und stellte Filou ein Schüsselchen mit köstlichem Katz-Gourmet auf den Boden, das er in Windeseile verputzte.
»Und es gibt auch keinen Schinken mehr. Das Tier soll sich gar nicht erst an das gewöhnen, was wir Menschen essen.«
»Er heißt Filou, Maman«, sagte Marla. »Und er ist ganz brav.«
»Und keine Häppchen zwischendurch. Einmal am Tag Futter reicht voll und ganz.«
Filou hörte nicht zu. Er war im Paradies. Die köstlichsten Düfte wehten vom Tisch her vor seine Nase, aber das alles interessierte ihn nicht, solange sein Napf gefüllt war. So konnte das Leben weitergehen: ohne die ewige Suche nach Futter. Ohne die Kämpfe vor dem Fischstand. Ohne die vier schwarzen Quälgeister und die zickigen Katzendamen. Ohne Kälte und Nässe und das Genöle von Luc.
»Wenn er zu viel frisst, wird er fett. Das ist nicht gut für ihn.«
Filou stellte die Ohren auf Durchzug. Maman. Schon wieder Maman. Waren alle Frauen so? Sie kam ihm vor wie Lucrezia. Immer meckern. Niemals still sein.
Und siedendheiß fielen ihm seine Pflichten ein. Ob Marla ihm auch jetzt noch ein Extradöschen geben würde? Oder war ab heute das Futter rationiert? Und – hatte er überhaupt noch Ausgang?
Lange musste er im Garten Bällchen fangen und Mäuschen jagen, bis sie ihn endlich erlöste. »Ich weiß, was du willst, Filou«, flüsterte sie, als er ermattet und schwer atmend unter dem Mimosenbaum lag. »Und ich hab da auch was für dich.«
ACHTZEHN
E r war noch nicht richtig bei Atem, und da sollte er schon wieder los? Es musste wohl sein. Filou rappelte sich hoch, packte das unhandliche Teil und trabte davon. Natürlich war er Marla unendlich dankbar, dass sie auch an Luc zu denken schien. Das Leben ist gut, dachte er und legte einen Schritt zu.
Wenn da nicht dieser Lärm wäre. Dieses blecherne Geräusch. Dies Geschepper und Gebimmel. Es war ganz in der Nähe, ja, es schien hinter ihm herzulaufen, doch wohin auch immer er den Kopf wandte: Er konnte nichts entdecken.
Als er durch die Ligusterhecke kroch, glaubte er für wenige Minuten, das Geräusch hinter sich gelassen zu haben. Doch beim Kriegerdenkmal war es wieder da, das wüste blecherne Getöse, diese Beleidigung für feine Katzenohren, das ihn ganz irr und wirr im Hirn machte.
Filou blieb stehen, ließ die Dose fallen und atmete tief durch. Ruhe. Himmlische Ruhe. Was für eine Erlösung.
Er schüttelte sich von der Schwanzspitze bis zum Kopf, wie befreit. Doch da war es wieder, das Gebimmel und Geschepper, heftiger und näher als zuvor. Ratlos kratzte er sich hinter seinen malträtierten Ohren – und endlich begriff er, was los war. Er trug das Gebimmel bei sich. Er war das Gebimmel. Man hatte ihm das Gebimmel ans Halsband gehängt.
Mit wachsender Verzweiflung lief er weiter. Er war nicht zu überhören. Das Glöckchen lockte sie an wie die Schmeißfliegen. Kurz vor der Ruelle des Camisards
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