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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Aufenthaltsort der Entführer verraten würden?
    Seifferheld nahm sich vor, dem nachzugehen.
    Wer nicht gerne denkt, sollte wenigstens von Zeit zu Zeit seine Vorurteile neu gruppieren.
    Gesine Bauer galt als Eisenfresserin. Knallhart. Gnadenlos. Als Seifferheld und MaC in das Sekretariat von Mord zwo traten, riss die Polizeichefin ihrer Sekretärin gerade den Telefonhörer aus der Hand und bellte in Clint-Eastwood-Manier in die Sprechmuschel: »Muss ich Ihnen das erst noch buchstabieren? Sie werden das exakt nach meinen Anweisungen erledigen, und zwar sofort! Verstanden?«
    Wahrscheinlich forderte sie gerade brisante Laborergebnisse oder den Dienstplan für die nächsten zwanzig Jahre ein. Frau Bauer bedeutete ihnen mit der Hand, sich zu setzen. »Außerdem verlange ich Fehlerfreiheit, haben Sie mich gehört? Fehlerfreiheit! Ich fasse zusammen: Sie liefern also umgehend einen italienischen Bauernsalat. Das Dressing extra. Und einen großen Bananenmilchshake. Ohne Honig und vor allem ohne dieses völlig verquarkte Aloe-Vera-Zeugs! Milch und Banane, fertig. Und legen Sie gefälligst ein Erfrischungstuch bei. In spätestens dreißig Minuten will ich alles auf meinem Schreibtisch haben. Die Uhr läuft!« Sie knallte den Hörer auf die Gabel und wandte sich Seifferheld und MaC zu. »Diese Lieferdienste«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Doch nun zu Ihnen, Frau Cramlowski.«
    MaC fühlte sich in ihrer Gegenwart immer wie eine Grundschülerin im Büro der Direktorin. Sie hakte sich in Siggis Arm ein.
    »Sie werden doch journalistische Verantwortung walten lassen?« Polizeichefin Bauer sah MaC streng an. Es hatte Seifferheld einige Überredungskunst gekostet, damit sie Marianne erlaubte, auch das zweite Video anzusehen.
    »Journalistische Verantwortung, ich verlasse mich darauf«, wiederholte Frau Bauer, während sich die eigentlich sonst so taffe MaC die Hände knetete, als sei sie beim Abschreiben ertappt worden. Frau Bauer hatte etwas Maggie-Thatcher-haftes an sich, so dass man immer das Gefühl hatte, sie würde gleich einen neuerlichen Kabeljaukrieg oder die endgültige Befreiung der Falklandinseln anordnen.
    Sie befanden sich zu viert im Sekretariat von Mord zwo, um sich das zweite Video anzusehen. Frau Dengler, die Sekretärin, kochte Kaffee für alle. Seifferheld und MaC saßen auf den Besucherstühlen, fleckige Polsterrelikte aus dem vorigen Jahrhundert. Frau Bauer thronte auf dem Schreibtisch, die Fernbedienung für das Videogerät in der Rechten. Sie fürchtete offensichtlich, dass MaC eine reißerische »Ich war dabei, als das Blut spritzte«-Reportage schreiben könnte. Auch wenn das
Haller Tagblatt
für derartige Berichterstattung nun wirklich nicht bekannt war. Aber es gab ja immer ein erstes Mal.
    »Natürlich. Diskretion. Versteht sich.« MaC nickte.
    Dass sie in diesem Moment ihre Kleinmädchenmiene ablegte und plötzlich furchtbar böse aus der Wäsche schaute, lag nicht an den doppelt gemoppelten Ermahnungen der Polizeichefin, sondern an deren Sekretärin Frau Dengler, die eigentlich ein Fräulein Dengler war, ein tief ausgeschnittenes Blümchenkleid trug und ihrem Siggi gerade Kaffee einschenkte.
Ihrem
Siggi. Fürsorglich und sehr weit nach vorn gebeugt. Auf diese Weise konnte er vermutlich bis zu ihrem Bauchnabel schauen. Vor einiger Zeit hatte es einmal ein dummes Missverständnis gegeben – MaC hatte Siggi auf Frau Dengler liegend in seinem Schlafzimmer überrascht. Beide voll bekleidet und glaubhaft versichernd, dass es nicht so war, wie es aussah, aber dennoch … MaC war eine heißblütige Österreicherin und nicht geneigt, diese Frau Dengler jemals in ihr Poesiealbum schreiben zu lassen. Bildlich gesprochen.
    »Kaffee?«, wandte sich Frau Dengler freundlich an sie. Diese falsche Schlange!
    MaC brachte es gerade noch fertig, das »Von
Ihnen
nicht!« herunterzuschlucken, das ihr auf der Zunge lag, und stattdessen einfach nur den Kopf zu schütteln. Dafür drückte sie das Blut aus Seifferhelds Hand. Er ahnte die Zusammenhänge, sagte nichts und presste wie ein Indianer, der keinen Schmerz kennt, die Lippen zusammen.
    Frau Bauer schaltete das Fernsehgerät ein.
    Das Video flimmerte über den Bildschirm. Eine künstlich verzerrte Stimme verkündete blechern: »Sie haben sich das Folgende selbst zuzuschreiben. Wir haben Sie gewarnt.« Gleich darauf fiel ein Schuss, woraufhin der sehr überrascht dreinblickende Kulturattaché auf seinem Stuhl zusammensackte.
    Es war eine fast völlig unblutige

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