Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
Gesichtsausdruck verdüsterte sich.
„Was wollt ihr von mir?“, fragte er barsch.
„Wir wollten dich fragen, ob du auch vor ungefähr neun Jahren auf den Stufen einer Kirche gefunden wurdest“, sagte Tom ein wenig eingeschüchtert.
Der Junge starrte ihn an. „Was für eine dämliche Frage“, antwortete er. „Natürlich nicht. Ich wurde vor neun Jahren im Hause meiner Eltern geboren.“
Er hob die Nase ein wenig. „Meine Eltern sind Herr und Frau von Anbach, jeder hier kennt sie. Kirchenstufen, so ein Blödsinn!“
Hochmütig drehte er sich um und wollte wieder in seine Klasse gehen.
„Warte“, stieß Finn hervor, „findest du es denn kein bisschen merkwürdig, wie ähnlich wir uns sehen?“
„Zufall“, antwortete der Junge, „nichts als Zufall.“ Er sah abfällig auf die alten, abgetragenen Jacken der beiden Jungen. „Ihr seid doch nichts als arme Straßenkinder. Ich dagegen komme aus gutem Hause!“
Und mit diesen Worten machte er endgültig kehrt und verschwand in seinem Klassenraum.
Eine Weile schwiegen die Jungen erschüttert.
„Aus guuuutem Hause“, stieß Tom schließlich hervor und schüttelte den Kopf. „Du liebe Güte!“
„Tja, und wir sind aus armem Hause“, nickte Finn bestätigend. „Wie es aussieht, sind wir sogar aus gar keinem Hause. Aber was glaubst du? Ist er das?“
„Ich denke schon. Das kann doch kein Zufall sein, dass er uns so ähnlich sieht.“
„Vielleicht sind diese „von Anbachs“ ja wirklich seine Eltern, und sie haben nur uns ausgesetzt?“, grübelte Tom. „Vielleicht wollten sie keine Drillinge?“
„Ach, das glaubst du doch selber nicht“, sagte Finn. „Außerdem, erinnere dich, was Anton gesagt hat. Der dritte Junge wurde auch gefunden und schließlich adoptiert. Ich denke eher, seine Adoptiveltern haben ihm das nur nie gesagt.“
„Ich wünschte, wir müssten ihm das auch nicht sagen“, seufzte Tom. „Ehrlich, der Junge ist doch unmöglich. So was von eingebildet!“
„Wir müssen noch einmal mit ihm reden!“, sagte Finn bestimmt.
„Ja, das müssen wir wohl“, sagte Tom frustriert. „Das war es wohl, was Paul meinte, als er sagte, unser Bruder sei vielleicht nicht so, wie wir ihn uns vorstellten. Ich dachte, er meinte, dass er anders aussähe. Aber Paul sprach wohl eher von seinem Charakter.“
„Wie merkwürdig, dass dieser Jacob so ganz anders ist als wir“, murmelte Finn nach einer Weile wie zu sich selber.
„Glaubst du das?“, fragten Tom ebenso nachdenklich. „Wer weiß, wenn wir als Kinder reicher Eltern adoptiert worden wären, würden wir uns vielleicht ebenso verhalten. Wir beide haben uns immer nach Familie gesehnt, aber Jacob scheint eine zu haben. Vielleicht sieht er in uns eine Gefahr, die ihm seine Familie kaputt macht?“
Finn seufzte.
„Wir können hier nicht weg gehen, oder?“
„Nein, das können wir nicht. Wir werden noch einmal versuchen müssen, mit ihm zu sprechen. Und wenn das nicht hilft, dann vielleicht mit seinen Eltern.“
Die Jungen hatten es sich bei einigen Bäumen neben der Schule gemütlich gemacht. Von hier aus konnte man das Schultor beobachten, wurde aber nicht auf den ersten Blick gesehen. So feindselig, wie ihnen Jacob gegenüber gestanden hatte, schien es ihnen sinnvoller, dem Jungen heimlich zu folgen.
Leider scheiterte dieser Plan. Gerade als die Schulglocke zur Mittagspause klingelte, fuhr ein großes, beigefarbenes Auto vor dem Schultor vor, welches bis auf die Farbe dem der Schmidts recht ähnlich sah, und Minuten später kam Jacob aus dem Tor, stieg, ohne sich noch einmal umzudrehen, in das Auto und fuhr weg.
„Du liebe Güte!“
Finn schüttelte den Kopf. „Mit dem Auto zur Mittagspause. So schlimm war ja noch nicht einmal Gustav, der Sohn unseres Kaufmanns in Burgfeld. Und der war schon schlimm zu ertragen!“
Tom musste kichern.
„Wenn die Schmidts dich wirklich adoptiert hätten, dann würdest du vielleicht auch im Auto angeholt werden. Und du fändest das ganz toll!“, sagte er.
„Meinst du?“ Finn überlegte einen Moment. „Ja, kann sein. Aber es bleibt das Problem, dass wir ihm nicht folgen können!“
„Ach“, sagte Tom leichthin, „das dürfte nicht so schwierig sein.“
Er stand auf und lief auf eines der Kinder zu, die gerade ebenfalls durch das Schultor kamen.
„Entschuldige“, sagte er höflich zu einem blonden Jungen, der ungefähr so alt wie sie selber schien, „kannst du mir sagen, wo Jacob wohnt? Jacob von Anbach, der Junge,
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