Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Garagentür. Er vermied es, zur Straße hin zu schauen, die imSonnenlicht lag. Wenn die Leute von der SUPO erkannten, dass er nicht Tommila war, müsste er sich jahrelang mit dem Knastessen zufrieden geben.
Als er mit dem Jaguar XK8 am Lada der SUPO vorbeigefahren war, entspannte er sich etwas. Die erste Phase war erfolgreich verlaufen. Über das Mikro auf der Brust gab er seiner Gruppe einen knappen Lagebericht und erhielt auf Höhe der Werft Anweisungen, wie er fahren sollte. Die Bisswunde brachte sich in Erinnerung.
Der Jaguar erreichte das östliche Ende des Bulevardi und glitt dann auf die Mannerheimintie. An der Oper bog er in die Runeberginkatu ein und etwa zweihundert Meter weiter in die Sandelsinkatu. Der Lada folgte ihm auf den Fersen; die SUPO-Leute glaubten offensichtlich, dass Tommila seinen Schatten nicht bemerkte. Das andere Auto der SUPO war im Rückspiegel nicht zu sehen.
Es knackte im Kopfhörer, und er bekam die nächsten Anweisungen. Der Jaguar fuhr am Alko-Geschäft auf dem Töölöntori vorbei und blieb vor dem Fußgängerüberweg stehen. Plötzlich taumelte ein stockbetrunkener Mann vor den Wagen und gestikulierte mitten auf der Straße wie ein Dorftrottel. Dann schien der Betrunkene in Richtung Runeberginkatu zu verschwinden, drehte sich aber plötzlich um, lief schwankend vor den Lada und übergab sich auf die Motorhaube. Ein paar Fußgänger blieben stehen und missbilligten das ungehörige Benehmen. Loponen hupte vergeblich, stieg aus und packte den Suffkopp am Mantel; in dem Moment beschleunigte der Jaguar, bog nach rechts in die Töölöntorinkatu ab, fuhr die Laderampe eines Lkw hinauf, der für Karjala-Bier warb, und verschwand im Laderaum. Die Hecktür des Lasters wurde geschlossen, und vor dem LKW schoss ein Jaguar los, der genauso aussah wie Tommilas Wagen.
Nur ein paar Sekunden später bog das Auto der SUPO in die Töölöntorinkatu ein, und Loponen entdeckte den Jaguar.
Als der Lada dem Jaguar in Richtung Pohjoinen Hesperiankatu gefolgt war, fuhr der Bier-Laster in aller Ruhe los.
30
Ketonen stieß die Tür des Raums A 310 mit dem Fuß zu und knallte die Abendzeitung auf den Tisch. »SUPO-ERMITTLERIN IN ZÜRICH VERSCHWUNDEN« lautete die reißerische Schlagzeile auf der Titelseite. Er starrte Wrede an, schnaufte vor Wut und war im Gesicht so rot wie die Muleta eines Matadors. Riitta Kuurma und Mikko Piirala, der vorläufig Anna-Kaisa Holms Aufgaben übernommen hatte, rutschten auf ihren Stühlen noch tiefer. Die Wanduhr zeigte 12.45 Uhr.
»Gott verdammich! Erik! Wie konntest du zulassen, dass Tommila entführt wird, verflucht noch mal! Und die Geschichte von Holm und der Unfall von gestern stehen in der Zeitung. Hat dir jemand das Gehirn amputiert oder warum hast du so jämmerlich versagt!«
Wrede lief nun auch rot an, seine Gesichtsfarbe wetteiferte mit der seiner Haare. »Die Verwandten wissen, dass Anna-Kaisa verschwunden ist. Ich kann sie nicht daran hindern, mit der Presse zu reden. Und natürlich wird über einen tödlichen Verkehrsunfall in der Zeitung geschrieben, verdammt noch mal. Der ist schließlich auf einer öffentlichen Straße passiert.«
»Der Teufel soll dich holen, du spuckst Ausreden aus wie ein Wechselautomat Münzen. Und für alles findest du Erklärungen wie ein Lexikon«, wetterte Ketonen und lief auf und ab, die Hände unter den Hosenträgern. Am meisten regte ihn auf,dass die Zeitungsmeldungen die Politiker aufscheuchten. Es würde nicht lange dauern, bis das Telefon klingelte und er seine Zeit wieder mit Erläuterungen vertun müsste, statt die Ermittlungen zu leiten. Er beschloss, selbst die Präsidentin anzurufen und zusätzliche Vollmachten zu erbitten. Da würde sich zumindest zeigen, ob sie ihm genauso vertraute wie ihr Vorgänger.
So wütend hatte Wrede den Chef noch nie gesehen. Da halfen jetzt keine Rechtfertigungen, am besten war es, den Mund zu halten. Er wollte seine Männer auch gar nicht verteidigen. Sie hätten Tommila keinen Moment aus den Augen lassen dürfen. Und auch Ratamo hatte seine Chance vertan, den Entführer zu schnappen, was sein Misstrauen ihm gegenüber nur noch verstärkte.
Wrede schien sich für den Mist, den seine Männer gebaut hatten, so aufrichtig zu schämen, dass sich Ketonen ein wenig beruhigte. Durch den Stress wurde die Gier nach einer Zigarette noch schlimmer. Er kümmerte sich nicht mehr darum, was seine Mitarbeiter dachten, sondern stopfte sich den dritten Nikotinkaugummi in den Mund. Das ewige
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