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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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gelegenen kleinen Weg die Marina Piccola in Richtung Ostteil der Insel. Auf dem Aushang der Zeitung »Il Nuovo« am Fenster eines Kiosks prangte das Bild von Kommissar Sundström.
    Der Weg führte in Serpentinen steil nach oben. Das felsige Ufer ragte fast senkrecht aus dem Meer und war ein paar Dutzend Meter hoch, auf der ganzen Insel gab es nur wenige brauchbare Häfen. Die gelben Früchte der Zitronenbäume sahen, aus der Ferne betrachtet, wie tief schwebende Wolken aus. Am Vormittag hatte er die Ruine des größten Palastes von Kaiser Tiberius auf Capri im Nordostteil der Insel besichtigt. Die Villa Jovis, ein Denkmal für den Größenwahn eines Eroberers, grenzte im Osten an einen steilen Abhang. Tiberius hatte sich damit vergnügt, zuzuschauen, wie seine Feinde von dem Abhang ins Meer geworfen wurden.
    Pastor war vom Aufstieg schon ins Schwitzen geraten, als er den Glockenturm von San Giacomo, einem Kloster des für seine strenge Askese bekannten Kartäuserordens, erblickte. Hier begann das Villenviertel. Er wußte genau, wohin er gehen mußte. Und er war ganz locker und ruhig. Es erstaunte ihn, daß ihm seine Aufgabe so klar und berechtigt erschien. Als wäre es eine Selbstverständlichkeit.
    Die schöne Landschaft ließ ihn an Hannele denken. Es stimmte ihn traurig, daß er die schönsten Orte Südeuropas allein besichtigen mußte. Wenn Hannele geheilt war, würden sie zusammen hierherkommen.
    Die ersten Villen waren klein, weiß und eingeschossig. Danach wurden die Grundstücke und die Häuser größer. Kommissar Hans van den Brinks Villa war eine der prächtigsten auf der Insel. Beim Blick auf das zweistöckige, weiß gekalkte Gebäude fielen vor allem der riesige Balkon und die große Terrasse auf. Der Rasen des gepflegten Grundstückssah aus wie mit der Nagelschere getrimmt. Es wuchsen nur wenige Sträucher, Obstbäume und Blumen auf dem Grundstück, obgleich es mehrere tausend Quadratmeter groß war.
    Als 1994 die Beitrittsverhandlungen mit Finnland zu Ende geführt wurden, war der Holländer Kommissar für die Außenbeziehungen der EU gewesen. Das Zeitungsbild, auf dem van den Brink Pertti Salolainen unter den Augen des lächelnden Veli Sundbäck und des mürrisch dreinblickenden Heikki Haavisto die Hand schüttelte, hatte sich tief in Pastors Gedächtnis eingebrannt. Vor allem das Gesicht des Holländers: Sein Lächeln triefte vor süßem Machtgenuß. Nach dem Rücktritt der von Jacques Santer geführten Kommission im Jahre 1999 war van den Brink einer der beiden stellvertretenden Kommissionsvorsitzenden geworden. Jetzt zeichnete er für die Beziehungen der Kommission zum Europaparlament sowie für die Verkehrs- und Energiepolitik der EU verantwortlich. Zur Zeit verbrachte er auf Capri seinen Sommerurlaub, der sich in den Herbst verschoben hatte.
    Sicherheitshalber ging Pastor noch einmal um van den Brinks Villa herum, obgleich er sie schon am Morgen erkundet hatte. Auf der Straße vor dem Haus stand ein Carabiniere, und im Garten hinter dem Haus hielt ein italienischer Polizist Wache. Im Haus wurde der Kommissar von einem Beamten des italienischen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes SISD geschützt. Nach den Morden an den Kommissaren waren die Sicherheitsvorkehrungen enorm verschärft worden. Normalerweise wurde der Kommissar im Urlaub höchstens von einem Polizisten bewacht.
    Pastor lief zu einem nahe gelegenen Zitronenbaumwäldchen, in dem der glatzköpfige und korpulente Ljubo und der bärtige, stämmige Radmilo warteten. Die beiden Serben waren früh mit einem Schnellboot auf die Insel gekommen und den Hang hinaufgeklettert, seitdem hielten sie sich versteckt.Als sprachkundigster des Trios hatte Pastor den Auftrag erhalten, sich im Dorf umzuschauen, ob irgendwelche unerwarteten Störfaktoren in Sicht waren. Ljubo reichte Pastor den schwarzen Rucksack mit der Ausrüstung.
    Die drei sprachen kein Wort. Sie wußten, daß van den Brink immer um eins zu Mittag aß. Im Haus befanden sich drei Personen: Das Objekt, dessen Ehefrau und der Beamte des SISD. Sie hatten alles schon vor Wochen bis ins kleinste Detail geplant und gestern mehrmals besprochen. Die kritischste Phase war das Eindringen in das Haus, es mußte so schnell gelingen, daß niemand dazu kam, Alarm auszulösen und Hilfe herbeizurufen. Auch auf Capri gab es eine Carabinieri-Station. Die den Streitkräften unterstehende Truppe war wie die Polizei organisiert und verantwortlich für die Bekämpfung der Mafia und des Terrorismus.
    Das

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