Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
das FBI durften nur Informationen über die Ermittlungen im Mordfall Protaschenko herausgeben. Ketonen hatte das moniert und mehrmals darauf hingewiesen, dass man den Mord an Protaschenko nicht klären könne, ohne Guoanbu und Swerdlowsk zu überprüfen. Schließlich stünde Protaschenko auf der Gehaltsliste der Chinesen, und Swerdlowsk sei in den Fall Inferno verwickelt. Aber es half alles nichts. Seine Appelle waren auf taube Ohren gestoßen.
Sein Rücken tat so weh, dass er am liebsten sofort Dehnübungen gemacht hätte. Schon eine kurze Yoga-Pause führte dazu, dass sich der Bandscheibenvorfall bemerkbar machte. Sicher würden auch die nächsten Tage sehr hektisch werden. Die Entführung Tommilas hob die Ermittlungen auf eine neue Ebene. Jetzt wussten sie, was und wen sie suchen mussten. Ketonen war sich sicher, dass sie bei den Ermittlungeneinen entscheidenden Schritt vorankämen, wenn Tommila aufgespürt würde. Dieser Fall war einer der schwierigsten und schwerwiegendsten in seiner Laufbahn. Man hatte einen finnischen Bürger entführt und versucht, eine finnische Polizistin umzubringen. Und die SUPO war noch weit von einer Lösung entfernt. Er war frustriert und verunsichert. Hatte er sich selbst eine Falle gestellt, als er die Präsidentin um Vollmachten bei der Leitung der Inferno-Ermittlungen gebeten hatte? Was geschah, wenn er versagte? Wenn der Datendiebstahl so große Schäden verursachte, wie es die Computerspezialisten vermuteten? Das finnische IT-Wunder könnte dahinschmelzen wie der Schnee im Frühjahr. War er schon zu alt, um die Ermittlungen in einem so wichtigen und brisanten Fall zu leiten? Ratamo beobachtete Ketonen und überlegte, ob er schnell zu Hause anrufen könnte, um sich zu vergewissern, dass Marketta bei Nelli war. Seine Ex-Schwiegermutter war noch nicht da gewesen, als er sich nach dem Begräbnis zu Hause umgezogen hatte. Nelli war sauer, weil sie für eine Weile allein bleiben musste. Es ärgerte ihn auch, dass er seinen Vater so angeschnauzt hatte. Der Alte war ihm fremd und würde nie verstehen, warum er derart aus der Haut gefahren war. Und er wollte das auch nicht erklären. Sollte der doch in Spanien vor sich hin modern wie bisher, dachte er, strich dabei über seine Bartstoppeln und starrte vor sich hin.
Schnaufend kam Wrede hereingestürmt und wäre um ein Haar mit Ketonen zusammengestoßen. Er bemerkte, dass er sein Halfter nicht abgeschnallt hatte, und fluchte innerlich. Der Chef duldete keine Waffen bei den Besprechungen. »Ich habe mir von Loponen die letzten Informationen über Guoanbu geholt, es gibt nichts …«.
Ketonen knallte die Tür zu und unterbrach ihn: »Mikko.Gibt es Neuigkeiten vom ›Hund‹?«, fragte er und eröffnete damit die Besprechung.
»Ich habe wichtige …« Wrede versuchte es noch einmal, verstummte aber, als Ketonen den Zeigefinger hob. Es sah so aus, als wäre Wredes Gesicht jetzt genauso rot wie seine Haare. Der Chef machte sich nicht die Mühe, sonderlich rücksichtsvoll zu sein, sondern zeigte ganz offen, wer mehr Sterne auf dem Kragenspiegel hatte.
Mikko Piirala stand auf, zog seine Krawatte zurecht, nahm das oberste Blatt seines Papierstapels und schaute Ketonen an. »Wie ich vermutet habe, sind wir nicht in der Lage, den Absender des Hinweises auf den ›Hund‹ zu ermitteln. Die Spuren der E-Mail verlieren sich in einem peruanischen Internet-Server. Wir wissen auch nicht, warum der Deckname ›Hund‹ verwendet wird. Wahrscheinlich wurde er willkürlich gewählt, wie zumeist«, erklärte Piirala und warf zwischendurch einen Blick auf seine Notizen. Die Abteilung für Informationsmanagement hatte die Datenprofile der Verdächtigen sicherheitshalber noch einmal über Kreuz geprüft, aber bisher noch nichts Wesentliches gefunden. Die einzige neue Information bestand darin, dass Holm, Aalto und Laitakari am Institut für Informationstechnologie der Technischen Hochschule im gleichen Studienjahr gewesen waren. Das hatte in Holms letzter Zusammenfassung gefehlt.
Ketonen bedankte sich bei Piirala und saß in Gedanken versunken da. Er war nicht überrascht, dass Piiralas Abteilung keine entscheidenden Hinweise zur Lösung des Falles gefunden hatte. Ihre Gegner waren ein großer und effizienter Geheimdienst, drei absolute Cracks auf dem Gebiet der Verschlüsselungstechnik – die Inferno-Verantwortlichen – und eine kriminelle Organisation, deren Fangarme man nicht zu fassen bekam. Er wurde in seinen Überlegungen unterbrochen, als Wrede
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