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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Riitta Kuurma auskommen? Unter der Oberfläche schwelte es, das wußten neben ihnen alle in der SUPO. Alte Liebe reizte Ratamo nicht, vorbei war vorbei, zumal er dank Ilona auch an anderes denken konnte als an die SUPO. Das half ihm, die belastenden Erfahrungen der letzten Jahre zumindest zeitweise zu vergessen. Es ärgerte ihn, dass der Sonntag mit Ilona nun wegen der dringenden Ermittlungen zu einem gemeinsamen Abend schrumpfen würde. Und auch den müsste er teilweise einem Besuch bei Marketta und Ketonen opfern.
    Ratamo parkte den Käfer auf dem Hof von Timo Aaltos Eigenheim in der Kuusiniementie und musste aus irgendeinem Grund an jenen Tag denken, an dem sein Kindheitsfreund für den Rest des Lebens seinen Rufnamen bekommen hatte: Am Schwarzen Brett im Gymnasium stand auf einer Namensliste statt Timo Aalto Himo Aalto. Die Softwarefirma seines Freundes lief derzeit so gut, dass der kürzlich mit seiner Familie aus Espoo in ein protziges zweigeschossiges Haus am Ufer von Kuusisaari gezogen war. Jeden Winter erhielt Ratamo von seinem Freund, der zur Jagd ging, einen Eimer voll Elchfleisch.
    Das Geräusch der Klingel erinnerte an die Glocken des Domes in Helsinki. Ratamo wartete im klirrenden Frost darauf,dass die Tür aufging, bis er die Geduld verlor und auf der Klingel ein Konzert aufführte, das in ihm den Verdacht weckte, alle Bewohner von Kuusisaari würden sich sogleich zum Abendgottesdienst versammeln. Endlich erschien Himoaalto mit zusammengekniffenen Augen in der Tür, er hielt einen Drink in der Hand und stammelte undeutlich Entschuldigungen.
    Ratamo schnauzte seinen Freund an: »Du solltest dir am Feierabend eines Werktages eine vernünftigere Beschäftigung einfallen lassen als zu saufen.«
    »Und was? Außerdem sind unsere Frauen so selten über Nacht bei den Schwiegereltern, dass man solch eine Gelegenheit gründlich ausnutzen muss«, rechtfertigte sich der zwei Meter große Aalto aus seiner Höhe. »Herein mit dir, dann kannst du in die Sauna gehen und kriegst ein Bier. Calvados findet sich auch.«
    »Dreimal darfst du raten, ob ich mit dem Auto gekommen bin? Und morgen ist ein Arbeitstag«, entgegnete Ratamo, obwohl er bei einem Bier nur selten nein sagte und bei der Sauna nie. »Na ja, für ein paar schnelle Aufgüsse reicht die Zeit immer«, fügte er dann jedoch hinzu, betrat das Haus, zog seine Jacke in dem drei Meter hohen Foyer aus und überlegte, wie viel so eine Bude wohl kostete. Mit Blick aufs Meer und allem. Wahrscheinlich mehr, als er in seinem ganzen Leben verdienen würde.
    Wenig später saßen die beiden schon in der Sauna und hörten zu, wie das Wasser zischte. Zwischen den Aufgüssen wurde die Stille nur von den Schweißtropfen unterbrochen, die auf den Boden fielen. Aus irgendeinem Grund unterhielten sie sich auf der Saunapritsche nur sehr selten.
    Nach zwei schnellen Aufgüssen und einer lauwarmen Dusche bekam Ratamo eine Bierflasche in die Hand gedrückt, und die beiden Freunde setzten sich in die Sessel des Kaminzimmers, um Neuigkeiten auszutauschen. Himoaaltosagte, die Geschäfte gingen derzeit gut. Und dann kam er auf die Zeit vor ein paar Jahren zu sprechen, seinen Rausschmiss bei der Datenschutzfirma SH-Secure und die darauffolgende Arbeitslosigkeit, während der er sich um ein Haar totgesoffen hätte.
    Ratamo kannte die Geschichten seines Freundes auswendig, er wartete darauf, dass er zu Wort kam, betrachtete interessiert die Ölbilder an der Wand und schob sich einen Priem unter die Lippe.
    Himoaalto bemerkte, wo Ratamo hinschaute. »Laura zeichnet neuerdings mit viel Begeisterung Vögel, als Modell verwendet sie Fotos von mir. Und ich gebe den Bildern Namen.« Er wies mit andächtiger Miene auf das Werk, das ganz in ihrer Nähe hing. »Der Hebekranich, Aparatus massicus , flugunfähig, mit langen Gliedmaßen, bedächtig in seinen Bewegungen, ein guter Wanderer«, verkündete er feierlich und zeigte schon auf das nächste Gemälde. »Der Staunkönig, Perplex baffus , macht häufig große Augen, der Schnabel steht meist offen. Gibt erstaunliche Geräusche von sich, sobald er verblüfft ist.«
    »Mein Patenkind ist ja begabt«, stellte Ratamo fest und empfand Gewissensbisse, weil er eine Weile unschlüssig gewesen war, ob er sich überwinden sollte, für Nellis Reitstunden eine astronomische Summe zu bezahlen. Die Kinder mussten doch Hobbys haben.
    Himoaalto ließ die Eisstückchen in seinem Glas klirren und hob es in Richtung des Gemäldes, das über dem Barschrank hing.

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