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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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uneingeschränkte Anwendung von Gewalt,nicht einmal aus Gründen, die politisch zu billigen seien. Aber mit Anschlägen dieser Art werde mehr erreicht als mit Dutzenden Demonstrationen, Transparenten und Parolen. Die Kommissare repräsentierten die supranationale Konzentration von Macht in ihrer reinsten Form. Sie verdienten den Tod, damit das System geändert werden könnte. Anscheinend meinte er wirklich, was er sagte.
    Wrede zog seinen verschwitzten Westover gerade und richtete den Oberkörper auf. »Haben Sie jemals künstliche Haut von Compeed benutzt, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, erwiderte Varis, aber sein Lächeln verriet die Wahrheit.
    Der Schotte erhöhte den Druck. »Wer ist Alexander de Gadd?«
    Der Verhörte antwortete nicht, mied den Blickkontakt und fingerte nervös an seinem Kinn herum. »Das sind Zeichen dafür, daß er lügt«, dachte Wrede.
    »Was bedeutet für Sie das Wort Hinta?« fragte er in scharfem Ton.
    „Na, darauf müßtest du nun aber selbst die Antwort wissen«, sagte Varis wie zu einem kleinen Jungen.
    Wrede hatte anscheinend große Mühe, sich zu beherrschen. »Halten Sie sich für einen Freiheitskämpfer?«
    »Natürlich. Ich kämpfe gegen den Globalismus«, antwortete Varis stolz und zupfte ein Haar von seiner Schulter.
    Wrede platzte der Kragen. »Ihre Wohnung wird derzeit von drei Profis durchwühlt. Ich nehme an, daß wir das eine oder andere Interessante finden. Das nächste Verhör wird kaum so gemütlich ablaufen.«
    Kuurma warf ihrem Vorgesetzten einen wütenden Blick zu. Die Aggressionen des Schotten führten dazu, daß Varis sich verschloß. »Arbeitet Ihr Bruder im ›Global Block‹ mit?« fragte sie. »Über ihn gibt es seit dem Ende seinesWehrdienstes keine Eintragungen mehr im finnischen Datensystem.«
    »Ich halte keinen Kontakt zu meinem Bruder. Als ich das letzte Mal von ihm gehört habe, arbeitete er beim Reisebüro ›Marco Polo‹ in Delhi.« Sein Gesichtsausdruck wirkte ernst.
    Ratamo versuchte sich darüber klarzuwerden, was er von Varis halten sollte; der Mann verwirrte ihn. Er vertrat wirklich radikale Auffassungen, und was er sagte, regte zum Nachdenken an, das ließ sich nicht bestreiten, aber wie konnte ein zurechnungsfähiger Mensch annehmen, daß er mit Demonstrationen und Sabotageakten etwas Wesentliches erreichte? Ratamo nahm sich vor, die Gefahren der Globalisierung ein andermal zu durchdenken.
    Wrede warf Kuurma einen Blick zu. Das erste Verhör ging zu Ende. »Für das Verhörprotokoll stelle ich fest, daß ich Sie verhafte. Sie werden des Mordes an Walter Reinhart und Henrik Sundström verdächtigt«, sagte Wrede pathetisch.
    Varis erhob sich drohend. »Und mit welcher Begründung, verdammt noch mal?«
    Wrede holte aus einem Stapel Unterlagen einen Briefumschlag hervor, schaute die Fotos durch, wählte einige aus und legte sie vor sich auf den Tisch. »Auf diesem Foto sind Sie eine Stunde vor dem Mord an Reinhart in der Kaivokatu vor dem Atheneum zu sehen. Dieses Foto bringt Sie in Verbindung mit dem Tatort des ersten Mordes.«
    »Ich bin vom Bahnhof nach Kruununhaka gegangen, zu einer Versammlung des ›Global Block‹. Wie an vielen anderen Tagen auch.« Varis reagierte gelassen.
    »Dieses Foto wurde auf dem Platz Virgen de los Reyes in Sevilla eine Stunde vor Sundströms Tod aufgenommen. Schauen Sie sich die Gruppe im Hintergrund genau an.« Wrede hielt Varis die Aufnahme einen Augenblick lang vor die Augen und griff dann zum nächsten Foto. »Das ist eine Vergrößerung der Gruppe vom vorhergehenden Foto. Sieblicken direkt in die Kamera. Heutzutage beobachten Überwachungskameras die Stadtzentren aller Großstädte.«
    Das Gesicht von Varis erstarrte. »Genau gegen einen derartigen Totalitarismus kämpft der ›Global Block‹! Du kannst mich nicht verhaften, nur weil ich zufällig in der Nähe der Tatorte gewesen bin«, sagte er ganz ruhig.
    »Doch, ich kann, und ich habe auch vor, es zu tun. Ich werde alles unternehmen, was in meinen Kräften steht, damit Sie für Ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden.« Wrede war überrascht, daß Varis unter dem Eindruck der Fotos und in dem kargen unterirdischen Verhörraum nicht die Nerven verlor. Er glaubte dennoch an die Schuld des Neoradikalen. Varis hatte ein Motiv und war kurz vor den Morden in der Nähe der Tatorte gesehen worden. Varis mußte der Schuldige sein, Wrede hatte alles darauf gesetzt.
    Wredes Eifer schien Varis zu amüsieren.

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