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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Selbstbewusstsein sein Eigen nannte wie sie, an dem kratzte nur wenig.
    »Aber nein.« Honeff verschränkte die Finger auf der Schreibtischplatte. Er war ein sehr kleiner Mann, und der Schreibtisch war sehr, sehr groß. »Ich muss herausfinden, welche Verhaltensstörungen Olaf aufweist. Daraus erst kann ich schließen, ob Sie ihn artgerecht halten oder ob Sie grundsätzliche Fehler bei der Erziehung begehen.«
    »Dadada«, krähte Ola-Sanne, und es klang sehr nach: »Da hat er nicht unrecht, der kleine Mann.«
    »Artgerechte Haltung? Erziehungsfehler?« Susanne stutzte. Sie hielt Männer zwar für das eigentlich schwache Geschlecht, dem man durchaus mal sagen musste, wo es langging, aber Honeffs Formulierungen fand sie dann doch etwas harsch. »Von was genau reden wir hier eigentlich? Ich brauche einen Psychiater, keinen Zoologen.«
    »Und ich bin Psychiater.« Honeff zeigte auf seine diversen Diplome an den Wänden. Die meisten davon hatte er in Fernkursen erhalten, aber was ihnen an Bedeutung fehlte, machten sie durch Farbigkeit wieder wett. »Diplomierter Hundepsychiater.«
    »Wie bitte?«
    »Man nennt mich auch ›den Hundeflüsterer‹.« Honeff strahlte stolz, und seine Wangen röteten sich. »Hier habe ich eine Mappe mit Dankschreiben glücklicher Halter und einigen Zeitungsberichten über meine besonders spektakulären Erfolge.«
    Susanne Seifferheld schnappte sich ihre Tochter und stand auf. Wenn sie das kurze Telefonat mit ihrer Cousine Karina von vor einer Stunde rekapitulierte, musste sie zwar zugeben, dass Karina nur »Psychiater? Psychiater? Da fällt mir der Honeff ein, guter Mann« gesagt hatte, aber trotzdem: ihr einen Hundepsychiater zu empfehlen, wo Karina doch wusste, dass Susanne keinen Hund hatte! Unglaublich! Das hatte diese freche Göre doch mit Absicht getan! Mit der hatte sie ein Hühnchen zu rupfen. Und zwar sofort.
    Fela junior würde nicht mehr lange nur vaterlos sein – sie würde ihn zur Vollwaise machen!
    Das Böse lauert immer und überall.
    Tohuwabohu.
    Das Wort stammt aus dem Hebräischen und bezeichnet ein großes Durcheinander, ein Wirrwarr, ein Chaos. Kurzum: die größtmögliche Unordnung.
    Und genau das setzte in dem Moment ein, als der Wagen des Oberbürgermeisters von Schwäbisch Hall mit qualmenden Reifen vom Marktplatz düste, an Bord den gewaltsam eingesackten indischen Kulturattaché.
    Schreie. Sirenen. Noch mehr Schreie.
    In dem allgemeinen Gewusel der Leiber gab es nur zwei Personen, die sich – statuengleich – nicht von der Stelle rührten: Seifferheld und Marianne. Sie hatten sich unwillkürlich an der Hand gefasst und starrten einfach nur ungläubig auf das Marktplatzpflaster, auf dem eben noch der Phaeton gestanden hatte.
    Zwei Entführungen an einem Tag. Am helllichten Tag. Vor ihren Augen. Sie konnten es nicht glauben.
    Um sie herum wurde das Chaos immer größer.
    Aus allen Richtungen schienen Streifenwagen zu kommen. Nur wenige Minuten später tauchte auch schon ein Polizeihubschrauber auf.
    Der Oberbürgermeister wurde in Sicherheit gebracht. Streifenbeamte machten sich daran, die Daten sämtlicher während der Entführung auf dem Marktplatz befindlichen Personen aufzunehmen, auch die von Seifferheld und MaC.
    Seifferheld gab sich als Ex-Kollege zu erkennen und bat, baldmöglichst mit dem Leiter der Ermittlungen sprechen zu dürfen. Er wurde auf später vertröstet.
    Keine zwanzig Minuten nach der spektakulären Entführung entdeckte man den Phaeton. Erstaunlicherweise in unmittelbarer Nähe vom Ort der Entführung. Der Wagen war nicht mehr als fünfhundert Meter weit gefahren. Die Täter hatten ihn am Zwinger abgestellt (für Auswärtige: quasi die Nächste rechts) und dort allem Anschein nach das Fahrzeug gewechselt.
    Hinweise auf die Entführer oder den Verbleib des Kulturattachés fanden sich im Phaeton jedoch keine.
    Es roch nur noch ganz schwach nach
Grey Flannel.

Mitternacht
    Die Wetteraussichten für heute Nacht: Es wird dunkel!
    Als Seifferheld kurz vor Mitternacht nach Hause kam, schlief Onis tief und fest vor dem Küchentisch, in exakt derselben Pose wie vor zwölf Stunden, als Seifferheld ihn nach der Entführung von Rani nach Hause gebracht und Onis sich schwer auf dem Küchenboden niedergelassen hatte. Möglicherweise war sein Hund in einem früheren Leben eine Marmorstatue gewesen.
    Er musste sich zwischenzeitlich allerdings bewegt haben, denn auf dem Küchentisch lag ein Zettel mit einer kurzen Nachricht in der Handschrift von

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