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finde-mich-sofort.de (German Edition)

finde-mich-sofort.de (German Edition)

Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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hier. Wir hatten Freude an- und Spaß miteinander, wir warfen alle Bedenklichkeiten über Bord und schufen uns für ein paar Tage eine kleine einsame Insel, ein kuscheliges Nest.
    Die Urlaubszeit seiner Familie ging zu Ende. Ein letztes Mal schmiegten wir uns eine ganze Nacht aneinander. Beim Frühstück hörten wir noch einmal »unsere« CD , Annett Louisan, und hingen melancholisch unseren Gedanken nach. Wir waren traurig, redeten ein wenig über Belangloses, über dies und das. Ich wusste, was jetzt kommen würde – wieder allein frühstücken, Single-Urlaube und kurze Besuche am Nachmittag, heimliche Telefonate aus seinem Büro und einsame Feiertage und Wochenenden. Aber bei Problemen – so tröstete ich mich – hätte ich jemanden, der mir zuhört, eine Bezugsperson ganz für mich, die mir sogar ab und zu Geborgenheit gäbe. Sexuell entspannt wäre ich auch, einmal in der Woche wollte er mich besuchen. *guck optimistisch* Zweimal wöchentlich wäre natürlich besser.
    Peter und ich saßen auf unserem Lieblingsplatz, auf meinem Balkon. Er streichelte mich ein wenig hilflos. Annett Louisan sang gerade »alles an mir will zu dir … hab jetzt schon viel zu viel zu verlier’n«, und ich musste weinen. Aufwühlende schöne Wochen lagen hinter uns. Peter sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass sein Leben wieder genau wie vorher anlaufen würde. Arbeit, Familie, Freunde, die üblichen Wege und Aktivitäten … alles wird überlagert sein von den Gedanken an mich. Ein schlechtes Gewissen hatte er nicht, eher eine – in den Ausprägungen vielleicht übertriebene, gar hysterische – Angst davor, dass wir außer Kontrolle geraten und er am Ende vor zwei Scherbenhaufen stehen würde. Nein, mein Peter , hab keine Angst. Ich will für dich erwachsen sein. Du brauchst niemanden zu verlassen, dein Leben nicht zu ändern, dachte ich und wusste ganz genau, dass er es sowieso nie machen würde. Peter versuchte mich mit einer Geschichte über seine Einberufung aufzuheitern. Ein Offizier hatte angerufen: »Herr Zacher, Sie sollten sich bei uns einfinden …!«
    Wie hatte er Peter genannt? Zacher? Nicht Kruse? Wie heißt du?
    Er wurde blass, stammelte eine Entschuldigung. Er hatte mir tatsächlich einen falschen Namen gesagt! Er hatte mich belogen und, wie ich jetzt erfahren musste, auf ganzer Linie. Nichts, was er mir so eloquent aus seinem Leben erzählt hatte, stimmte. Ich wusste nicht, wo er wohnte, nicht, wo er arbeitete. In seiner großen Angst, entdeckt zu werden, sein bürgerliches Leben aufs Spiel zu setzen, hatte er mir nicht vertraut. Ich konnte es im wahrsten Sinne des Wortes nicht fassen, schaute auf das wilde Durcheinander von zerlaufender Butter, leeren Tassen, schmutzigem Geschirr und unzähligen Krümeln auf dem Frühstückstisch, welches dem Chaos in meinem Gehirn sehr nahekam. Meine Gedanken wirbelten in kleinen Kreisen, wie das Laub auf den Straßen bei Herbststürmen, und plötzlich, so stelle ich es mir im Auge eines Orkans vor, war mein Kopf leer. Ich konnte nichts denken. Von ganz weit weg hörte ich seine Erklärungen, nahm sie aber nicht wahr.
    »Der Name ist doch nur Etui!«, stammelte er. »Meine Heimlichtuerei um den Namen ist mir hochgradig peinlich, und ich schäme mich dafür. Weißt du, ich habe vor dem Hintergrund schlechter Erfahrungen, deren Einzelheiten du noch nicht kennst, so handeln müssen.«
    »Mich interessieren diese Einzelheiten gar nicht!« heulte ich ihn an.
    »Tatjana, ich habe in diesem Punkt ganz unabhängig von dir als Person agiert. Ich kann einfach nicht aus meiner Haut.«
    Plötzlich klingt seine Sprache für mich gestelzt und doof.
    Wir hatten keine Zeit. Keine Zeit irgendetwas zu erklären oder zu verstehen. Seine Familie wartete auf ihn. Er musste losfahren. In seine Welt, seinen Alltag. *schluchz* Da saß ich, allein auf meinem Balkon, nicht wissend, ob und wann ich ihn wiedersehen würde. Die Sonne strahlte mich an, und ich weinte. Ich war mir doch so sicher gewesen, ihn wiedersehen zu wollen. Jetzt versuchte ich krampfhaft, die bis vor Kurzem gültige Ordnung in meinem Gefühlsleben herzustellen. Der Name ist nur die Hülle, der Mensch ist wichtig, redete ich mir ein. Peter KRUSE ! Aber wenn er nicht Kruse heißt, dann wird ihn wohl auch keiner außer mir Peter nennen. Wie heißt er bloß? Na super, Tatjana, deine Menschenkenntnis ist wirklich großartig, beschimpfte ich mich in Gedanken. Was war bloß los mit mir? Da ließ ich Naivchen mir von dem nächstbesten

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