Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
finde-mich-sofort.de (German Edition)

finde-mich-sofort.de (German Edition)

Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
Vom Netzwerk:
überhaupt?«
    »Ich war ziemlich lange mit ihr zusammen … Alles perfekt: Haus, Hund, usw. … Dann mal ein Jahr Trennung, ich ›reumütig‹ zurück, und dann hatte ich eine Eingebung, ob dass das Leben ist, welches ich leben wollte, und fand relativ schnell eine Antwort. Da eine auf Kompromisse aufgebaute Beziehung doch eher wacklig ist und mein Zeitproblem wegen meiner Selbstständigkeit auch nicht unbedingt dienlich war …«
    »Ja? Du hast dich aus Zeitgründen getrennt?«
    »Nein, nicht nur, aber das führt jetzt zu weit!«
    Ich finde seine Antworten nicht präzise genug. Weicht er mir aus? Riesling und Spaghetti werden gebracht. Carsten ist sehr aufmerksam. Er streut mir den Parmesan über meine Nudeln. Was für schöne schlanke Hände er hat!
    Nach dem Essen bin ich etwas entspannter; mein Kopf ist zu ein bis zwei klaren Gedanken in der Lage. Glaube ich jedenfalls und muss verwundert feststellen, dass ich nichts Negatives an ihm bemerke. Er ist offen und lustig. Wir erzählen ohne Scham von unseren bisherigen Interneterlebnissen und unseren bisherigen Beziehungen.
    »Glaubst du«, frage ich, »dass du mit deiner Ex wirklich fertig bist?«
    »Ja, warum?«
    »Beim Chatten bin ich mal auf Glücklos gestoßen. Der schrieb als Motto: Nach schwerer Enttäuschung endlich wieder glücklich sein. Mir stehen jetzt noch die Haare zu Berge, wenn ich daran denke. Der Mann war ein Jammerbolzen, haderte mit sich und der Welt, wollte Trost und schrieb nur über seine Verflossene. Ich finde so was schlimm!«
    »Ich auch. Ich denke aber, dass er trotzdem eine Frau finden wird, ich habe einige Frauen kennengelernt, die mitleidig sind und gern Männer verhätscheln. Ich mag so was nicht.«
    »Mhm. Wer unglücklich ist, macht andere auch unglück-lich.«
    Blödes Thema. Ich versuche Carsten mit meinem Lieblingswitz zum Lachen zu bringen.
    »Warum braucht es neunzig Millionen Spermien, um ein Ei zu befruchten? Weil Männer niemals nach dem Weg fragen!« Er lacht und zündet sich eine Zigarette an.
    Schön, dass er Raucher ist. Gibt nur Scherereien, wenn sie raucht und er nicht. Ich habe schon so oft versucht, damit aufzuhören: mit Akupunktur, mit Hypnose und eigenem Willen. Meine längste Zeit der Abstinenz dauerte sechs Wochen, in denen ich fünf Kilo zunahm, bis meine Showtanzkostüme auf der Bühne platzten. Mein Vater nennt meine vergeblichen Versuche Charakterschwäche.
    Ich ziehe an meiner F 6 und hänge meinen Gedanken nach. Carsten lächelt mich an.
    Toller Typ. Scheint mir alles ziemlich perfekt: Er ist ein Ossi, der im Westen angekommen ist. Er raucht. Er hängt keiner unabgeschlossenen Beziehung nach und war immerhin zehn Jahre mit ein und derselben Frau zusammen. Das sind ja mehr Häkchen auf meiner Wertungs-Liste, als ich je zu hoffen wagte! Trotzdem mahne ich mich zur Vorsicht. Carsten ist knapp fünf Jahre jünger als ich. Er weiß nur von drei Jahren. Natürlich werde ich es ihm gleich sagen, wenn … ja, wenn … wenn er der langgesuchte »Richtige« ist?
    In der großen Filmfabrik überm großen Teich hätte ich mit meinen Rollen- und Altersvorstellungen als Partnerin, Geliebte und Freundin eines ansehnlichen Mannes keine Chance. Während in der Realität allenthalben geschiedene, verwitwete, getrennte und verlassene Singles aller Altersgruppen den Beziehungsmarkt überschwemmen, tut Hollywood so, als spiele sich das Liebesleben, vorzugsweise das der Frauen, ausschließlich diesseits der fünfunddreißig ab und besetzt das weibliche Hauptrollenfach zu achtundsiebzig Prozent mit Schauspielerinnen unter vierzig. Die Männer allerdings können nicht alt genug sein. Fast grotesk und oft unglaubwürdig, dass die Frauen Mannsbilder anschmachten, die ihre Väter und Großväter sein könnten. Mich beschleicht die Befürchtung, dass Männer deswegen im echten Leben zu falschen Rückschlüssen verleitet werden. Wie in den amerikanischen Liebesfilmen werde ich im Netz vorzugsweise von zwanzig bis dreißig Jahre älteren Männern angeflirtet, gegen die mein Vater wie ein junger Spund wirkt. » Shugardaddy sucht Betthasen!«, schrieb mir mal ein schätzungsweise Siebzigjähriger. Hätte ich den fleischlichen Wonnen abgeschworen, wäre ich Nonne, wollte ich alte Männer bemuttern, Altenpflegerin geworden!
    Keine Kompromisse! Ich wünsche mir einen jungen oder junggebliebenen Partner – wie Carsten !? Mich beschleicht die Befürchtung, dass diese Altersfrage zum Problem werden könnte. Aber noch ist es ja gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher