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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Angelegenheit, wie MaC konstatierte, denn der Schuss hatte den Attaché offenbar mitten ins Herz getroffen. Mohandra Johar war sofort tot. Nur ein winziger Blutfleck tauchte auf seinem weißen Hemd auf.
    MaC ließ Siggis Hand los und legte den Kopf schräg. Irgendwas stimmte da nicht … Die anderen beachtete sie nicht weiter.
    Frau Dengler nützte die Gelegenheit und zog eine Jutetasche aus ihrer untersten Schreibtischschublade, auf der die Flagge Tibets aufgestickt war. »Schauen Sie«, flüsterte sie Seifferheld zu. »Hab ich selbst gestickt. Dank Ihnen!«
    Frau Bauer guckte streng. »Pst.«
    Frau Dengler räumte die Tasche wieder weg, strahlte Seifferheld aber bis über beide Ohren an.
    Seifferheld wappnete sich für einen verbalen Keulenschlag seiner Herzensdame, aber es kam nichts.
    Es kam etwas ganz anderes.
    »Sind denn niemandem die Schuhe aufgefallen?«, stellte Marianne als Frage in den Raum.
    Frau Bauer spulte das Video zurück. »Die Schuhe?«
    MaC wies mit dem Finger auf das Standbild, das jetzt zu sehen war. Im Gegensatz zum ersten Video der Entführer sah man den Kulturattaché nun im Ganzkörperformat. »Er trägt edle Fratelli-Vanni-Slipper aus geflochtenem Glattleder.«
    Jeder andere hätte einfach von braunen Lederschuhen gesprochen. Nicht Marianne Cramlowski. Seit ihrem 14 . Lebensjahr war sie
Vogue
-Abonnentin. Im Vergleich zu ihr kam Carrie Bradshaw aus dem Land der Ahnungslosen.
    Ahnungslos, so schauten jetzt auch die restlichen Anwesenden. Für Seifferheld waren Schuhe ein reines Gehwerkzeug, er konnte gerade noch Halbschuhe von Sandalen unterscheiden. Frau Dengler schaute Männern nie auf die Füße, immer nur in die Augen und auf die Hände. Und Frau Bauer hatte zwar einen geschulten Blick für Details, aber der Name Fratelli Vanni war ihr gänzlich fremd. Für sie klang das allenfalls nach einem Produzenten von Frascati-Weinen, die sie so gern zu ihrer Lieblingspizza
Quattro Stagioni
trank.
    »Was wollen Sie damit sagen, Frau Cramlowski?«, fragte die Polizeichefin. »Für mich sieht der Mann auf beiden Bändern absolut identisch aus.« Sie legte das erste Video nach der Entführung ein. Dieselbe dunkle Haartolle, die ein wenig zu weit ins Gesicht fiel. Derselbe edle Anzug mit dem weißen Einstecktuch. Und auf die Entfernung schienen es auch dieselben dunkelbraunen Schuhe zu sein. Frau Bauer beugte sich näher an den Bildschirm heran. Nun ja …
    MaC sprang auf.
    »Ich habe den Kulturattaché noch im Rathaus gesehen, nur ein paar Minuten bevor er entführt wurde. Da trug er andere Schuhe nämlich rahmengenähte, englische Kalbswildlederbrogues von Shipton & Heneage.«
    Für alle bis auf MaC war das ein wenig so, als würde jemand bei
Wetten, dass  …?
behaupten, er könne tausend eineiige Zwillinge anhand der Form ihrer linken Ohren unterscheiden, und das bei flackerndem Kerzenschein oder wahlweise dichtem Nebel.
    Als sensible Frau spürte MaC natürlich die Ungläubigkeit der anderen und schaltete auf stur. »Ich kenne mich mit Herrenschuhen aus!«
    Das konnte Seifferheld nur bestätigen. Wie oft hatte sie ihn förmlich genötigt, sich schickeres Schuhwerk zuzulegen. Dabei fand er seine strapazierfähigen Vollrindlederschuhe in Antik-Optik von
Tchibo
total trendig.
    Es herrschte Stille.
    »Ja, versteht denn hier niemand?«, rief MaC hoch erregt und stampfte mit dem Fuß auf. »Kein Mensch auf der Welt zieht seinem Entführungsopfer andere Schuhe an, die dann auch noch perfekt passen! Der Mann im Video, das ist nicht der Kulturattaché! Der Tote ist nicht Mohandra Johar!«
    Im Eilzug zur ewigen Verdammnis
    Vor Gericht würde ihr jeder psychologische Gutachter attestieren, dass es sich bei ihrer Tat um eine »akute, stressbedingte Psychose« gehandelt habe, eine »isolierte, atypische Episode«. Etwas Derartiges würde nie, nie wieder geschehen. Woraufhin man ihr mildernde Umstände und nur mehr eine Bewährungsstrafe aufbrummen würde.
    So zumindest dachte sich das Susanne Seifferheld.
    Sie lauerte Silke Genschwein gegenüber dem Massagezentrum auf. Die Genschwein ging jeden Mittag zum Bäcker im nahe gelegenen Supermarkt und aß dort ein Körnerbrötchen mit Bio-Käse. Das hatte Olaf ihr einmal erzählt.
    Olaf würde von alldem hier nichts mitbekommen, er war im Altersheim Gänsheide im Massageeinsatz.
    Ola-Sanne schlief im Sportbuggy den Schlaf der frisch Gestillten.
    Susanne holte tief Luft.
    Die mach ich platt,
dachte es in ihr.
Platt wie eine Flunder. Die kann man von nun an unter

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