Fine, die kleine Blumenelfe
zugeteilt. Alle anderen dürfen die prachtvollen bunten Blumen pflegen, die geordnet nebeneinander wachsen, und ich muss im ganzen Garten herumfliegen und darf nur ja keines vergessen. Und die Gänseblümchen sind doch so klein und unscheinbar. Sie reichen nicht für einen Strauß und sie riechen auch nicht besonders. Warum kann ich nicht eine andere Blume haben?« Sie seufzte und ließ die kleinen Flügelchen traurig hängen.
Alfred bemerkte, dass Fines strahlend grüne Augen voller Tränen waren. Er räusperte sich. »Aber Fine«, begann er mit väterlicher Stimme. »Jedes Lebewesen ist doch wichtig und hat seinen Platz in der Welt. Was wäre der grüne Rasen ohne kleine, fröhliche Farbtupfer? Freilich pflückt niemand einen prächtigen Strauß Gänseblümchen, aber erinnere dich doch daran, woraus die Kinder ihre Blumenkränze flechten – aus Gänseblümchen! Und denk nur an die verliebten Kinder, die mit den Blumen »er liebt mich, er liebt mich nicht« spielen. Was pflücken sie denn dafür? Gänseblümchen sind sehr liebe Blumen. Sie lieben alle Menschen und versuchen, jedes Auge zu erfreuen, indem sie überall, auch außerhalb von fest angelegten Blumenbeeten wachsen. Sie wollen überall Freude bereiten! Was wäre denn mit den lieben Gänseblümchen, wenn keine Elfe sich um sie kümmern würde?«
Alfred verstummte, als Fine anfing zu weinen. »Ähem«, räusperte er sich. »Bitte weine doch nicht, sonst musst du deine Arbeit morgen früh mit verquollenen Äuglein beginnen. Du wirst die Blumen ja noch erschrecken!«
Trotz der Tränen kicherte Fine. »Oh, Alfred«, sagte sie, »danke, dass du mir geholfen hast! So habe ich das Ganze ja noch gar nicht betrachtet. Natürlich sind Gänseblümchen wichtig. Und es wird mir eine Ehre sein, mich um sie zu kümmern. Du wirst sehen: Ich werde die fleißigste und beste Gänseblümchenbetreuerin sein, die du je gesehen hast!« Fine wischte sich die Äuglein und streichelte Alfreds Rinde. »Schlaf gut, Alfred! Ich muss jetzt nach Hause. Ich hab dich lieb!«
»Ich dich auch«, sagte Alfred und winkte mit den kleinen Zweigen der aufgeregten Elfe hinterher, die schnell wie der Wind nach Hause schwebte und kleine Spuren Sternenstaub hinter sich herzog, die sich glitzernd zu Boden senkten. Sie würden sich morgen früh in Tau verwandelt haben und die kleinen Blumen erfrischen, wenn sie erwachten. Noch während Alfred wieder einschlummerte, hörte er Fine in der Ferne eine fröhliche Melodie summen.
Kapitel 2
Gänseblümchen
Fine erwachte am nächsten Morgen schon ganz früh. Sie streckte die Flügelchen und gähnte. Dann flatterte sie aufgeregt über das taufeuchte Gras. Hier und da waren die Blumen auch schon erwacht und öffneten langsam ihre Blüten. Von Weitem konnte sie ihre Freundinnen erkennen, die ebenfalls schon unterwegs waren. Treffpunkt war die Vogeltränke, wo ihre Lehrerin Lydia auf die kleinen Elfenschülerinnen wartete, um noch einmal die wichtigsten Dinge zu erklären, bevor sie selbst loslegen durften.
»Hallo, Fine«, winkte Fines beste Freundin Cilli. Eilig flatterte Fine näher. Cilli durfte sich um die kleinen Buschwindröschen kümmern, die gleich am Eingang zum Garten wuchsen, und sie war mindestens genauso aufgeregt wie Fine. Die beiden tuschelten eifrig miteinander und konnten kaum den Worten ihrer Lehrerin folgen, die vorn bei der Tränke stand und allen viel Glück wünschte. Natürlich konnte man sich bei Lydia jederzeit Rat holen, denn die älteren Elfen hatten ja nach wie vor die Pflicht, sich um alles zu kümmern und nach dem Rechten zu sehen. Sie wussten ja aufgrund ihrer langen Erfahrung auch viel mehr als die kleinen Anfängerinnen. Und nur die besten der Elfenlehrerinnen waren Mitglieder im Elfenrat, der die Königin bei schwierigen Fragen unterstützt.
Dann ging es auch schon los. Wie auf ein geheimes Signal flatterten die zehn Elflein drauflos, um ja als Erste bei ihren Pflanzen zu sein. Fine wusste nicht, wo sie zuerst anfangen sollte, und beschloss deshalb, mit Cilli zum Gartentor mit den Buschwindröschen zu schweben und die Gänseblümchen, die dort wuchsen, zuerst zu begrüßen. Diese waren noch recht verschlafen, als Fine dort ankam. Denn es war noch früh und es waren auch kaum Menschen unterwegs, sodass die kleinen Blümchen noch niemanden zu erfreuen hatten.
»Wie gut, dass wir für Menschen unsichtbar sind«, sagte Cilli zu Fine. »Die würden sich doch bestimmt wundern, wenn sie uns hier sähen, wie wir uns mit den
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