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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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war.
    Riitta stellte sich vor, und Itälä bat Taskinen, ihre Geschichte in aller Ruhe zu erzählen. Die Frau wirkte aufgeregt und sprach leise und langsam. Die Ärztin mußte ihrer Patientin dann und wann mit Fragen weiterhelfen. In Anwesenheitder Polizistin war Taskinen noch wortkarger als sonst.
    Kuurma hörte aufmerksam zu und wußte nicht, was sie von der Geschichte halten sollte. Ihr schoß der Gedanke durch den Kopf, wie sehr doch alles von Kleinigkeiten abhing. In dem Raum saßen drei fast gleichaltrige finnische Frauen, und jede führte ein vollkommen anderes Leben. Es war unwahrscheinlich, daß sich eine von ihnen eine detaillierte Geschichte über einen Finnen in Budapest und die Stadt des nächsten Mordes an einem Kommissar ausgedacht hatte.
    »Du hast dich also jetzt an den Namen der dritten Stadt erinnert?« fragte Itälä.
    »Es ist Capri. Die vierte Stadt fällt mir bestimmt auch noch ein, wenn ich nur irgendeinen Hinweis bekomme. Auch an Capri habe ich mich sofort erinnert, als es im Fernsehen erwähnt wurde«, sagte Taskinen scheu.
    Kuurma fragte viele Male nach dem Namen des finnischen Mannes, der in Budapest arbeitete, und jedesmal verstummte Taskinen und wandte den Blick ab.
    Schließlich wechselte Kuurma das Thema: »Sie haben doch das, was Sie über die Morde in Helsinki und Sevilla wissen, erst nach den Morden erzählt?«
    Hannele antwortete nicht. Ihr Blick war auf irgendein Detail an der weißen Wand gerichtet, das für andere unsichtbar blieb.
    Eindringlich versuchte Kuurma noch einmal, den Namen des in Budapest wohnenden Mannes und die Quelle in Erfahrung zu bringen, von der Taskinens Informationen stammten, doch die Frau zog sich immer mehr zurück und kapselte sich ein. Kuurma hatte den Eindruck, daß ihr Besuch – wie zu erwarten – umsonst war.
    Riitta beschloß aufzugeben. Es war unangenehm, eine kranke Frau zu quälen. Sie verabschiedete sich, stieg dieTreppen hinunter ins Foyer und lief mit gemischten Gefühlen zur Virtaintie, wo sie ihr Auto geparkt hatte. Der Vormittag war naßkalt, im Herbst spürte man, wie die Kälte durch Mark und Bein ging. Auch daran mußte man sich erst wieder gewöhnen.
    Das vierte Verhör von Varis würde bald beginnen. Kuurma machte sich Sorgen, was daraus noch werden sollte: Sie dachte fast in jeder Hinsicht genauso wie Varis.

23
    Ismo Varis hatte in der linken Gesichtshälfte ein nervöses Muskelzucken. Er sah erschöpft aus, das vierte Verhör innerhalb von zwanzig Stunden war im Gange. Im zweiten Verhör hatte er das Reservoir seiner Auffassungen geleert, im dritten war er aggressiv geworden, und jetzt versuchte er passiv zu bleiben. Es war erst gegen Mittag. Wie viele Verhöre mußte er noch aushalten? Er hatte Wichtigeres zu tun. Wie sollte er jetzt rechtzeitig den Schauplatz des nächsten Anschlags erreichen? Er kam sich schmutzig und unordentlich vor. Seit vierundzwanzig Stunden mußte er ohne Dusche auskommen und konnte sich nicht umziehen. An so etwas wollte er sich auf keinen Fall gewöhnen.
    Auch die Mitarbeiter der SUPO waren müde, aber sie durften ihre Erschöpfung nicht zeigen. Kuurma drehte die Perlen ihres Rosenkranzes zwischen den Fingerspitzen und starrte auf den surrenden Recorder.
    Wrede lief pausenlos um den Tisch herum. Seine Schritte hallten von den nackten Betonwänden wider. Er hatte erneut vergessen, den Westover auszuziehen, Schweiß floß ihm über die Stirn. Die Neonröhren durften sie jedoch nicht ausschalten, Varis mußte gegrillt werden. Er wunderte sich, wie der Verhörte nach einer Nacht in der Zelle noch so sauberaussehen konnte und warum er keinen Anwalt wollte, obwohl er des zweifachen Mordes verdächtigt wurde.
    Ratamo hatte den neuen Bericht von Harris gelesen und versuchte an Varis Anzeichen paranoider Wahnvorstellungen zu entdecken. Er staunte immer noch, wie Harris aus den Indizien von den Tatorten und den Ermittlungsdaten, die Riitta ihr geschickt hatte, so viele Schlüsse ziehen konnte.
    Wredes Fragen an Varis rauschten durch Ratamos Gehirn hindurch, ohne registriert zu werden. Ratamo hatte genug von dem Verhör. Varis verriet nichts, aber Wrede wollte ihn unbedingt weiter nahezu pausenlos unter Druck setzen. Es war ärgerlich, daß Ketonen in der Beratung der Koordinierungsgruppe saß. Ratamos Gedanken schweiften ab. Seija hatte ihn früh angerufen und gesagt, Timo sei nachts wieder nicht zu Hause gewesen. Nun fürchtete er, daß seine Telefonpredigt den Teufelskreis, in dem sich Timo befand, nur noch

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