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Finger weg Herr Doktor!

Finger weg Herr Doktor!

Titel: Finger weg Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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George. Mein Gott, Junge! Was stellst du dir eigentlich vor? Hast du wirklich irgendwelchen Unsinn für den Idiotenkasten geschrieben? Wo doch jeder Augenblick des Tages deinen Studien gewidmet sein müßte, besonders bei deiner schwachen Intelligenz.«
    Der Dean warf ihm ärgerlich den Brief zu. »Daß mir nicht noch einmal ein solcher Blödsinn unterkommt!«
    Georges Augen glühten, als er den Briefbogen ergriff. »Aber sie schreiben, es zeige Talent.«
    »Das ist, soviel ich weiß, die übliche Phrase in Schulzeugnissen, wenn eine andere Beurteilung entmutigend oder abfällig klänge. Übrigens, so etwas kann jeder schreiben.« Er fuchtelte mit der Hand in der Luft herum. »Auch ich könnte es, wenn ich die Zeit dazu hätte!«
    Das Au-pair-Mädchen erschien und brachte ihm Eier mit Speck unter einem metallenen Deckel.
    »Inga, würden Sie bitte Miss MacNish ersuchen, einen Augenblick hereinzukommen?«
    »Ja, gern, Herr Doktor.«
    Der Dean drehte sich um und stellte fest, daß sein Sohn die Bewegungen des Mädchens beim Hinausgehen aufmerksam verfolgte. »Ich bin nur froh, daß du das Studium der Anatomie noch nicht aufgegeben hast«, bemerkte er trocken. »Um die Zeit aufzuholen, die du durch unnützes Schmieren vergeudet hast, werde ich dir heute abend etwas von meiner eigenen Zeit, die freilich ungleich kostbarer ist, widmen, um dich gut durchs Verdauungssystem zu bringen.«
    »Aber, Papa, heute abend ist doch die Party in Ken Kerrberrys Bude«, protestierte George. »Du weißt doch, um die Streiche für unsere >Radauwoche< vorzubereiten.«
    Der Dean zögerte. So gerne er auch die Studenten im akademischen Bereich hunzte, war er doch ein guter St.-Swithin-Mann. Es gefiel ihm, wenn das Spital für die »Radauwoche« auf gelungene Ideen verfiel, und er selbst lachte am herzlichsten über die verschiedenen Attentate auf unselige Passanten. »Gut, gut«, stimmte er kurz zu, »ich bin froh, daß man im Spital noch normalen, gesunden Unfug anstellt, ohne diesen verdammten Blödsinn politischer Proteste, die man gesetzlich verbieten sollte. Du gehst nicht zur Party, nehme ich an?« fragte er Muriel.
    »O nein, Papa.«
    »Du wirst zu Hause bleiben und lernen?«
    »Ja, Papa.«
    »Sehr gewissenhaft!«
    Muriel war groß und schlank wie ihre Mutter und sah nicht übel aus. Aber in dem Alter, da sich ihre Freundinnen in wandelnde Aphrodisiaka verwandelten, trug sie eine strenge Frisur und einfallslose Kleider und galt in der Ärzteschule als verheerend unelegant und altmodisch. Sie war ein stilles, gehemmtes Mädchen, wie jede Persönlichkeit im Schatten des Deans zum Verkümmern neigte. Sein Blick verriet nunmehr väterliche Sorge. Noch vor ein, zwei Tagen war sie lebhafter und gesprächiger gewesen, als er sie je gesehen hatte. Jetzt kroch sie im Haus herum wie ein Gewinner im Toto, der seinen Spielabschnitt aufzuheben vergessen hat. Es war äußerst merkwürdig.
    Das Erscheinen der Haushälterin unterbrach seinen Gedankengang.
    »Ah, Miss MacNish! Wie Sie wissen, wird Sir Lancelot ab Montag bei uns wohnen für eine - hm -beschränkte Zeit.«
    Sie seufzte tief. »Und wie geht’s dem Armen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn die ganze Woche nicht gesehen. Er hat mit Rechtsanwälten und derlei Leuten zu tun. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß Sie ihm meine Heizdecke geben können.« Der Dean unterbrach sich. »Ja, das heißt natürlich meine alte Heizdecke!«
    »Aber Herr Doktor«, antwortete sie besorgt, »Sie wissen doch, daß eine schadhaft ist -«
    »Er wird das Risiko, sich zu elektrisieren, tragen müssen«, entgegnete der Dean brüsk, »und im übrigen würde das bei seinem Zustand keinen großen
    Unterschied machen - will sagen, das wäre natürlich zu dumm!«
    Muriel erhob sich. »Ich will zur Pharmakologie-Vorlesung nicht zu spät kommen.«
    Als George und die Haushälterin verschwunden waren, fuhr der Dean, zu seiner Gattin gewandt, fort: »Miss MacNish wird gehen müssen. Wir können uns die Ausgaben für sie und Inga wirklich nicht leisten!«
    »Warum nicht? Du setzt Miss MacNish einfach als deine Sekretärin und daher als Abschreibeposten auf die Einkommensteuererklärung.« Der Dean ließ ein Knurren vernehmen. »Das ist eine Gewohnheit, die du ablegen mußt, Liebste, sobald du geadelt bist.«
    Der Dean wechselte das Thema. »Ich mag die Art nicht, wie George mit Inga liebäugelt. Die jungen Leute sind heutzutage so sexnärrisch. Unsere Generation hat noch gewußt, was Selbstbeherrschung heißt. Und was ist

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