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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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nichts. Sie starrte und wartete, dass das Zittern aus ihren Gliedern wich.
    Zwei junge Polizisten und Arndt erschienen. Der eine war zu dessen Bewachung abgestellt.
    »Den haben wir oben gefunden«, sagte er und zeigte auf Arndt. »Dass er mir entwischt ist, tut mir leid. Aber ich bin nur für ’ne Sekunde eingenickt, und die Tür war geschlossen. Das konnte der doch gar nicht sehen.«
    »Ist schon gut«, entgegnete Marion tonlos.
    »Er redet ein bisschen wirres Zeugs und spricht von einem Streit.«
    »Ja, es gab einen Streit.« Marion schaute an ihrem Kollegen vorbei. »Aber nichts Dramatisches. Wie es halt manchmal so ist, wenn man zu lange arbeitet. Sie verstehen schon.«
    Der junge Mann nickte, obwohl er gar nichts verstand. »Mit Ihnen ist also alles in Ordnung?«
    Marion versuchte ein Lächeln. »Ja, geht schon. Bin einfach etwas müde; kein Wunder um die Zeit.«
    Abermals nickte der junge Mann.
    Marion massierte ihre Schläfen und sagte: »Können Sie uns jetzt vielleicht allein lassen? Ich muss mit Herrn Arndt noch was besprechen.«
    Der Polizist gab seinem Kollegen ein Zeichen, und die beiden verließen den Raum.
    »Ein bisschen verwundert bin ich schon«, sagte Arndt.
    »Ich habe mir das reiflich überlegt«, entgegnete Marion. »Wissen Sie, wie es um die Karriere einer Frau bei der Polizei bestellt ist, wenn sie ihren Kollegen anschwärzt, ihn der versuchten Vergewaltigung bezichtigt? Wissen Sie, was das an peinlichen Verhören und Verfahren nach sich zieht? Wenn das publik wird, kann nicht nur Bakker einpacken. Außerdem hat der eine Frau und drei Kinder. Es ist nicht nur die Schande, nein, eine Verurteilung wird ihn seine Existenz kosten.«
    »Dann wollen Sie alles auf sich beruhen lassen?«
    »Nein. Ich werde mit Schorten reden. Bakker wird in eine andere Abteilung versetzt werden. Da bin ich sicher.«
    »Na, dann ist ja alles in bester Ordnung«, höhnte Arndt. »Sie bekommen Bakkers Stelle, und er darf, von seinem Erfolg ermuntert, woanders auf Jagd gehen.«
    »So ist es nicht.« Marions Lippen bebten, das Zittern kehrte zurück. Sie schloss die Augen, damit Arndt ihre Tränen nicht sah.
    »Keine Angst, Marion.« Arndts Stimme hatte plötzlich einen warmen Klang. »Bakker wird bekommen, was er verdient.«
    *
    Auf den nassen Straßen spiegelten sich die Lichter der Schaufenster. Bakker wusste nicht, wohin. Nach Hause konnte er nicht. Jetzt seiner Frau gegenüberzutreten war unmöglich. Was war er nur für ein Idiot, wie konnte er sich nur so gehen lassen? Aber die Tesic, die hatte Mitschuld. Immer diese engen Blusen und die hochhackigen Schuhe. Und dann die flapsigen Sprüche, die wollte das doch auch! Bakker fuhr sich übers Gesicht. Er brauchte jetzt erst mal was zu trinken.
    Beim nächsten Kiosk trank er drei Schnäpse und ein Bier. Ein weiteres nahm er mit. Jetzt ging es ihm schon besser, aber das Bild seiner Kollegin wurde er nicht los. Wie sie da stand in der durchsichtigen Bluse. Die Arme oben. Alles hatte sich deutlich abgezeichnet.
    »Verdammt«, fluchte Bakker und kramte in seiner Tasche. Er zog die Visitenkarte raus, die ihm Arndt anvertraut hatte. »Club Asgard« stand darauf.
    »Scheiß-Name«, sagte er und las die Adresse. Der Club befand sich irgendwo in Berlin Mitte. Schon wieder Mitte, dachte er und hielt ein Taxi an. Der Fahrer kannte weder den Club noch die Straße. Nur mit Hilfe des Navis fand er die Adresse. Bakker stieg aus.
    Die Straße war schlecht beleuchtet, irgendwo bellte ein Hund. Als sich das Taxi entfernt hatte, wurde es still. Kopfsteinpflaster führte in einen engen Hinterhof. Bis auf eine armselige Laterne, die eine Kellertreppe in fahles Licht tauchte, war alles dunkel.
    »Und hier soll ein Club sein?« Bakker spuckte aus. Wie konnte er nur auf diesen verdammten Penner reinfallen?
    Das Klacken von Stiefeln ließ ihn aufhorchen. Bakker drehte sich um. Eine Frau in einem schwarzen Lackmantel kam auf ihn zu. Bei jedem Schritt öffnete sich der Mantel, und nackte Haut blitzte unter Netzstrümpfen auf. Die blonden Haare schulterlang, das Gesicht kaum zu erkennen, nur ein roter Mund, der ihn nach der Karte fragte.
    Bakker holte die Karte hervor, schwarze Handschuhe nahmen sie entgegen, seine Hand wurde kurz berührt. Kalter, glänzender Stoff hinterließ eine bleibende Spur auf seiner Haut. Bakker schaute auf. Unnatürlich blaue Augen musterten ihn und gaben ihm ein Zeichen. Die Frau wandte sich um. Bakker folgte ihr die Kellertreppe hinunter. Ihr Parfüm, ein bekannter

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