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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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Sachlichkeit.«
    Marion seufzte. Es fiel ihr immer schwerer, sich zu konzentrieren. Die stechenden Kopfschmerzen waren einer dumpfen Benommenheit gewichen.
    »Vielleicht erzählen Sie einfach, wie Sie Ihre Rachepläne verwirklicht haben. Dahinter steckt ein enormer Aufwand an Vorarbeit und Logistik. Es müssen auch sehr viele Mittäter beteiligt gewesen sein. Nennen Sie Namen und Aufenthaltsorte, dann sind wir schon einen großen Schritt weiter.«
    »Es gibt keine Mittäter.«
    »Herr Arndt, auf Sie warten viele Jahre Gefängnis. Wenn Sie uns helfen, wird sich das sicher strafmildernd auswirken.«
    »Ich enttäusche Sie nur ungern, Marion, aber es gibt wirklich keine Mittäter.«
    »Wenn das so ist, dann gehe ich jetzt.« Marion stand auf. »Falls Ihnen doch noch ein Licht aufgeht, können Sie sich gerne melden.«
    »Halt, warten Sie.« Arndts Hand berührte ihre. Sie spürte sie nicht. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und setzte sich wieder. Diese verdammten Tabletten, dachte sie und massierte ihre Finger.
    »Sie haben doch ein Notizbuch?«, fragte Arndt.
    »Ja«, entgegnete Marion unsicher.
    »Erinnern Sie sich an Ihren letzten Eintrag?«
    »Ja.« Marion wusste nicht, worauf Arndt hinauswollte.
    »Es handelt sich um den Eintrag vom 16. April. Sie haben damals geschrieben: ›Gefährlich wie Hyde‹. Später haben Sie ›Hyde‹ durchgestrichen und durch ›Loki‹ ersetzt.«
    »Wie können Sie das wissen?« Marion tastete nach ihrem Notizbuch; es war noch immer an Ort und Stelle. »Sie haben in einem unbeobachteten Augenblick darin geblättert, stimmt’s?«
    Arndt zuckte mit seinen Schultern. »Sie erinnern sich doch sicher auch noch an die Beschreibung Lokis? Er ist der Gestaltenwandler, er ist der Meister der Intrige, der das Ende der Welt herbeiführt.«
    Arndts Gestalt verschwamm vor Marions Augen, wurde größer. Marion blinzelte, sie rieb sich abermals die Schläfen. Das Verhör drohte ihr endgültig zu entgleiten. »Ein Gott aus der germanischen Mythologie, ja. Und weiter?«, presste sie hervor.
    »Haben Sie denn keine Angst vor dem Ende der Welt?«
    Marion richtete sich auf. »So einen Schwachsinn muss ich mir nicht anhören!«
    Arndt neigte leicht den Kopf und tätigte wieder einen imaginären Eintrag. »Können Sie mir aus Ihrem Privatleben berichten? Wie Sie wohnen, was Sie die letzten Tage gemacht haben?«
    »Sind Sie jetzt komplett durchgedreht?«, fragte Marion. »Mein Privatleben tut hier gar nichts zur Sache. Falls Sie zur Aufklärung der offenen Fragen nichts beitragen wollen, ist das Verhör beendet.«
    »Aber das tue ich doch gerade. Wenn Sie mir Rede und Antwort stehen, wird sich alles aufklären.«
    »Sie schlagen mir einen Deal vor? Ich gebe Ihnen Teile meines Privatlebens preis, und Sie helfen mir weiter?«
    »So in etwa.«
    Marion seufzte. »Gut. Fragen Sie.«
    »Wie haben Sie die Tage nach meiner Verhaftung verbracht?«
    »Ich hatte Urlaub, konnte aber nicht abschalten. Also habe ich weiter an Ihrem Fall gearbeitet.«
    »Mehr nicht?«
    »Nein.«
    »Und was ist mit Besuch von Freunden? Einkäufen? Fernsehen? Gesprächen mit den Nachbarn?«
    Marion überlegte kurz. Die Kopfschmerzen meldeten sich zurück. »Das Übliche. Was eben an einem Tag so anfällt.«
    »Geht es nicht genauer?«
    Marion mühte sich, doch da war nichts. Sie hatte keine Erinnerung. »Ich glaube, ich brauche einen Arzt«, sagte sie erschöpft. »Vermutlich habe ich zu viele Tabletten genommen.«
    »Einen Augenblick noch.«
    Hilflos stimmte Marion zu.
    »Wie sieht Ihre Wohnung aus? Wie viele Zimmer? Wie eingerichtet? In welchem Stadtteil liegt sie?«
    »Ich …« Marions Kopf drohte zu platzen. Das Licht veränderte sich, wurde trüber, und Arndt wurde zu einem Schatten, der ständig wuchs. »Ich weiß es nicht«, stammelte sie. »Ich weiß es nicht!«
    »Überlegen Sie doch. Das kann doch nicht so schwer sein!«
    Marion stöhnte. Sie wollte weg, aber irgendetwas hielt sie.
    »Wie würden Sie sich charakterisieren? Haben Sie eine Beziehung?«
    Eine Schublade öffnete sich in Marions Gehirn. Die Antwort fiel ihr seltsam leicht; sie musste nicht überlegen. »Ich bin intelligent, sympathisch, ehrgeizig, unbestechlich und reagiere oft zu emotional. Alle meine Beziehungen sind gescheitert.«
    Arndt triumphierte. »Jetzt zitieren Sie aus dem Dossier, das ich angelegt habe!«
    Marion verlor nun vollkommen den Überblick. War sie jetzt schon nicht mehr Herrin über ihren Verstand? »Was soll das?«, stöhnte sie. »Lassen

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