Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
Zähne, was gar nicht so einfach war, obwohl sie nicht schwerer war als ein solides Hühnerbein.
»Geh mit Gottes Segen«, sagte Marla salbungsvoll.
Filou trabte los. Als er in der Rue Basse angekommen war, tat ihm das Maul weh. Das gab mindestens zwei Tage Maulsperre, dachte er wehleidig.
Luc war zu Hause, lag auf ihrem Lager, putzte sich und machte wieder auf arme alte Seniorin, so, als habe die wilde Jagd nie stattgefunden, auf der sie vier Kampfkater und einen durchgeknallten Hund in die Flucht geschlagen hatte.
Aber das musste er hinnehmen. Es schien sein Schicksal zu sein, bis ans Ende ihrer Tage für sie zu sorgen.
»Hier«, sagte er atemlos und ließ die Dose fallen. »Hab ich dir mitgebracht.«
»Was soll das denn sein?«, fragte Luc und setzte vorsichtig die rechte Tatze auf das kühle glänzende Ding.
»Man isst es. Es nennt sich Katz-Gourmet.«
»Steinhart«, knurrte sie. »Und so was bringst du mir! In meinem Zustand!«
Ja, ja, dachte Filou. Erzähl mir mehr. Andererseits – sie konnte ja wirklich nicht ahnen, was sich unter der glänzenden Hülle versteckte. Wenn er nur wüsste, wie man das Ding öffnete! Bei Marla hatte das kinderleicht ausgesehen.
Er legte seinerseits prüfend die Krallen auf die runde Dose.
»Pfote weg«, fauchte Luc. »Die gehört mir!«
Und sie machte sich mit Klauen und Zähnen an die Arbeit. Irgendwann war es ihr tatsächlich gelungen, ein Loch in den Deckel der Dose zu reißen, gerade groß genug für eine Katzenpfote. Sie schaufelte ein paar braune Brocken heraus, beroch sie misstrauisch, probierte, schluckte und löffelte dann gierig eine Portion nach der anderen aus der Dose, die sie sich von der Pfote leckte.
»Gut, nicht?«, sagte Filou mit überlegener Kennermiene.
»Gibt’s da noch mehr, wo das herkommt?«, fragte Luc schmatzend.
»Weiß nicht«, antwortete Filou unschuldig.
Er wollte und er konnte sein Paradies nicht an Luc verraten. Niemals. Auch wenn er ihr sein Leben schuldete.
SECHZEHN
D och ein Gedanke ließ ihn nicht mehr los und beschäftigte ihn bis zum nächsten Tag. Er führte ein Doppelleben. Lebte nicht wirklich hier und nicht richtig dort. Wenn er ehrlich war, wusste er nicht, wie es weitergehen sollte.
Aber was tun?
Unwillkürlich lief er langsamer und überhörte sogar das heisere Kläffen des Dobermanns, der hinter seinem Zaun tobte.
Wie sich entscheiden?
Fast wäre er von einem Kinderwagen überfahren worden, den eine stämmige Frau resolut durch die Gegend schob.
Endlich war er am Kriegerdenkmal, wo er sich unter den duftenden Lavendel legen wollte, um nachzudenken. Doch da lag bereits jemand. Vor dem Denkmal ruhte ein weißes Etwas, den runden Kopf mit der schwarzen Schnauze auf die Pfoten gelegt. Fidel, der Mops. Der Dicke mit dem Ringelschwanz.
Filou fragte sich anteilnehmend, wie sich das anfühlte, so ein kleines Ringelschwänzchen zu haben anstelle des enormen Buschs, zu dem er seine Rute aufplustern konnte. Und überhaupt – wie war es wohl, ein Hund zu sein? Und auf »Platz!«, »Sitz!« und »Aus!« hören zu müssen? Bestimmt nicht angenehm.
Er kam näher. Und schon erblickte er den Beweis für die Schrecken eines Hundelebens. Es durchfuhr ihn eisig, als er sah, was man Fidel angetan hatte. Der Mops trug einen Lederriemen um den Hals, an dem wiederum ein anderer Lederriemen befestigt war, den man ans Eisengitter gebunden hatte, mit dem das Gärtchen zu Füßen des Denkmals umzäunt war. Was hatte sich der Mops zuschulden kommen lassen? Was bezweckten die Menschen mit einer solchen Strafe? Hatte er sich gewehrt? Lag er deshalb völlig erschöpft da, resigniert in sein Schicksal ergeben, seiner Freiheit beraubt zu sein?
Filou blickte sich um. Niemand zu sehen, kein Mensch in der Nähe. Trotzdem duckte er sich, als er zu dem Dicken hinüberschlich. »Hallo, Fidel«, flüsterte er ihm ins Schlappohr. »Kann ich dir helfen?«
Fidel gähnte, öffnete die großen dunklen Augen und schien eine Weile damit beschäftigt, Filou wiederzuerkennen. Endlich war der Groschen gefallen. »Ah, da ist ja mein roter Freund. Wie geht’s uns denn heute?«
Mir geht’s gut, hätte Filou am liebsten geantwortet, ich bin ja auch kein Hund. Aber das wäre ihm herzlos vorgekommen.
»Kannst du die Leine durchbeißen?«, fragte er. »Und was ist mit dem Halsband?«
»Was soll damit sein?« Fidel gähnte wieder. »Und warum sollte ich in die Leine beißen? Sie ist nicht sonderlich schmackhaft.«
»Ich würde dich gern befreien, wenn ich
Weitere Kostenlose Bücher