Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Nasdaq fiel wegen des Raubs um acht Prozent. Die Diebe hatten nur bei großen Unternehmen zugegriffen, die diese Verluste vertrugen, ohne zusammenzubrechen, dadurch wurden größere Schäden in den USA verhindert. Der Absturz des Techno-Indexes HEXTech der Börse in Helsinki um sechsundzwanzig Prozent blieb möglicherweise eine regional begrenzte Kuriosität an einer kleinen Börse. Die nahe Zukunft würde zeigen, ob das Vertrauen des Marktes in den Internet-Handel dahin war und der Online-Raub die Entwicklung der Informationstechnologie verlangsamen oder eine Wirtschaftskrise verursachen würde. Plötzlich ging die Tür auf. Ketonens Sekretärin schwenkte einen rosafarbenen Zettel. Darauf notierte sie in der Regel wichtige Bitten um Rückruf. Ihr Chef nickte, und die Sekretärin brachte ihm den Zettel und legte gleichzeitig einen Stapel Post auf seinen Schreibtisch.
»Korpivaara. Dringend«, las Ketonen auf dem Zettel und spürte, wie ihm vor Ärger die Hitze ins Gesicht stieg.
»Wer hat Simo Tommila umgebracht?«, fragte Pauliina Laitakari. »In den Zeitungen steht nicht mal, wer verdächtigt wird.«.
»Wir vermuten, dass es Profis waren«, antwortete Ketonen leise. Die SUPO verfügte über keine anderen Hinweise auf den Mörder als die Spuren im Schnee. Am wahrscheinlichstenwar, dass Guoanbu oder Swerdlowsk den Hund beseitigt hatten.
Pauliina Laitakari verstand nicht, warum Ketonen sie hierher beordert hatte, wenn ihnen dann nur gesagt wurde, dass man sie nicht mehr verdächtigte. Falls die SUPO damit erreichen wollte, dass sie unvorsichtig wurde, dann bemühte sie sich vergebens. Sie war gezwungen gewesen, Tommila zu töten. Das Brennen der Schuld würde sie aushalten, auch wenn sie es mit chemischen Mitteln betäuben musste. Doch jetzt konnte Tommila sie nicht mehr verraten. Nun brauchte sie nicht zu befürchten, gefasst zu werden und ins Gefängnis zu müssen. Sie könnte in Finnland warten, bis Gras über den ganzen Inferno-Skandal gewachsen war, und dann irgendwohin ziehen. Egal wohin, Hauptsache, es war dort warm.
Das Geld befand sich in Sicherheit. Insgesamt fabelhafte einhundertzweiundvierzig Millionen Dollar erwarteten sie auf Bankkonten in Aruba, auf den Niederländischen Antillen, den Cayman-Inseln, in Panama und auf den Bahamas. Tommila hatte das Geld auf Vermittlerkonten eingezahlt, von denen die Summen automatisch auf andere, von ihr festgelegte Konten überwiesen wurden. Die verschlungenen Wege der Überweisungen waren so lang und die Gesetze zum Bankgeheimnis in diesen Ländern so streng, dass nie jemand der Beute auf die Spur käme. Ihre Vorgesetzten und der Vater mit seinem Geld konnten ihr jetzt den Buckel runterrutschen genau wie die ganze Firma mit dem ewig und vergeblich erwarteten Anstieg des Aktienkurses und den Optionsgewinnen. Nun durfte sie leben, wie es ihrem Stil entsprach. Geld spielte keine Rolle mehr.
Die Atmosphäre wurde allmählich bedrückend, fand Ratamo. Anscheinend brachte Ketonen es nicht fertig, zu sagen, dass er die kooperative Haltung von Pauliina Laitakari undAalto schätzte. Ratamo schaute Riitta Kuurma an und sah, dass sie ihren neuen Rosenkranz durch die Finger gleiten ließ. Die Suche danach war ziemlich aufwendig gewesen. Riitta bemerkte seinen Blick. Sie lächelten sich an.
Auch Ketonen schien nun von diesem Treffen genug zu haben. Er streckte seine Hand über den Tisch und murmelte kurz ein Dankeschön. Die Gäste erhoben sich, um sich zu verabschieden, Ketonen ging zur Tür und öffnete sie. Er hörte, wie Ratamo und Aalto einen Saunaabend vereinbarten.
Als die Kollegen und Gäste sein Zimmer verlassen hatten, beschloss Ketonen, in die Kantine zu gehen, um Mittag zu essen. Es war schon nach elf Uhr. Unterwegs bat er seine Sekretärin, Musti aus Tissaris Zimmer abzuholen.
Wrede durfte die Verantwortung für die weiteren Ermittlungen zum Fall Inferno, zu den Morden an Simo Tommila und Irina Iwanowa und zum Verschwinden von Holm übernehmen. Er würde sich ab übermorgen reichlich zwei Wochen lang auf die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City konzentrieren.
60
Jussi Ketonen rülpste gedämpft und schaute mürrisch auf den Makkaroniauflauf, der eher wie ein Einlauf schmeckte. Rasch löffelte er die Reste der Portion in sich hinein und legte dann die Gabel auf dem Teller auf halb fünf. Die Gurken- und Tomatenscheiben blieben fein säuberlich aufgereiht auf dem Tellerrand. Er wollte schließlich abnehmen. Vor dem Kaffeeautomaten schien eine
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