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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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behalten.
    Er überlegte, wie er Jugović ermorden sollte und welche Todesart ihn am meisten befriedigen würde. Am leichtesten wäre es, ihn in einem dichten Menschengedränge umzubringen, aber das würde als Rache nicht genügen. Nur die Schriftsteller glaubten, daß brennender Haß durch eine schnelle Hinrichtung gelöscht wurde. Ein Mensch, der jemanden wirklich haßte, begnügte sich nicht damit, ihm einmal in den Kopf zu schießen. Dann hatte das Opfer kaumZeit zu begreifen, daß es starb. Was war das für eine Rache? Jugović hingegen würde leiden.
    Das war der größte Tag seines Lebens. Er hatte am Abend Ljubo getroffen und sich, so gut er konnte, auf seine eigene Aufgabe vorbereitet. Heute würden Zoran Jugović, der vierte Kommissar und vielleicht noch jemand anders sterben. Endlich würde er sich an diesem System rächen. Und den Sieg davontragen.
    Pastor hatte sich sorgfältig für den Höhepunkt gerüstet. Versteckte, sieben Zentimeter hohe Absätze machten ihn zum Einmeterneunzigmann, der Kopf war kahl geschoren, und die dichten Augenbrauen und der Schnurrbart änderten seine Gesichtszüge. Die Haut um die Schußwunde hatte er eingecremt. Abrupte Bewegungen mußte er dennoch vermeiden, die Fäden durften nicht aufgehen. Er trug seinen besten Kaschmiranzug. Eine Fliege umzubinden wagte er dann doch nicht, eine weinrote Krawatte von Gucci mußte genügen. Im Schulterhalfter steckte eine Pistole, eine Neun-Millimeter-Ruger-P90.
    Es war neun Uhr, die Zeit der schlimmsten Rush-hour, im Foyer des Hotels Imperial wimmelte es von Menschen. Pastor ging zu den Aufzügen und schaute auf der Hinweistafel nach, wo die Zimmernummern angegeben waren. Warum hatte die anonyme Anruferin die Zimmernummer des Serben nicht erwähnt? In einem entfernten Winkel seines Verstands hörte er eine unsichere Stimme: Und wenn du nun in eine Falle tappst? Er hatte jedoch keine Alternative, und es gab auch niemand, der mit größerer Wahrscheinlichkeit die Schuld an der Ermordung Drinas und Hanneles trug als Jugović. In jedem Fall würde sich das gleich herausstellen. Eines war sicher, er wollte den Serben erst zwingen, die Wahrheit zu sagen, bevor er ihn in die ewige Finsternis schickte.
    Pastor beschloß, es auf die freche Art zu versuchen. Erging zurück auf die Vester Farimagsgade, rief vom Handy aus die Rezeption des Hotels an und bat darum, mit Claudio Crespo verbunden zu werden. In den besseren Hotels gab das Personal Anrufern nie die Zimmernummern seiner Gäste.
    Jugović meldete sich, und Pastor sprach südschwedischen Dialekt, so gut er konnte. Der Serbe würde sein Kauderwelsch kaum vom Dänischen unterscheiden können. Plötzlich wurde ihm klar, daß man über das Handy den Straßenlärm hörte, er rannte zum nächstgelegenen Hauseingang und hielt die gewölbte Hand schützend über das Telefon.
    »Wer ist da?« fragte der Serbe auf englisch.
    Pastor schwieg einen Augenblick und sagte dann, das bestellte Frühstück käme leider etwas später.
    »Ich habe kein Frühstück bestellt.«
    »Für Zimmer 2211 wurde aber ein Continental Breakfast bestellt«, sagte Pastor und bat um Entschuldigung.
    »Hier ist die 3219!« rief Jugović und knallte den Hörer hin.
    Pastor dankte dem Mann im stillen, er ging durch das Hotelfoyer an den roten Ledersofas vorbei zu den Aufzügen, dabei fiel ihm eine Gruppe von Geschäftsleuten auf, die sich laut unterhielten. Er hoffte, daß Jugović den Verkehrslärm nicht gehörte hatte.
    Den Trick, wie man ein Kartenschloß öffnete, beherrschte Pastor nicht, und er wollte nicht klopfen und somit Jugović die Zeit geben, durch den Spion einen kahlköpfigen Unbekannten zu sehen. Also befestigte er den Schalldämpfer auf der Ruger, schoß zweimal in das Schloß, stieß mit dem Fuß die Tür auf und sah, wie der dünne Serbe nach seiner Hüfte griff.
    Jugović erstarrte für einen Augenblick, als eine Kugel ein paar Zentimeter neben seinem Kopf in der Tapete einschlug. Dann setzte sich der Serbe in den Sessel und nahm vomKaffeetisch die Reste eines Smørrebrøds. Die auf ihn gerichtete Waffe des Eindringlings schien ihn nicht zu stören.
    Pastor holte sich die Waffe des Serben und steckte sie in sein Halfter. Er hängte das Schild DO NOT DISTURB an die Klinke, um die Einschußlöcher zu verdecken, und schloß die Tür.
    »Wer zum Teufel bist du?«
    »Ein Mitglied des Exekutionskommandos. Und ein Freund Drinas und Hannele Taskinens. Du kannst mich in den wenigen Minuten, die du noch zu leben hast,

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