Finale auf Föhr
Gefühl, als seien beide nicht wirklich zur Zusammenarbeit bereit. Seyfried würde keine wichtigen Informationen herausrücken und der Journalist wollte seine Exklusivstory, ohne womöglich von der Polizei behindert zu werden. Das Ganze war im Patt gelandet.
Der Hafenmeister
Das kurze Stück gingen sie zu Fuß. Die Gegend war nicht allzu schön mit ihren Lagerhäusern und Gewerbebetrieben, aber aufgeräumt und sauber wie alles auf der Insel. Gegenüber einer kleinen Bootswerft, die aus zwei merkwürdigen grünlichen Wellblechgebäuden und einem großen, teilweise grasbewachsenen Platz davor bestand, lag der Yachthafen. Weiter die Straße hinunter waren zwei der großen Windrotoren zu sehen, die auf der Insel immer zahlreicher wurden.
Seyfried und Kohlmann, Ina im Schlepptau, stiegen auf der Steintreppe über den Deich, bahnten sich den Weg durch einige Schafe, die hier gerade am kargen und leicht verbrannten Gras rupften, und betraten den Steg, der auf den Eingang zuführte. Das Gittertor stand offen, darüber das mit einem Wappen und einem Föhr-Logo verzierten Schild »Sportboothafen Wyk auf Föhr«. Die Anordnung der Bootsanleger erinnerte Ina an eine vierzinkige Gabel. An der linken Schulter dieser Gabel befand sich ein kleines weißes Gebäude mit Flachdach, wohl das Domizil des Hafenmeisters. Überall lagen Boote, meistens Segelboote, aber auch etliche Motorboote. Darüber hinweg sah man auf den Fähranleger, an dem gerade ein Schiff der Feringer Inselreederei anlegte.
Omme Tadsen war informiert, dass sie kamen. Er musste, dachte Ina, auf jeden Fall ein Einheimischer sein, ein Friese. Dafür sprach schon der komische Name. Knudsen, Tadsen, Petersen, Hansen, Iversen ... das waren alles so dänisch klingende Namen.
Tadsen war ein mittelgroßer, breiter und kräftiger Mann unbestimmbaren Alters, vielleicht fünfzig Jahre alt, so richtig wettergegerbt. Ein Mann, der nicht viele Worte machte, aber das Zupacken gewohnt war. Den blauen Elbsegler nahm er nicht einmal ab, trotz der Wärme.
Der Mann war nicht sehr mitteilsam, man musste ihm förmlich alles aus der Nase ziehen. Er ließ sich absolut nicht motivieren, von sich aus etwas zu erzählen. Der Seyfried trat auch nicht gerade verbindlich auf, stellte Ina für sich fest. Das verstand sie nicht. So verprellte er die Leute erst mal ordentlich, statt sie einzuwickeln, damit sie auspackten. Ina lächelte über ihr eigenes Wortspiel. Seyfried ließ ziemlich schnell jeden um sich herum merken, dass er und nur er allein der King war. Dem Hafenmeister konnte er so allerdings nicht kommen, das spürte sie. Der hatte sicher viel Erfahrung mit reichen und prominenten Leuten – und mit solchen, die sich für besonders wichtig hielten. Dazu zählte sie vorläufig auch den Kommissar aus Kiel.
Im Gespräch mit dem Hafenmeister ging es hauptsächlich um das Boot der Siewerings, deren Gewohnheiten und um die Nachbarn an den angrenzenden Liegeplätzen. Sie ließen sich die Namen sämtlicher Yachthafenbenutzer aushändigen, die der Dauerplätze ebenso wie die der Kurzzeitgäste. Bis dahin war das Gespräch wenig ergiebig gewesen, aber nun wurde es spannend.
»Wir haben erfahren, dass es an Bord des Bootes am späten Nachmittag des 2. August einen Streit Hermann Siewerings mit einem anderen Nutzer des Sportboothafens gab. Sie wurden mir als Zeuge dieser Auseinandersetzung benannt. Bitte berichten Sie von Anfang an!«, forderte Seyfried.
»Also eigentlich kann ich mich da nicht so genau dran erinnern«, wich Tadsen zu Inas Verblüffung aus. Oder wollte er einen Bekannten schützen? Die Insulaner zankten sich zwar manchmal bis aufs Blut, aber gegenüber Festländern hielten sie wieder zusammen wie Pech und Schwefel.
»Herr Tadsen, wir wissen ganz genau, dass Sie nicht nur den Streit beobachtet haben, sondern auch jemandem davon berichtet haben. Vielleicht frischt es Ihre Erinnerung auf, wenn wir dieses Gespräch auf der Wache fortsetzen und diese Person dazuholen?«, mahnte Seyfried ungeduldig.
Tadsen war sichtlich ärgerlich. »Wenn Sie das schon wissen, warum fragen Sie mich überhaupt? Ich hab hier noch anderes zu tun, als sinnlose Gespräche zu führen«, murrte er, bequemte sich aber schließlich zu einer konkreten Aussage. »Also so ganz genau weiß ich die Uhrzeit nicht mehr. Es kann so etwa sechs Uhr gewesen sein. Ich hatte auf dem Bootssteg nahe dem Boot der Siewerings etwas an einem Liegeplatz zu richten. Das war vielleicht zwölf, dreizehn Meter von dem Boot der
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