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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Verdächtigen auch physisch überwachte, wäre es für sie nahezu unmöglich, mit irgendjemandem Kontakt aufzunehmen, ohne dass die SUPO davon wusste, sagte Holm zum Schluss voller Stolz.
    Ketonens Gier nach einer Zigarette war so stark geworden, dass er einen Nikotinkaugummi aus der Blisterpackung herausdrückte und sich nicht darum scherte, ob es jemand sah. Dann knallten seine Hosenträger, er schürzte die Lippen und fasste die Hauptfragen dieser Ermittlungen zusammen: »Wer ist der Verräter? Für wen arbeitete Protaschenko und wer hat ihn ermordet? Und warum haben es der Dieb oder die Diebe auf Informationen über Inferno abgesehen?«
    Ketonen setzte sich wieder hin und beschloss, Ratamo künftig von den Besprechungen auszuschließen. Wegen Timo Aalto war der Mann ein Risiko. Möglicherweise drangen durch ihn Informationen über die Ermittlungen nach außen. Ketonen ärgerte es, dass der Handschriftenspezialist nicht imstande gewesen war, aus der finnischsprachigen Handschriftprobe Ratamos irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Der Graphologe behauptete, der Text sei zu kurz, er brauche von Ratamo eine Probe in Vietnamesisch. Die war jedoch in Ratamos Zimmer nicht zu finden gewesen.
    Der Chef befahl seinen Mitarbeitern, an die Arbeit zu gehen. Riitta Kuurma und Ratamo verließen den Raum gleichzeitig.
    Es gab unter denen, die nun auf den Gang hinaustraten, jemanden, der die betäubende Kälte der Angst spürte und das Gefühl hatte, in eine Sackgasse zu treiben.

15
     
    Anna-Kaisa Holm hängte den Hörer des Telefons im Foyer langsam ein, obwohl sie große Lust gehabt hätte, ihn dem Anrufer an den Kopf zu werfen. Am Donnerstagnachmittag war das Restaurant »Bulevardi 2« um drei Uhr noch geschlossen. Sie ging die Treppe hinunter in die Bar »Klaus Kurki« und stand regungslos wie eine abgestorbene Kiefer mitten in dem trendig eingerichteten Lokal. Zwei farbenfroh gekleidete Frauen um die Dreißig waren die ersten Gäste und stimmten sich schon mit einem Cidre auf ihren akademischen Samstagabend ein. Anna-Kaisa Holm fuhr sich mit der Hand durchs Haar und versuchte zu begreifen, was ihre eben gegebene Zusage bedeutete. Hatte sie gerade ihre Zukunft zerstört?
    Warum musste sie im vergangenen Herbst auch versprechen, Alina zu helfen? Aber was hätte sie sonst tun sollen? Der EU-Beitritt Finnlands hatte die Existenzgrundlage des kleinen Bauernhofes ihrer Familie zerstört. Nach etlichen Jahren mit Arbeitstagen von sechzehn Stunden für weniger als den Mindestlohn war ihrer bedauernswerten Schwester eingefallen, wie sie ihr Zuhause behalten und weiter am Ufer des Pielinen-Sees leben könnten. Alina und Turo wandelten den Bauernhof in ein Tourismusobjekt um. Sie ließen Ferienhäuser, Tiergehege, Bootsstege und einen Spielpark für Kinder errichten. Doch die wenigen Touristen aus der Stadt, die sich bis zu ihnen in die Nähe von Lieksa verirrten, brachten nicht einmal genug Geld für die erste Rate der Kreditabzahlung. Zu alledem kam für den Betrieb, der »Ferien auf dem Bauernhof« anbot, eine Unternehmenssanierung nicht in Frage. Da das Vieh und die landwirtschaftlichen Maschinen verkauft waren, hätte der Hof nie genug Geld für die Rückzahlung der Schulden abwerfen können.
    Jemand musste aber die alten Schulden zahlen, sonst wäre der Hof zwangsversteigert worden. Ihre Eltern, die damals gerade ihre Frührente zur Förderung des Generationswechsels bekommen hatten, wären dann auch gezwungen gewesen, in die Stadt zu ziehen. Also übernahm sie die Verantwortung, wie immer.
    Die kalte Luft und der schneidende Wind munterten sie kurz auf, doch die Angst und Bedrängnis verdüsterten ihre Gedanken wieder. Mit offenem Mantel und ohne Kopfbedeckung ging Anna-Kaisa Holm auf dem Bulevardi in westliche Richtung, bis ihre Schuhe im Schneematsch pitschnass geworden waren. Sie beschloss, sich im Restaurant »Sand« aufzuwärmen, bevor sie einen Asthmaanfall bekam. Im Winter brauchte sie zwar keine allergischen Reaktionen zu befürchten, aber die trockene Luft durch den Frost und die Fernheizung verschlimmerten das Asthma.
    Ihre Brillengläser beschlugen, als sie das kleine Lokal betrat. Lautes Stimmengewirr von Studenten der Technischen Fachschule und der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät und das Aroma vieler verschiedener Kaffeesorten empfingen sie. Anna-Kaisa Holm bestellte sich einen Caffè Latte. Im Hintergrund erklang ein Salsa-Titel, den sie noch nicht kannte.
    Gerade jetzt, als sie die Angelegenheiten ihrer

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