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finde-mich-sofort.de (German Edition)

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Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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diesmal im Berliner Zoo.
    Berlina kannte sich mit Tieren aus. »Kiek ma hier, Tatjana, dit sind Graugänse. Die Vahaltenstherapie fußt quasi uff dem Vahalten von denen. Graugänse werden och in die Forschung mit einbezogen. Dit Erstaunliche is, wenn die schlüpfen und die Augen aufschlagen, is dit, wat die als Erstes sehen, ihre Bezugsperson.«
    »Dann könnte ich auch ’ne Graugans sein«, versuche ich zu scherzen. »Wenn ich morgens die Augen aufschlage und neben mir ein Mann im Bett liegt, dann folge ich ihm hirnfrei die nächsten Wochen. Das muss Biochemie sein. Bei mir jedenfalls … meistens.«
    Aber soweit sollte es mit Berlina und mir nicht kommen. Stattdessen hörte ich von ihm so manches über seinen Kumpel, der in Südafrika auf die Jagd ging, über Giraffen, Antilopen und Elefanten.
    »Kieck ma, Tatjana, dit sind asiatische Elefanten«, sagte er.
    »Woran erkennst du das so schnell?«
    »Na, an den kleenen Ohren!«
    »Oh!«, sagte ich und schaute auf meine Brust. Ich konnte, ohne mich vorbeugen zu müssen, meine Füße sehen, weil rein körperlich nichts die Sicht verdeckte.
    »Da bin ich wohl auch ein asiatischer Elefant!« *lach*
    Nach dem Zoobesuch schien die Sonne immer noch, ich war ausgesprochen gut gelaunt, fühlte mich von meinem Begleiter – dem Psychologen – verstanden und hatte das Gefühl, ihn schon jahrelang zu kennen. Darum bat ich meinen neuen Seelenklempner-Freund, mich noch schnell zu Mango am Ku’damm zu begleiten.
    Berlina s Augen weiteten sich sofort panisch. Ich versuchte, ihn zu beruhigen: »Ich will mir nur schnell ein ganz bestimmtes Kleid kaufen. Das habe ich heute morgen in der Zeitungswerbung gesehen.«
    »Na jut, ick komme mit. Aber eijentlich sind mir shoppende Frauen een Jräuel!«
    Ruckzuck hatte ich ihn in den Laden, ganz in der Nähe vom Zoo, gelotst, auf einen Hocker gesetzt, das Kleid im Vorbeigehen gegriffen, und schon probierte ich es an. Ich betrachtete mich aufmerksam im Spiegel. Das tief ausgeschnittene Dekolleté ließ meinen Busen gut zur Geltung kommen und vergrößerte ihn optisch. Der weiche Baumwollstoff schmiegte sich angenehm an meinen Körper. Ich fand, dass es mir noch besser stand als die anderen fünf roten Kleider, die bereits in meinem Schrank hingen. Als ich aus der Umkleidekabine trat, um mir Berlina s Komplimente abzuholen, sah er mich über seine Brillengläser hinweg an und signalisierte etwas mit hektischen Handzeichen.
    Ich verstand diese Zeichensprache nicht. »Was hast du denn?«
    »Na, da sieht man dein Hüftfleisch, du weeßt schon …«, zischte er so leise, wie es aus fünf Metern Abstand möglich war.
    Da war es wieder, mein Liebeslenkerproblem!
    Im Zeitalter der Hüfthosen, deren Bund kurz über dem, heute ja nicht mehr salonfähigen Schamhaar endet, ist das besonders fatal. Kaum sitzt man, hängt der Bauch über dem Hosenbund.
    Alexandra, der als ausgebildeter Krankenschwester nichts Menschliches fremd ist, erklärte mir einmal: »Bei Frauen ab vierzig ist das völlig normal, der Stoffwechsel ändert sich!«
    »Ehrlich? Da hilft nichts mehr?«, fragte ich entsetzt.
    »Nee! Gar nichts!«
    »Doch, ich weiß was«, widersprach ich, »jeden Tag zwanzig Minuten nackig vor den Spiegel stellen und an den zunehmenden Verfall gewöhnen!«
    So habe ich das früher auch mit dem Abwasch gemacht. Weil ich meinen Freund nie dazu bringen konnte, den Abwaschlappen in die Hand zu nehmen, türmten sich die schmutzigen Teller und Tassen. Ich setzte mich dann davor und erhöhte meine Leidensfähigkeit durch Selbstdisziplin, indem ich den widerwärtigen Anblick durchzuhalten versuchte. Das wirkte sehr entspannend, ist aber im Zeitalter des Geschirrspülers als Fähigkeit kaum noch nutzbar.
    Nun stand ich also in meinem neuesten Lieblingskleid vor dem Spiegel, schaute traurig auf mein, sich über dem Slip stauendes Hüftfleisch und musste mich von diesem unsensiblen Psychologen in aller Öffentlichkeit darauf hinweisen lassen. Die Verkäuferin eilte mir zu Hilfe. Ihr war die Bemerkung nicht entgangen. Sie antwortete an meiner Stelle und bedachte Berlina mit einem bösem Blick: »Das sieht doch toll aus und muss so sitzen. Außerdem wird es sich beim Tragen noch etwas weiten!«
    »Ich ziehe einfach keinen Slip an, der kneifen könnte, so!«, giftete ich ebenfalls in seine Richtung und ärgerte mich, diesen Banausen überhaupt mitgenommen zu haben.
    Nach insgesamt zehn Minuten war das Kleid gekauft und Berlina sehr erleichtert, den Laden wieder verlassen

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