Finn und der Kristall der Zeit (German Edition)
Werbeplakaten an großen Pappwänden, nur gab es hier keinen Bäcker, sondern einen kleinen Kiosk. Finn schlich neugierig näher und besah sich die Preisschilder. Was konnte er wohl von seinem Geld kaufen? Eine Zehn hatte auf seinem Geldschein gestanden. Die Dinge, die hier am Kiosk verkauft wurden, kosteten weniger. Blöd nur, dass er von den meisten Dingen nicht einmal wusste, worum es sich handelte. Die Sachen waren alle so lustig bunt eingepackt, dass man das kaum erkennen konnte. Jedenfalls schien es ziemlich viele Sorten Bonbons zu geben, und auch Schokolade. Neben den Süßwaren lagen wieder die bunten Zeitschriften, die sie gestern schon gesehen hatten, und dazu auch einige Tageszeitungen. Finn las das Datum über einer Zeitung, die „Hohenstädter Stadtbote“ hieß. Irgendwie machte ihm das eine Gänsehaut. Natürlich hatte er gewusst, dass sie in der Zukunft gelandet waren, aber das Datum so schwarz auf weiß zu sehen, war doch ziemlich eigenartig.
„Was kann ich für euch tun?“, fragte die Dame am Kiosk freundlich. Finn sah sie erschrocken an.
„Nichts, danke“, stotterte er und ging einen Schritt rückwärts, wobei er mit Tom zusammen stieß, der ebenfalls interessiert die Auslagen betrachtete.
„Ich würde ja schon gerne etwas kaufen“, flüsterte Tom seinem Bruder ins Ohr.
„Aber dann reicht unser Geld vielleicht nicht für diese Pommes“, gab Jacob leise neben ihnen zu bedenken.
Seufzend wandte sich Tom ab.
„Wir haben auch noch eine ganze Menge zu tun, denke ich“, sagte er.
Vieles hatte sich in all den Jahren verändert, aber die Sophienkirche sah doch noch immer so aus, wie Tom und Jacob sie in Erinnerung hatten, nur dass sie älter geworden war. Stolz und majestätisch überragte sie die umliegenden Häuser. Dabei schien es durchaus auch noch höhere Häuser zu geben, das hatten die Kinder auf ihrer Bahnfahrt durch die Fenster gesehen. Irgendwie war es trotzdem beruhigend, dass diese Kirche größer war als die Häuser ringsum, fand Finn.
„Wo, meint ihr, könnte der Pfarrer sein?“, fragte Jacob.
„Lass uns doch zuerst einmal versuchen, in die Kirche hinein zu kommen“, schlug Tom vor. „Vielleicht finden wir ihn da ja“
Die große Tür war allerdings fest verschlossen.
„Wir gehen zuerst einmal um die Kirche herum“, sagte Finn. „Vielleicht finden wir etwas, das uns weiter hilft.“
Tatsächlich gab es gleich neben der Kirche ein kleines Gebäude, an dessen Tür ein Schild hing.
„Gemeindebüro“, las Finn vor, „Öffnungszeiten 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr wochentags“ Er warf einen Blick auf die Turmuhr. „Es ist zehn Minuten nach zehn. Lasst uns reingehen.“
„Und was wollen wir sagen?“, fragte Tom nervös.
„Ach, uns wird schon etwas einfallen!“ Höflich klopfte Finn an die Tür.
„Herein“, sagte eine weibliche Stimme. Die Kinder öffneten die Tür und betraten den Raum. Eine freundliche, noch recht junge Frau winkte ihnen von ihrem Schreibtisch zu.
„Was kann ich für euch tun?“, fragte sie.
Jacob wagte sich zuerst einen Schritt vor. „Guten Tag“, sagte er höflich. „Mein Name ist Jacob, und das hier sind meine Brüder Finn und Tom. Wir hätten da eine Frage.“
Die Dame hinter dem Schreibtisch blickte von einem der Jungen zum anderen.
„Eineiige Drillinge“, stellte sie fest. „So etwas sieht man ja auch nicht allzu oft.“
„Nein“, sagte Finn schnell, „unsere Eltern waren auch ziemlich überrascht.“ Er hörte Tom neben sich leise kichern und überlegte, ob er ihm schnell auf den Fuß treten sollte. Zum Glück schaltete sich Jacob ein.
„Wir sollen eine Schularbeit über ausgesetzte Kinder schreiben“, behauptete er hastig, „und wir haben gehört, dass man Kinder oft auf Kirchenstufen aussetzt!“
Die nette Frau lachte.
„Ach Kinder“, sagte sie, „das war wohl noch vor hundert Jahren so. Inzwischen hat sich das geändert.“
„Vor neunzig Jahren!“, hörte Finn Tom neben sich murmeln.
„Oh“, fragte Jacob erstaunt, „und heutzutage ist das nicht mehr so? Wo werden die Kinder dann ausgesetzt? Vielleicht vor den… ähm… den Supermärkten?“
Die Frau runzelte die Stirn. Vermutlich überlegte sie, ob Jacob sie veralbern wollte. Sie sah jedoch nichts als ehrliches Interesse in seinem Gesicht.
„Also“ erklärte sie, „das letzte ausgesetzte Kind, von dem ich gehört habe, das war viele hundert Kilometer von hier entfernt. Es wurde in einem Park gefunden. Das ist jetzt vielleicht zwei Jahre her
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