Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
unsere Eltern“, sagte er zu Finns Überraschung und entlockte ihm damit ein Kichern.
Die Dame sah nachdenklich von einem zum anderen. „Na, kommt erst einmal rein“, sagte sie dann. „Dann könnt ihr mir vielleicht Genaueres erzählen und wir überlegen, wie wir herausfinden können, um welches Paar es sich handelt.“
Minuten später saßen die Kinder an einem Tisch vor einem großen Teller Kekse und warteten auf die Dame, die gleich wieder kommen wollte.
„Ich habe noch nie so viele Kekse bekommen, in meinem ganzen Leben nicht“, murmelte Tom seinen Brüdern zu. Jacob achtete nicht auf ihn. „Das hier war das Arbeitszimmer meines Vaters“, flüsterte er bedrückt. „Da drüben war sein Schreibtisch und da hinten ist das Bücherregal. Hinter dem Regal gibt es übrigens einen geheimen Durchgang. Ob die Leute hier das wohl wissen?“
In diesem Moment kam die Dame wieder herein, ein kleines Tablett auf einer Hand balancierend, auf dem sich drei große Gläser Milch befanden.
„Ich hoffe, Milch ist in Ordnung“, sagte sie fröhlich. „Ich weiß, in eurem Alter trinkt man lieber Cola, aber das haben wir selten auf Lager, weil unsere alten Leute es einfach nicht mögen.
Mein Name ist übrigens Marquart. Gerlinde Marquart. Und wer seid ihr?“
Höflich stellten sich die Jungen der Reihe nach vor.
„Und jetzt erzählt mir mal, wen ihr so verzweifelt sucht“, schlug Frau Marquart vor.
Unsicher sahen sich die Jungen an. Was genau sollten sie erzählen? Auf dem Zettel hatte eindeutig gestanden, dass sie niemandem vertrauen sollten. Konnte man dieser fremden Frau dann einfach erzählen, was passiert war? Wohl eher nicht. Aber wenn sie jetzt logen, dann würden sie ihre Eltern sicher niemals wieder finden. Finn bemerkte, dass er unruhig seine Hände zu kneten begonnen hatte und zwang sich, sie still in den Schoß zu legen.
„Wir haben einen Zettel bekommen mit dieser Adresse darauf“, erklärte er und versuchte dabei unwillkürlich, so nahe wie möglich an der Wahrheit zu bleiben und trotzdem nicht alles zu verraten. „Wir sollen uns hier melden und nach diesem Ehepaar fragen. Aber wir wissen ihren Namen nicht.“
„Das war natürlich nicht allzu klug von dem Zettelschreiber“, bemerkte Frau Marquart und zwinkerte vergnügt mit den Augen.
„Vielleicht wollten die es nur spannender machen“, schlug Tom vor und nahm sich einen Keks.
„Ja, vielleicht“, lächelte die Dame. Wieder ließ sie ihre Blicke von einem zum anderen schweifen. Irgendetwas schien sie zu belustigen.
Plötzlich klang eine Türglocke im Flur, tief und melodisch.
„Die ist neu“, entfuhr es Jacob, ehe er sich erschrocken die Hand vor den Mund hielt.
„Geht so“, sagte Frau Marquart gleichmütig. „Ungefähr fünfzehn Jahre alt. Entschuldigt ihr mich bitte einen Moment? Ich öffne kurz die Tür.“
Sie stand auf und verließ das Zimmer.
„Sollten wir nicht lieber verschwinden?“, fragte Tom unsicher. „Ich habe gerade gar kein gutes Gefühl bei der Sache.“
„“Wir können hier nirgendwo hin“, sagte Jacob und rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. „Aus der Tür geht’s nicht, da kommen wir in die Eingangshalle. Und aus dem Fenster können wir auch nicht klettern, weil man uns da von der Eingangstür aus sehen kann.“
„Und dieser geheime Gang?“, fragte Finn aufgeregt.
„Den müsst ihr auch nicht benutzen!“, tönte die Stimme von Frau Marquart von der Tür. „Hier sind nämlich eure Eltern!“
Die Frau, die das Zimmer hinter Frau Marquart betrat, war jung, viel jünger, als Finn es sich vorgestellt hatte. Sie hatte dieselben rotblonden Haare wie er, wie Tom und wie Jacob, aber ihre Augen waren eher grün als blau. Dafür hatte sie aber eine ganze Menge mehr Sommersprossen. Hinter ihr schob sich ein Mann durch die Tür, mit braunem Haar und blauen Augen, groß und kräftig. Wie seine Frau und die Jungen trug er Jeans und einen bunten Pullover. Eine Weile standen sich alle schweigend gegenüber und musterten sich unsicher. Die Jungen waren unwillkürlich ein wenig näher aneinander gerückt und hielten sich an den Händen.
„Sie sind es“, sagte schließlich die junge Frau mit zitternder Stimme. „Guck doch, sie sind es wirklich. Die Haare… und deine Augen…“
„Aber wieso seid ihr zu dritt?“, fragte der Mann, und seine Stimme hallte wie ein Pistolenschuss von den Wänden wieder.
„Wir hatten eigentlich gehofft, dass ihr uns das sagen könntet“, sagte Tom, der als erstes seine
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