Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Dietrich im Schloss ab. Niemand würde die Pechvögel finden, bevor er seine Aufgabe erfüllt hatte. Er betrat Tommilas Garage und kauerte sich neben der Tür an die Wand. Der Lichtkegel der Mag-Lite-Stifttaschenlampe beleuchtete einen schmalen Streifen des Raumes. Der Motorlüfter des Jaguar summte immer noch, und sein Arm schmerzte.
Ratamo sagte Loponen, er drehe eine Runde um Tommilas Haus, und wollte die Tür des Wagens öffnen, hatte aber plötzlich die Klinke in der Hand. »Die Gebrauchsanweisung eines Lada müsste eigentlich ›Mein Kampf‹ heißen«, bemerkte er trocken, fluchte und stieg aus. Das Haus ließ sich leicht überwachen, es war auf drei Seiten von Straßen umgeben, und die vierte grenzte an ein anderes Gebäude. Ratamo betrachtete die Erkerfenster und die Ecktürme des Jugendstilschlosses und überlegte, ob das Haus über oder unter zehn Millionen Finnmark kostete.
Tommila war schon fast eine Stunde zu Hause. Der jungeMann wurde doppelt überwacht: Der Wagen des anderen Ermittlerduos parkte auf der Ostseite des Hauses in der Ehrensvärdintie. Zusammen überblickten die SUPO-Mitarbeiter alle drei Seiten, von denen man das Haus verlassen konnte. Zum Glück hatte Wrede ihn für die Frühschicht eingeteilt. Am Nachmittag musste er zu Omas Begräbnis.
Das Schulterhalfter drückte auf der Brust. Ratamo fühlte sich unsicher, wenn er seine Dienstwaffe, eine Smith & Wesson, tragen musste. Der Frost zwickte in die Ohren, seine Ohrenschützer hatte er zu Hause vergessen. Die Schneewehen reflektierten das Sonnenlicht so stark, dass die Augen brannten.
Plötzlich sah er in einem Kellerfenster des Hauses eine Bewegung, als würde jemand winken. Eine Frau im Pelzmantel, die einen Einkaufsbeutel schleppte, blieb auf dem Hof stehen und starrte das Fenster an. Ratamo lief mit großen Schritten zum Hinterhof, um zu klären, was da los war. Ihm fiel ein, dass Tommila nicht allein in dem Haus wohnte. Die Hälfte des Hauses war vermietet; tausend Quadratmeter Wohnfläche brauchte selbst ein Genie nicht.
Die winkende Hand am Fenster rutschte nach unten und verschwand, gerade als Ratamo neben der Frau stehenblieb.
»Ist etwa jemand im Fahrradraum eingeschlossen worden?«, fragte sie besorgt. Ratamo stellte sich vor und zeigte seinen Dienstausweis. Er unterbrach den Redeschwall der Frau und bat sie, den Keller aufzuschließen.
Der Arm schmerzte, und auf dem kalten Betonboden der Garage taten die Knie weh. Er schien schon eine Ewigkeit zu warten. Die Gruppe, die ihn unterstützte, konnte nicht sehen, wann die Zielperson ihre Wohnung verlassen würde, und er fürchtete, Tommilas Schritte nicht rechtzeitig zu hören, wenn er sich nicht voll konzentrierte.
Die Tür öffnete sich, und das Licht ging an. Der Mann sah Tommilas verdutztes Gesicht, schlug ihm mit der Handkante hinters Ohr und hörte, wie jemand im Kellergang etwas rief.
Ratamo war noch dabei, seine Pistole unter dem Mantel hervorzuholen, als der Mann, der aussah wie Tommila, ihn schon fast erreicht hatte. Die Frau schrie vor Angst. Der Mann blieb stehen, zielte mit seiner Waffe auf Ratamos Brust und befahl ihm auf Englisch, seine Hände zu zeigen und sich hinzuknien. Die schreiende Frau verstummte, als ihr der Eindringling mit dem Griff der Waffe auf den Kopf schlug. Ratamo sprang auf und packte den Mann an den Händen. Doch der stieß ihn gegen die Wand, befreite seine Hände und warf etwas auf ihn. Ratamo spürte einen Stich im Oberschenkel und sah, dass eine Spritze, wie er sie nicht kannte, in seinem Bein steckte. Er begriff noch, dass Loponen nicht wusste, was hier passierte, dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Der Mann fluchte leise auf Russisch und rannte in die Garage. Jetzt musste er sich beeilen. Er drehte Tommila auf den Rücken und schleppte ihn hinter das Auto. Der junge Mann war so schwer, dass es entnervend lange dauerte, bis er ihn in den Kofferraum bugsiert hatte. Dann holte er aus der Tasche einen kleinen Scanner und überprüfte schnell, ob sich an dem Auto oder an Tommila ein Sender befand. Er fürchtete, die SUPO-Leute könnten jeden Moment in die Garage stürmen, wenn er zu lange brauchte. Rasch fesselte er Tommilas Fuß- und Handgelenke, weil das Carfentanyl alle war.
Über den Knopfhörer kamen Anweisungen. Der Lada, der in der Merikatu parkte, und der Golf in der Ehrensvärdintie waren Autos der SUPO, andere verdächtige Wagen hatte man nicht geortet.
Der Mann holte ein paarmal tief Luft und öffnete dann die
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