Finnischer Tango - Roman
»Speed führt bei Eeva zu schlimmen Wahnvorstellungen.«
Es fehlte nicht viel, und Ratamo wäre laut mit seiner Meinung herausgeplatzt, was er von Mikkos Einstellung hielt. Eeva brauchte jetzt eine Stütze und nicht Zweifel und Vorwürfe. »Ich bin gezwungen zu fragen, ob du jemals selbst Drogen genommen hast?«
Mikko lachte und schüttelte seine blonde Mähne. »Naja, als junger Mann bei einer Interrailtour in Amsterdam ein bisschen Hasch. Sonst nichts.«
»Nicht einmal mit Eeva zusammen?« Ratamo war es zuwider, Bekannte nach ihren Privatangelegenheiten auszufragen.
Auch Mikko hatte an dem Gespräch keine große Freude. Er zog seinen Fischerpullover aus, trank einen Schluck Kaffee und seufzte. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dir zu sagen, dass Eeva und ich unter der Bedingung zusammen sind, dass sie die Finger von Drogen lässt. Das ist unsere gemeinsame Abmachung, damit du nicht denkst, ich stelle irgendwelche Ultimaten.«
»Die Abmachung hört sich ziemlich … bedingungslos an«, erwiderte Ratamo und wählte seine Worte sehr sorgfältig. Es fiel ihm schwer, die Rolle des Polizisten und die des Freundes auseinanderzuhalten.
»Eeva sagt, dass sie umso sicherer clean bleibt, je mehr sie zu verlieren hat, wenn sie wieder schwach wird.«
»Dann weißt vermutlich auch du nicht, wie das Amphetamin in eure Wohnung gekommen ist?«, fragte Ratamo, noch bevor ihm klar wurde, was Mikko eben gesagt hatte. Er bereitete ja geradezu den Boden für einen Familienstreit seiner Freunde.
»Ich hab’s geahnt, oh, verdammt!«
»Ja also, die Polizei hat in eurem Badezimmer Amphetamin gefunden. Eine ganz geringe Menge, bloß Staub …« Ratamo versuchte wiedergutzumachen, was ihm da herausgerutscht war, und begriff, dass er es nur noch schlimmer machte.
Mikko sank auf seinem Klappstuhl zusammen und schüttelte den Kopf. Der Mann sah aus, als wäre für ihn eine Welt zusammengebrochen. »Ja, natürlich. Die ganze Geschichte von dem Türken war so …«
»Wann hast du übrigens Eevas Pistole zum letzten Mal gesehen?« Ratamo wechselte das Thema. Die Enttäuschung in Mikkos Gesicht wich, nun schaute er ihn verdutzt an.
»Das ist schon eine ganze Weile her. Die liegt vermutlich in der Sepänkatu hinten im Flurschrank.«
Ratamo schüttelte den Kopf. »Eeva hat gesagt, dass sie die Waffe ihrem Vater zurückgegeben hat. Ich wollte nur wissen, ob ihr die Seriennummer der Waffe habt. Leider habe ich vergessen, Eeva danach zu fragen.«
»Vielleicht weiß es Eevas Vater«, sagte Mikko und senkte den Kopf wieder.
Ratamo warf einen Blick auf seine Uhr und erschrak,jetzt musste er sich wirklich sputen. Er trank seinen Kaffee in einem Zug aus und hätte sich beinahe den Mund verbrannt. »Du hast es sicher schon eilig und willst zu Eeva und Kirsi. Kümmere du dich um sie, und ich versuche, diese Sache zu klären. Abgemacht?«
Ein paar Minuten später schnaufte Ratamo die Treppe hinauf und wunderte sich, wie schnell sich seine Kondition seit dem Sommer verschlechtert hatte. Sofort nach diesen Ermittlungen würde er wieder mit dem Laufen anfangen und Himoaalto zwingen, mit ihm Federball zu spielen.
Er öffnete rasch seine Wohnungstür und hörte verblüfft das helle Lachen einer Frau. Was war denn nun los, Ilona sollte doch direkt zu Marketta und Ketonen kommen, sobald er sie anrufen würde. Ohne die Jacke auszuziehen, marschierte er ins Wohnzimmer und fand Nelli und Ilona, auf dem Orientteppich liegend, in die Betrachtung eines Fotoalbums vertieft. Musti räkelte sich mit dem Bauch nach oben zu Nellis Füßen.
»Das Bild ist aus Vietnam, von einer Puppenvorstellung in Hanoi. Und da steht Vati nackt im Garten der Sommerhütte.«
Ratamo schnappte sich das Album und hoffte, dass Nelli noch nicht dazu gekommen war, die allerblödesten Fotos zu zeigen. Er nahm sich vor, die von seiner verstorbenen Frau zusammengestellten Fotoalben im Keller zu verstecken, sobald er Zeit hätte, ließ den Gedanken aber gleich wieder fallen, als ihm klar wurde, dass Nelli von ihrer Mutter nur noch die Erinnerungen geblieben waren. »Jetzt müssen wir aber los. Es ist schon fünf nach sieben, und Marketta nimmt das sehr genau. Auch das.«
Nelli und Ilona schienen glänzend miteinander zurechtzukommen. Das freute Ratamo, immerhin war das die erste Begegnung der beiden Damen. Aus irgendeinem Grundehatte er es allzu lange hinausgeschoben, Ilona seiner Tochter vorzustellen.
Ilona gab Ratamo einen Kuss auf die Wange. »Ich bin gleich
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