Finnischer Tango - Roman
sie nicht. Jetzt rief Mikko also ab und zu an, fragte, wie es ihr ging und bot ihr seine Hilfe an. Und warum hatte sie das Gefühl, hinter seinem Rücken etwas Unerlaubtes getan zu haben, als sie sich mit Adil traf?
Adil hatte immer anderen helfen wollen, vielleicht wäre er bereit, in einer Notlage auch ihr zu helfen.
31
Das Auto hielt an. Irgendetwas surrte, und die kalte Luft an seinen Händen verriet Veikko Saari, dass jemand das Fenster geöffnet hatte. Er lag gefesselt vor dem Rücksitz auf dem Boden mit einem modrigen Sack über dem Kopf. Um Luft zu bekommen, musste er schwer atmen. Renata Gergijewa, die auf dem Beifahrersitz saß, unterhielt sich auf Russisch mit einem Mann, der draußen stand. Der Lauf einer Maschinenpistole wurde noch fester gegen Saaris Kreuz gepresst, aber er dachte nicht einmal daran, zu rufen; er wollte keine Hilfe, sondern ein möglichst schmerzloses Ende.
Seltsamerweise fürchtete er immer noch nicht den Tod selbst, sondern den Weg dahin; das Warten auf die Folter ließ den Mund trocken werden und die Phantasie galoppieren. Mit welchen Mitteln würde man versuchen, ihn zum Reden zu bringen: mit Drogen, mit Gewalt? Was auch immer geschehen würde, er musste es stundenlang aushalten, ohne zusammenzubrechen. Je mehr Mühe es Arbamow machte, die Informationen aus ihm herauszuholen, für umso zuverlässiger würde der Russe sie halten.
Das Auto hielt wieder an, jetzt schaltete der Fahrer den Motor aus, und die Türen wurden geöffnet. Derbe Händepackten Saari, zerrten ihn aus dem Auto heraus und stießen ihn weiter; er stand in der Kälte. Endlich ging es los.
»Nehmt ihm die Kapuze ab«, befahl Renata, sie zog eine Stahltür auf und betrat die Winterhalle des Petersburger Yachtclubs »Joki«. Ihre sechs Helfer und der finnische Erpresser folgten ihr. An der Decke flackerte es, die Leuchtstoffröhren sprangen an, und in ihrem Licht sah man die aufgebockte hundert Meter lange Yacht »Hotspur«. Neben dem Heck waren zwei 730er BMW abgestellt, die zur Ausstattung des Schiffes gehörten, und auf dem Vorderdeck stand ein kleiner Hubschrauber R22 BETA II, mit dem Wassili Arbamow in der Regel die fünf Kilometer vom Belosselski-Beloserski-Palast zum Yachtclub auf der Westseite der Petrowski-Insel bewältigte. Heute aber nicht.
Als der letzte der sechs Männer die Tür von innen abschloss, tauchte Arbamow an Deck der Yacht auf, stieg die Leiter hinunter auf den kalten Betonboden der Halle und ging zu Renata. »Gute Arbeit. Und ich muss mich wohl bei dir entschuldigen, dass ich dich verdächtigt habe. Aber wie man so sagt: Der Chef hat nicht immer recht, aber er ist immer der Chef«, sagte Arbamow, während er voller Neugier den finnischen Erpresser betrachtete.
Veikko Saari fühlte, wie er immer stärker wurde, je länger er den Russen anstarren durfte. Wassili Arbamow stand für all das, was er verabscheute: Der Mann schwamm im Reichtum, den er durch Verbrechen erworben hatte, und es scherte ihn einen Dreck, welche Leiden er anderen zufügte. Arbamow hatte zahllose Menschen versklavt und in die gleiche Hölle gejagt, in der Saari Dutzende Jahre geschmort hatte. Und dieser Mann hatte mit seinen Drogen Hunderte oder Tausende junger Menschen umbringen lassen, die nie die Gelegenheit bekamen, wenigstens zu probieren, ob ihre Flügel sie trugen.
»Haben Sie ernsthaft gedacht, Sie könnten mich erpressen?«,fragte Arbamow und hatte gar nicht vor, auf eine Antwort zu warten. »Fünfundzwanzig Millionen Dollar. Wenn Sie wenigstens mehr verlangt hätten, eine ordentliche Summe, das hätte Ihren Versuch glaubhafter gemacht. Mein Gott, selbst dieses Boot kostet mehr«, sagte er gleichgültig und nickte Renata zu.
Befehle auf Russisch dröhnten durch die Halle, und zwei vierschrötige Männer hoben Saari an den Schultern hoch. Jetzt überflutete die Angst sein Bewusstsein, es gehorchte ihm nicht mehr, obwohl er sich so entschlossen fühlte wie nie zuvor. Leicht würde man ihn nicht zum Reden bringen.
Saari wurde zur Blechwand der Halle gestoßen, er fiel vornüber auf den kalten Fußboden, stand langsam auf, spannte die Muskeln an in der Erwartung von Schlägen und drehte sich den Russen zu. Alle sechs Männer standen in einer Reihe zehn Meter vor ihm, das metallische Geräusch beim Entsichern der Waffen war zu schnell vorbei. Es dauerte noch einen Moment, bis er begriff, was im Gange war – man würde ihn hinrichten.
»Legt an!«, schrie Renata auf Russisch, und die Läufe der sechs Waffen
Weitere Kostenlose Bücher