Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
Holz und kaum zu erkennen zwischen den Efeuranken. Finn drückte die Klinke herunter und erwartete halb, die Pforte verschlossen zu finden. Nach einigem Rütteln ließ sie sich jedoch öffnen, und die beiden Jungen betraten den Garten.
Erstaunt sahen sie sich um. Von Jacob war nichts zu sehen, dafür blühten jetzt, so früh im Jahr, hunderte, vielleicht tausende von Osterglocken auf dem Rasen.
„Liebe Güte“, stieß Finn hervor.
„Ja, liebe Güte passt“, sagte eine Stimme neben ihnen. „Mutter findet das schön so – leider kann man den Rasen erst wieder in ein paar Wochen betreten.“
Jacob trat hinter einem großen, alten Baum hervor.
„Hier in der Ecke wird man uns vom Haus nicht sehen“, sagte er mit nachdenklichem Blick auf die Jungen. „Und das ist wohl auch besser so“, fügte er hinzu.
Eine Weile schwiegen die Kinder und betrachteten sich gegenseitig nachdenklich.
Er hat sogar dieselben Sommersprossen wie Tom und ich , stellte Finn in Gedanken erstaunt fest. Jacob schien zu einem Entschluss zu kommen.
„Das kann kein Zufall sein, dass wir uns so ähnlich sehen“, meinte er nachdenklich. „Ich glaube, ich würde jetzt doch gerne hören, was ihr mir zu erzählen habt.
Ich muss es ja nicht glauben!“, setzte er schnell hinzu.
Finn grinste.
„Wir wissen ja selber nichts Genaues“, erklärte er. „Wir hatten gehofft, dass du und... na ja, deine Eltern uns vielleicht irgend wie weiter helfen können.“
„Wir haben keine Eltern“, erklärte Tom, ergänzte aber, als er Jacobs ablehnenden Gesichtsausdruck sah schnell: „…aber natürlich ist es toll, dass du welche hast, und die wollen wir dir auch nicht wegnehmen. Es ist nur so, dass nach allem, was wir wissen…“
Er stockte wieder und sah Finn hilfesuchend an.
„Weißt du, Jacob“, versuchte Finn es, „wir, also Tom und ich, sind vor mehr als neun Jahren auf den Stufen von zwei Kirchen gefunden worden, ziemlich sicher in derselben Nacht. Und wir glauben, dass in dieser Nacht noch ein drittes Kind ausgesetzt worden ist, auf den Stufen einer dritten Kirche. Und dass dieses Kind von einem reichen Paar adoptiert worden ist.“
„Ja“, sagte Tom, „es soll hier irgendwo in der Nähe wohnen, und da du uns so ähnlich siehst, und reich sind deine Eltern ja nun bestimmt…“
Er sah bewundernd auf das große Haus. Von der Rückseite wirkte es ebenso elegant, aber durch die Blumen und die großen Fenster noch wohnlicher.
„Das ist merkwürdig“, gab Jacob nach einer Weile zu. „Aber warum hätten sie mir nie etwas davon gesagt? Mutter sagt dauernd, wie ähnlich ich Vater doch sehe, und Vater meinte neulich erst, die Sommersprossen hätte ich von meiner Mutter und auch ihr künstlerisches Talent.“
Nachdenklich rieb er sich die Nase mit den drei Sommersprossen.
„Vielleicht wollten sie einfach nur vermeiden, dass du als Findelkind von den anderen Kindern ausgelacht wirst?“, sagte Tom. „Kinder können manchmal ganz schön gemein sein.“
„Oder“, sagte Finn leise, „sie haben dich einfach nur sehr lieb und wollen gar nicht daran denken, dass dich andere Eltern zur Welt gebracht haben.“
Wieder schwiegen die drei Jungen, tief in Gedanken versunken.
„Hört mal“, brach Jacob plötzlich das Schweigen, „ich werde gleich wieder zur Schule gefahren. Können wir vielleicht heute Abend weiter reden? Meine Eltern gehen heute auf irgendeinen blöden Empfang, und wenn sie weg sind, kann ich euch ins Haus lassen“
Finn sah Tom überrascht an.
„Gerne“, sagte er dann.
„Seht zu, dass ihr vom Haus aus nicht gesehen werdet“, bestimmte Jacob. „Am besten ist es, ihr versteckt euch in der Scheune da hinten. Die ganz linke Tür ist offen!“
Er zeigte zu einem großen Gebäude im hinteren Teil des Gartens, das aus groben Stein gebaut war und in regelmäßigen Abständen große grüne Holztüren besaß. „Ihr müsst nur aufpassen, dass man euch nicht sieht, wenn hier dorthin lauft. Lauft einzeln und versteckt euch möglichst hinter den Bäumen. Wenn die Köchin aus dem Fenster guckt und nur einen von euch sieht, denkt sie sicher, ich sei es!“
Er nickte ihnen noch einmal zu, lief die Mauer entlang und bog dann, vorsichtig um sich schauend, in der Höhe des Hauses um eine Ecke.
Finn und Tom warfen sich einen kurzen Blick zu und machten sich auf den Weg zur Hinterseite der Scheune, einer nach dem anderen und sorgfältig Deckung suchend, wie Jacob es ihnen vorgeschlagen hatte.
Der Nachmittag wurde den
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