Finne dich selbst!
Wie du. Auch wenn es noch nicht mal kühl ist, fangen Frauen an zu frieren. Außer Finninnen. Die frieren nie. Das finde ich toll. Zum Ende noch was vom Dichter: ›Weil Finnen sich so flink bewegen, werden sie nicht nass im Regen!‹ Ich möchte nicht wissen, was mich diese SMS kostet! Die muss für die nächsten Tage reichen, Isabel. Ich schreibe dir erst wieder beim nächsten Regenschauer.«
Lachs im Räucherofen
Es ist Sonntag. Unser letzter Tag am
mökki
. Hermann schaut den Hang hinauf. Birke neben Kiefer neben Birke. Dichter Wald rundum. »Hier sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht«, sagt er.
Holz machen ist eine Wissenschaft für sich. Matti nimmt uns Zimmermänner mit in »seinen« Wald. Schon nach ein paar Schritten ist vom
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nichts mehr zu sehen.
Einige Bäume sind gekennzeichnet, die sollen in den nächsten zwei Jahren »umgemacht« werden, erklärt er.
Ich erinnere mich an Opas Hof in Kutenhausen mit dem riesigen Birnbaum. Daran, wie die Männer, Onkel Günther und mein Vater, den Baum fällten, mit der Schrotsäge, also einer Säge, die beidseitig auf Zug sägt, weit über ein Meter das Blatt, größer als ich damals, mit furchteinflößenden Zähnen. Sie sägten einen Keil aus dem Stamm, um die Fallrichtung zu bestimmen. Dann wurde von der anderen Seite gesägt. Das Gewicht des gewaltigen Stammes drückte trotz des gegenüberliegenden Einschnitts auf das Sägeblatt, und manchmal blieb es stecken, und die Männer fluchten. Irgendwann war es so weit, Oma nahm mich an die Hand und zog mich auf die Seite, und der riesige Baum stürzte krachend in den Hof. Oma brachte den Männern Bier. Als Nächstes wurde der Baum entastet. Danach gab es Omas Kuchen. Dann sägten die Männer den Stamm in etwa ein Meter lange Stücke, und schließlich kam die Arbeit, die mir auch später am meisten imponierte: das Spalten. Die Männer setzten Spaltkeile, schlugen mit den Äxten darauf, bis sich ein erster Spalt im Stammstück auftat, setzten sofort den nächsten, sicherten den Stamm noch mal gegen Wegrollen, trieben den Keil mit wuchtigen Schlägen hinein in das Holz, mit beiden Händen die Axtstiele fest umfassend, bis irgendwann die Elastizität der Holzfasern überwunden war und der Stamm krachend in zwei Teile brach. Diese runde Bewegung, das weite Ausholen, das Niedersausen des Axtnackens auf den Keil, der metallische Ton beim Aufeinandertreffen, das Ächzen des Holzes, das habe ich dann sofort, natürlich mit dem kleinen Beil, mit dem Opa sonst Hühner schlachtete und Scheite spaltete, auch versucht und bekam ein Pflaster auf mein blutendes Schienbein, hörte irgendwann auf zu heulen, und Oma tröstete mich, indem sie sagte: »So lernst du das am besten!«
Die beiden Stammhälften wurden noch einmal gespalten und in Stücke zersägt, wie mein Vater sagte, auf » 17 Komma 5 «, Ofenlänge! Danach wurde auf dem Hackklotz im Hühnerstall alles in handliche Scheite gespalten. Ich durfte stapeln.
Meine kleinen Stapel damals waren nichts gegen die Kunstfertigkeit der hier von Matti überall am
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untergebrachten Holzlager. Wo auch nur eine Winzigkeit Dach Schutz gegen Regen bietet, da wird gestapelt. Das Holz muss ein bis zwei Jahre trocknen. Fällen, zersägen, spalten, stapeln, trocknen, verbrennen. Der stete Holzkreislauf rund um das
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, den Werkzeugschuppen und die Sauna. Der Finne holzt ständig. Das ist letztlich ein beständiges Wechseln zwischen den beiden Sätzen »Holz braucht man immer« und »Das muss weg«. Wie schade, dass alle Fernwärmeheizer und sonstigen Zentralbeheizten solche Erfahrungen nie machen.
Zurück am Haus, zeigt uns Matti seine Spaltmaschine, die, elektrisch betrieben, wie ein Miniförderband den Holzscheit so lange gegen einen Keil drückt, bis er zersplittert. Kleinere Äste werden natürlich weiter von Hand gespalten, mit der Axt. Hermann und ich bestaunen Mattis Werkzeugschuppen, der eher ein »Werkzeug-Haus« ist. Alles »picobello« in Ordnung, wie Hermann feststellt. Die Werkzeuge eingeölt, die Kabel aufgerollt, die Messer und Äxte geschliffen, an der Wand verteilt aufgehängt. Natürlich auch unbekannte Konstruktionen. Werkzeuge, die wir nicht kennen. Wir beschreiben unsere deutschen Werkzeuge und zeichnen sie mit dem Finger und kleinen Stöcken in das Sägemehl am Boden. Matti nickt.
Er erklärt uns, dass er Nadelhölzer nur für den Sauna-Ofen nimmt. Sie schlagen mehr Funken als das Holz der Laubbäume. Im Wohnhauskamin verbrennt er nur Birke.
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