Fine, die kleine Blumenelfe
das Gewächshaus besuchen, wo du sowohl die Schwarzelfen als auch die Kräuterelfen gleichzeitig unterstützen kannst. Danach kannst du die Stelle antreten und wirst als Gehilfin der jetzigen Botschafterin Urania arbeiten. Was sagst du dazu?« Sie machte eine Pause. »Natürlich dürftest du auch im Garten bleiben und die Gänseblümchen betreuen. Also?«
Fine wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ihr war klar, dass es eine Ehre war, eine so hohe Position einnehmen zu dürfen. Vorerst nur als Gehilfin, das war klar. Aber immerhin. Nur: Was war mit ihren Gänseblümchen? Sie hatte sich so darauf gefreut und es sich so sehr gewünscht. Es war alles, was sie immer machen wollte. Der Elfenrat und die Königin schauten sie erwartungsvoll an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Sie hatte vor Aufregung eine ganz piepsige Stimme. »Kann ich mir das bis morgen überlegen?« Verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen.
Die Königin schaute zu Milla. Die Wahrsagerin nickte. Wie immer hatte sie einen unergründlichen Gesichtsausdruck. Man konnte nicht daraus ablesen, was sie dachte. Aber vielleicht war das auch gut so. »Also gut«, sprach die Königin. »Bitte komm gleich morgen früh, bevor der Morgentau getrocknet ist, wieder zu mir und teile mir deine Entscheidung mit.«
Fine verneigte sich und flog davon – schnurstracks zu Alfred. Er war ihr ältester Freund und er hatte ihr schon so oft gute Ratschläge gegeben. Er musste ihr einfach helfen.
»Alfred«, rief sie schon von Weitem und bestäubte ihn mit einer Unmenge Sternenstaub. »Rate, was passiert ist.«
Alfred nieste. »Bitte verstreu doch nicht so viel Sternenstaub, das kitzelt meine Rinde.«
»Entschuldige, aber du musst mir unbedingt helfen.« Fine ließ sich ganz außer Atem auf einem hohen Zweig nieder und erzählte Alfred alles, was sie auf dem Fest erlebt hatte, und alles, was bei der Königin vorgefallen war. Alfred hörte sehr geduldig zu und wippte nachdenklich mit seinen Zweigen. »Ich kann dir nicht sagen, was du tun sollst«, meinte er dann.
»Aber Alfred«, protestierte Fine. »Du musst mir helfen!«
»Ja«, sagte Alfred, »aber ich kann dir diese Entscheidung nicht abnehmen. Weißt du, so wie du dich jetzt entscheidest, betrifft es dein Leben. Wenn dir die Arbeit nicht gefällt oder zu anstrengend wird oder sonst etwas passiert, dann wirst du immer denken: Alfred hat mir gesagt, dass ich es machen soll. Und ich möchte nicht für deine Entscheidung verantwortlich gemacht werden. Fühle doch einfach ganz tief in dich hinein und überlege es dir. Wenn du die Gänseblümchen betreuen möchtest, wirst du diese Arbeit sehr gut machen, weil du sie liebst. Du wirst glücklich sein. Und du hast alle deine Freunde um dich, die dir etwas bedeuten. Aber du wirst auch nicht aus dem Steingarten wegkommen, weil du hier eine Verantwortung hast. Du kannst nicht alle im Stich lassen und gehen.
Wenn du die Ausbildung zur Botschafterin machen möchtest, wirst du sehr viel Neues sehen und erleben und du wirst viele Freunde finden. Aber du wirst immer unterwegs sein. Natürlich kannst du dann alle Freunde immer wieder treffen, aber du wirst nicht immer dieselben um dich haben. Und es ist sehr anstrengend. Aber auch aufregend. Du kannst nur ganz allein entscheiden, was für dich wichtiger ist. Ganz abgesehen davon, ist es natürlich eine sehr große Ehre und ein ganz besonderer Posten, den man nicht jedem anbietet!«
Fine nickte nachdenklich. Beim Gedanken daran, Alfred und Cilli verlassen zu müssen, könnte sie weinen. Und ihre lieben Gänseblümchen! Die würden sie doch brauchen. Sie hatte sie so sehr vermisst. Andererseits: Sie konnte als Botschafterin auch Gloria besuchen. Und Seppi! Und Tommy! Und natürlich würde sie eine Weile bei Else und Fluse leben. Das wäre doch ganz toll. Sie bekam vor Aufregung rote Bäckchen. Aber sie wäre als Botschafterin nicht zum Spielen und Nektartrinken unterwegs, sondern sie hätte wichtige Aufgaben für die Königin zu erledigen. Es würden anstrengende diplomatische Gespräche sein, wie Alfred schon gesagt hatte. Und wenn ihr die Arbeit nachher nicht gefiel? Wie kann man etwas beurteilen, was man noch nie gemacht hat? Unschlüssig wippte sie auf dem Zweig auf und ab. »Alfred«, sagte sie dann. »Ich weiß nicht, was sich für mich richtig anfühlt. Ich muss darüber schlafen. Ich sage es dir dann morgen früh. Gute Nacht!«
»Gute Nacht, Fine«, rauschte Alfred ihr zu. »Du wirst dich richtig entscheiden.«
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